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# taz.de -- Berliner Wochenrückblick II: Es geht noch zynischer
> Die BVG will im kommenden Winter nachts keine U-Bahnhöfe mehr für
> Obdachlose öffnen.
Bild: Ein Obdachloser schläft in einer Berliner U-Bahn-Station
Obdachlose sollen im Winter nicht mehr in U-Bahnhöfen Unterschlupf finden,
weil sie eine Zumutung für die zahlende Kundschaft seien. Diese Debatte
haben in dieser Woche – etwas weniger zugespitzt formuliert, aber
inhaltlich deckungsgleich – die Berliner Verkehrsbetriebe angestoßen.
Es ist ein zynisches Bild für die Spaltung unserer Gesellschaft. Aber es
geht noch zynischer.
Wenn Obdachlose auf verwaisten Baugerüsten schlafen, unter
Hochparterre-Balkonen, auf U-Bahn-Sitzen, in S-Bahn-Aufgängen, in Zelten in
Grünanlagen, dann meist nur solange, bis sie vertrieben werden – irgendwo
anders hin. Inzwischen sind es aber so viele, dass irgendwo anders immer
auch genau hier bedeutet. Vertreiben hilft nicht mehr.
Das gilt auch im Winter, wenn laut Senat genug Notschlafplätze vorhanden
sind – von denen aber die meisten nur in der Nacht genutzt werden dürfen
und die viele Obdachlose nur ansteuern, wenn wirklich gar nichts mehr geht.
Und für psychisch angeschlagene und süchtige Menschen ohne Obdach sind die
Viel-Personen-Zimmer mit Drogenverbot ohnehin nicht tauglich.
Vielleicht sind es genau diese Menschen, die eine in der Nacht geöffnete
U-Bahn-Station zumindest vor dem Kältetod bewahrt. Zynisch also, dies mit
Hinweis auf fehlende Sanitäreinrichtungen und Sozialarbeiter zu verwehren.
## Eine Grundsatzdebatte
Genauso zynisch aber ist es, sich damit zufriedenzugeben, dass Notplätze
und Behelfslösungen in dieser Stadt zur Dauereinrichtung für Menschen ohne
Obdach werden. Es gibt genau ein Wohnheim in Berlin, das alkoholkranken
Obdachlosen eine dauerhafte Heimat bietet – ohne Wertung, ohne
Alkoholverbot. 46 Plätze hat die Einrichtung, die Warteliste ist lang.
Vor diesem Hintergrund wird die Diskussion um die Öffnung der BVG-Stationen
bei kalter Nacht zur Grundsatzdebatte. Welche Art von Hilfe ist wirklich
angemessen? Wollen wir uns damit abfinden, dass ein wachsender Teil der
Gesellschaft in dieser Stadt keinen würdevollen Platz zum Leben hat?
Das geht, andere Millionenstädte beweisen es. Aber Achtung: Dafür braucht
es sehr, sehr viel Zynismus.
22 Sep 2018
## AUTOREN
Manuela Heim
## TAGS
Obdachlosigkeit
BVG
Elke Breitenbach
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Elke Breitenbach
Bahnhof
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Obdachlosigkeit
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