| # taz.de -- Von der Leyens neue EU-Kommission: Leicht gerupft | |
| > Die neue, bestätigte EU-Kommission fällt nicht ganz so weiblich aus wie | |
| > geplant. Männer ziehen auch künftig die Strippen in Brüssel, etwa in der | |
| > Klimapolitik. | |
| Bild: Nicht alles lief wie geplant: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der L… | |
| Brüssel taz | Weiblicher, grüner und schlagkräftiger: So sollte die neue | |
| EU-Kommission aussehen, mit der [1][Ursula von der Leyen] in Brüssel an den | |
| Start geht. Doch wenn das am Mittwoch vom EU-Parlament bestätigte Team am | |
| 1. Dezember mit vierwöchiger Verspätung seine Arbeit aufnimmt, dann wird | |
| manches anders sein als geplant. Von der Leyen musste Abstriche machen. | |
| Die erste deutsche Kommissionspräsidentin seit Walter Hallstein hat ihr | |
| größtes Ziel – die Geschlechterparität – knapp verfehlt. Unter den 27 | |
| Kommissaren sind nur 12 Frauen, aber 15 Männer. Zwei Herren – der | |
| Niederländer Frans Timmermans und der Franzose Thierry Breton – haben zudem | |
| besonders wichtige Posten ergattert. | |
| Timmermans wird den „Green Deal“ betreuen und die EU auf Kurs zur | |
| „klimaneutralen Wirtschaft“ bringen. Breton soll die Industrie fit für die | |
| Konkurrenz aus China machen und einen europäischen Rüstungssektor aufbauen. | |
| Nur die Dänin Margrethe Vestager bekommt ähnlich viel Macht – sie betreut | |
| den Wettbewerb und die Digitalpolitik. | |
| Von der Leyen hingegen musste einige Federn lassen. Drei ihrer Kandidaten | |
| sind bei den Anhörungen im Europaparlament durchgefallen – ein Rekord. Nach | |
| dem [2][Nein zur Französin Sylvie Goulard] musste sich die deutsche | |
| CDU-Politikerin eine Standpauke von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron | |
| anhören – eine Premiere. | |
| ## Zweifel an Standfestigkeit | |
| Seither zweifeln viele in Brüssel an ihrer Standfestigkeit. Von der Leyen | |
| könne sich zu sehr von Macron abhängig machen, der sie im Juni für den | |
| Brüsseler Posten vorgeschlagen hatte, so die Sorge. Auch Kanzlerin Angela | |
| Merkel dürfte versuchen, Einfluss auf ihre langjährige enge Parteifreundin | |
| zu nehmen. | |
| Zunächst hat von der Leyen aber ein anderes Problem: Ausgerechnet das grüne | |
| Klima-Label sorgt für Ärger. Binnen hundert Tagen, so die Ankündigung, | |
| werde die neue EU-Kommission den „Green Deal“ auf den Weg bringen. Doch nun | |
| will das Europaparlament den „Klimanotstand“ ausrufen und so den Druck | |
| erhöhen. | |
| Noch vor Weihnachten, und nicht erst im neuen Jahr, müsse von der Leyen ein | |
| Klimapaket vorlegen, fordert der liberale französische Europaabgeordnete | |
| Pascal Canfin, der die „Notstands“-Resolution des Parlaments auf den Weg | |
| gebracht hat. Der 11. Dezember, unmittelbar vor dem letzten EU-Gipfel des | |
| Jahres, wäre ein guter Termin. | |
| Canfin stellte auch gleich einen Forderungskatalog auf. Der Aktionsplan | |
| dürfe sich nicht auf die Klimapolitik beschränken. Vielmehr müsse er auch | |
| andere „Dimensionen“ wie Biodiversität oder Gesundheit umfassen. Außerdem | |
| brauche von der Leyen Geld – viel Geld. „Bisher fehlen 200 Milliarden Euro | |
| im Jahr“, rechnet Canfin vor. | |
| ## Knappes EU-Budget | |
| Doch woher soll dieses Geld kommen? Das EU-Budget gebe die nötigen | |
| Finanzmittel nicht her, sagt der scheidende deutsche Haushaltskommissar | |
| Günther Oettinger. Der CDU-Politiker hatte sich zuletzt mit der | |
| Bundesregierung angelegt, weil Berlin seinen Entwurf für den | |
| EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 ablehnt. | |
| Scheitert von der Leyen also ausgerechnet an der deutschen Sparpolitik? | |
| Dies könnte sich schon Anfang des nächsten Jahres entscheiden, wenn die | |
| Verhandlungen über das künftige EU-Budget in die heiße Phase gehen. Mit | |
| einer Entscheidung wird allerdings erst im zweiten Halbjahr 2020 gerechnet, | |
| unter deutschem EU-Vorsitz. | |
| Spätestens dann dürfte sich zeigen, wie groß der Handlungsspielraum für von | |
| der Leyen wirklich ist. Kanzlerin Merkel hat es auch in der Hand, den | |
| „Green Deal“ durchzuwinken – oder zurechtzustutzen. Bisher steht die | |
| Kanzlerin eher auf der Bremse. Macron hingegen drängt zur Eile und da | |
| lauert schon der nächste Konflikt. | |
| Und wie sieht es mit der Schlagkraft aus, die die neue EU-Präsidentin | |
| versprochen hat? „Europa muss die Sprache der Macht lernen“, forderte von | |
| der Leyen in einer Rede zum 30. Jahrestag des Mauerfalls. Die neue | |
| EU-Kommission werde „geopolitisch“ denken und agieren – und China, Russla… | |
| und den USA, wo nötig, die Stirn bieten. | |
| ## Schlagkräftige Instrumente | |
| Wie dies praktisch aussehen soll, ist jedoch unklar. Nur in der | |
| Handelspolitik und beim Wettbewerbsrecht verfügt die EU-Kommission über | |
| schlagkräftige Instrumente. Wenn es um militärische „hard power“ geht, ist | |
| sie jedoch weitgehend machtlos – wie der Streit zwischen Macron und Merkel | |
| um die Nato gezeigt hat. | |
| Macron bezeichnete das Bündnis als „hirntot“. Merkel widersprach, von der | |
| Leyen schwieg. Auch vom neuen EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, einem | |
| Spanier, hat man zu diesem Thema noch nichts gehört. | |
| Immerhin: Auch Borrell will die EU stärken. Doch er dient zwei Herren – der | |
| EU-Kommission und dem Rat. Am Ende könnten die Mitgliedstaaten in der | |
| Außenpolitik das letzte Wort haben, wie so oft in Brüssel. Von der Leyen | |
| würde dann wohl den Kürzeren ziehen – oder schweigen. | |
| 27 Nov 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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