# taz.de -- Prognose über Wohnungsnot: Fast 540.000 Wohnungslose bis 2018 | |
> Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe wirft der Regierung | |
> Untätigkeit vor. 2018 werde es über eine halbe Million Menschen ohne | |
> Bleibe geben. | |
Bild: 2014 waren 335.000 Menschen ohne Wohnung, 18 Prozent mehr als 2012 | |
BERLIN afp | Die Wohnungslosigkeit in Deutschland steigt: Im vergangenen | |
Jahr waren laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) etwa | |
335.000 Menschen ohne Wohnung, 18 Prozent mehr als 2012. Die BAGW | |
prognostizierte am Montag in Berlin einen weiteren Zuwachs um 60 Prozent in | |
den kommenden drei Jahren. Demnach wären 2018 voraussichtlich fast 540.000 | |
Menschen ohne Bleibe. Den Hauptgrund dafür sieht die Arbeitsgemeinschaft | |
nicht in der Zuwanderung, sondern „in einer seit Jahrzehnten verfehlten | |
Wohnungspolitik“ und „einer unzureichenden Armutsbekämpfung“. | |
Der BAGW-Jahresschätzung zufolge schliefen 2014 knapp 40.000 Obdachlose auf | |
der Straße, weil auch die Aufnahmeeinrichtungen vieler Kommunen überfüllt | |
waren. „Wir stellen fest, dass mindestens 2,7 Millionen Kleinwohnungen mit | |
einem bis drei Zimmern fehlen“, sagte der BAGW-Vorsitzende Winfried Uhrig | |
in Berlin. 400.000 neue Wohnungen jährlich seien „dringend nötig“, gerade | |
das Angebot an preiswertem Wohnraum und Sozialwohnungen „völlig | |
unzureichend“. | |
Uhrig warf der Bundesregierung und ihren Vorgängerregierungen vor, das | |
Thema vernachlässigt zu haben. Der Verkauf von öffentlichen | |
Wohnungsbeständen an private Investoren habe sich ungünstig für sozial | |
Schwächere ausgewirkt. Außerdem gebe es nicht genügend „Fachstellen zur | |
Verhinderung von Wohnungsverlusten“, die gefährdete Haushalte unterstützen | |
könnten. | |
Die Arbeitsgemeinschaft forderte die Regierung auf, Wohnungsbau stärker zu | |
fördern und die Verwendung der Mittel auch zu kontrollieren. Die Regierung | |
dürfe Wohnungspolitik weder an die Länder delegieren noch dem Markt | |
überlassen, sagte Uhrig. BAGW-Geschäftsführer Thomas Specht nannte es | |
„unverständlich“ und „einen Skandal“, dass es keine bundeseinheitliche | |
Berichterstattung über Wohnungsnotfälle gebe. Laut BAGW erhebt nur | |
Nordrhein-Westfalen eine entsprechende Statistik. | |
Die Arbeitsgemeinschaft geht in ihrer Jahresschätzung von gut zwei | |
Millionen Zuwanderern bis Ende 2018 aus. „Ich glaube, das ist machbar“, | |
sagte Specht. Auch Konflikte zwischen Flüchtlingen und in Deutschland | |
obdachlos Gewordenen seien nicht zwangsläufig. „Ob es Verteilungskämpfe | |
geben wird, hängt davon ab, wie die Bundesregierung reagiert.“ Entscheidend | |
sei, dass „die Anstrengungen für alle Gruppen gleichermaßen gemacht | |
werden“. Laut BAGW wird etwa die Hälfte der Flüchtlinge eine Wohnung | |
finden. Um der verstärkten Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen, | |
hält Specht kurzfristig auch die Beschlagnahmung von Gewerbeimmobilien und | |
leer stehenden Privatwohnungen für möglich. | |
5 Oct 2015 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Armut | |
Obdachlosigkeit | |
Obdachlosigkeit | |
Wohnungsnot | |
Obdachlose | |
Mietpreise | |
Obdachlose | |
Flüchtlinge | |
Obdachlosigkeit | |
Schwerpunkt Flucht | |
Mietpreisbremse | |
Hamburg | |
Obdachlosigkeit | |
Obdachlosigkeit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Obdachlosigkeit in Berlin: Der Senat will erstmals zählen lassen | |
Bislang gibt es nur Schätzungen, wie viele Menschen in der Hauptstadt auf | |
der Straße leben. Jetzt sollen bald BefragerInnen ausschwärmen. | |
Unterkunft für Wohnungslose in Berlin: Die Rebellen von Moabit | |
In Berlin gibt es seit Jahren ein Haus für Wohnungslose. Jetzt wurde ihnen | |
gekündigt, denn Geflüchtete bringen mehr Geld ein. Doch die Betroffenen | |
wehren sich. | |
Kältehilfe für Obdachlose startet: 700 Plätze für 3.000 Bedürftige | |
Die Berliner Kältehilfe für Obdachlose wird in diesem Winter rund 700 | |
Notschlafplätze anbieten. Ob das reicht, ist ungewiss - auch wegen der | |
vielen Flüchtlinge. | |
Zahlentricks der Statistiker: „Das ist moderne Kaffeesatzleserei“ | |
Anstatt sich aufzuregen, dass die Flüchtlinge einem die Arbeit wegnehmen, | |
sollten wir lieber die Arbeitszeit für alle verkürzen, sagt der | |
Mathematiker Gerd Bosbach. | |
Soziologe Holm über Mietpreisbremse: „Verdrängung ist kein Naturgesetz“ | |
Bald greift die erste Mietpreisbremse. Der Stadtsoziologe Andrej Holm | |
analysiert ihre Schwächen – und schlägt andere Maßnahmen vor. | |
Menschen auf der Straße: Einmal mehr an den Rand gestellt | |
Mehr Notunterkünfte für Obdachlose fordert das Aktionsbündnis gegen | |
Wohnungsnot. Doch das ist nur die Spitze eines tiefergehenden, | |
strukturellen Problems. | |
Kommentar Wohnungslosigkeit: Der Wille zum Weggucken | |
Die Zahl der Obdachlosen steigt rasant. Doch die Gesellschaft schaut weg. | |
Selbst eine amtliche Statistik über die Zahl der Ausgegrenzten fehlt. | |
Zahl der Obdachlosen steigt: Miete frisst Einkommen | |
Viele Menschen können sich keine Wohnung mehr leisten. Schuld daran sind | |
sozialpolitische Fehlentscheidungen. Doch die Bundespolitik schweigt. | |
Obdachlosigkeit in Deutschland: Nur Nothilfe reicht nicht | |
Erstmals nach vielen Jahren steigt die Zahl der Wohnungslosen wieder stark | |
an. Verbände fordern eine saubere Statistik, Vorbeugung und sozialen | |
Wohnungsbau. |