# taz.de -- Mögliches Impeachment gegen Trump: Demokraten starten Untersuchung | |
> Nach der Ukraine-Affäre: Die Demokraten leiten im US-Kongress erste | |
> Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump | |
> ein. | |
Bild: Im Sommer argumentierte Pelosi noch, dass ein Impeachmentverfahren das La… | |
NEW YORK taz | Nancy Pelosi hat monatelang gebremst und laviert, als die | |
Basis der Demokratischen Partei sowie linke Abgeordnete nach einer | |
Amtsenthebung von Donald Trump verlangten. Aber am Dienstagnachmittag | |
machte die Sprecherin des Repräsentantenhauses eine radikale Kehrtwende: | |
Sie kündigte den Beginn von förmlichen Untersuchungen für eine | |
Amtsenthebung von Donald Trump an. 14 Monate vor den nächsten | |
Präsidentschaftswahlen warf sie dem US-Präsidenten „Gesetzesbruch“ vor. | |
Zuvor hatte ein Whistleblower aus dem US-Geheimdienst enthüllt, dass Trump | |
den ukrainischen Präsidenten gedrängt habe, [1][Dreck über den potenziellen | |
Gegenkandidaten Joe Biden zu suchen], um Trump zu seiner Wiederwahl in 2020 | |
zu verhelfen. | |
In den Stunden vor Pelosis Ankündigung hatten Dutzende demokratische | |
Abgeordnete im Repräsentantenhaus erstmals ein „Impeachmentverfahren“ | |
verlangt. Dabei wogen die Argumente von sieben Abgeordneten aus | |
„Swing“-Wahlkreisen besonders schwer. Die sieben, die alle in ihrer ersten | |
Legislaturperiode sind, alle in Bezirken mit starker republikanischer | |
Präsenz gewählt wurden und alle entweder einen militärischen oder | |
geheimdienstlichen Hintergrund haben, wandten sich in der Washington Post | |
gegen eine „eklatante Missachtung des Gesetzes“ durch den US-Präsidenten. | |
Sollten sich die Vorwürfe bei den Untersuchungen des Kongresses bestätigen, | |
hat der Präsident „eine Straftat verübt, die mit Amtsenthebung“ geahndet | |
werden muss, schrieben sie. | |
Alexandria Ocasio-Cortez vom linken Parteiflügel, die das Zögern und die | |
Angst der Parteiführung vor einem Impeachmentverfahren als „nationalen | |
Skandal“ bezeichnet hatte, reagierte am Dienstag erleichtert. Sie nannte | |
Trumps mutmaßliche Erpressung gegenüber dem ukrainischen Präsidenten | |
Wolodimir Selenski „eine extrem ernste Entwicklung“. Und sagte, dass Trump | |
bereits mehrere Straftaten zugegeben habe, die eine Amtsenthebung | |
rechtfertigten. „Dies ist unser Watergate-Moment“, sagte sie, „wir müssen | |
den Präsidenten zur Verantwortung ziehen.“ | |
Trump reagierte am Dienstag, als er bei der Vollversammlung in New York | |
war, höhnisch: „Die Demokraten wissen, dass sie keine Chance haben, 2020 zu | |
gewinnen. Jetzt schreien sie ‚Amtsenthebung‘.“ Am selben Tag erfand er ei… | |
„Task Force“ zu seiner Verteidigung gegen die Anklage und rief zu Spenden | |
auf. Zugleich machte das Weiße Haus zwei Ankündigungen, die das exakte | |
Gegenteil dessen sind, was Trump in den Vortagen gesagt hatte: Das Weiße | |
Haus stimmte der Veröffentlichung des Telefonats mit Selenski zu. Und es | |
erlaubte eine Aussage des Whistleblowers, der die Sache ins Rollen gebracht | |
hat, vor dem Repräsentantenhaus. | |
## Die Liste an Verfehlungen ist lang | |
Für die DemokratInnen ist ein Impeachmentverfahren gegen Trump eine | |
riskante Entscheidung. Denn sie haben nur die Mehrheit im | |
Repräsentantenhaus, wo die Untersuchungen beginnen. Den Senat hingegen, | |
ohne dessen Zustimmung keine Amtsenthebung möglich ist, kontrollieren die | |
RepublikanerInnen. Sollte sich das Verfahren lange hinziehen, könnte es | |
paradoxerweise dazu führen, dass Trump durch eine Ablehnung seiner | |
Amtsenthebung im Senat gestärkt in den Endspurt der Präsidentschaftswahlen | |
gehen kann. | |
Doch für jene DemokratInnen, die sich jetzt für die Untersuchungen | |
entschieden haben, wiegen andere Argumente schwerer. Die Abgeordnete | |
Abigail Spanberger aus Virginia erklärte dem TV-Sender PBS: „Sollten sich | |
die Vorwürfe bestätigen, hat der Präsident einerseits die nationale | |
Sicherheit gefährdet, indem er versucht hat, eine ausländische Einmischung | |
gegen einen Opponenten zu erzwingen. Andererseits hat er sein Amt | |
missbraucht, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen.“ | |
Die Parteilinke hatte längst zahlreiche andere Anklagepunkte gegen Trump | |
formuliert. Einige davon basieren auf dem Bericht von Sonderermittler | |
Robert Mueller, der dokumentiert hat, dass Trump unter anderem mit | |
persönlicher Aussageverweigerung und mit Druck auf zahlreiche | |
MitarbeiterInnen versucht hat, die Justiz zu behindern. | |
Wie viele andere wertete auch Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren | |
den Mueller-Bericht als einen Auftrag an den Kongress, ein | |
Impeachmentverfahren gegen Trump einzuleiten. Wer das nicht tut, erklärte | |
sie im Sommer, „macht sich zum Komplizen“. [2][Damals argumentierte Pelosi | |
noch], dass ein Impeachmentverfahren das Land spalte, dass Trump „es nicht | |
wert sei“ und dass es seine Basis mobilisieren würde. | |
Schon lange vor dem Mueller-Bericht gab es Ansätze für Ermittlungen gegen | |
Trump. Er kam mit einer langen Liste von Skandalen ins Amt. Darunter | |
betrügerische Geschäfte mit einer Universität, die keine war, mit einer | |
Serie von Insolvenzen seiner Kasinos und mit Selbstbedienung aus seiner | |
Stiftung. Dazu kamen Vorwürfe, wegen derer jeder andere Mensch in den USA | |
angeklagt worden wäre. Dazu gehört – und die Liste ist unvollständig –, | |
dass mehr als 20 Frauen ihm sexuelle Belästigung vorwerfen, die bis hin zu | |
Vergewaltigung reicht; dass er die WählerInnen manipuliert hat, [3][indem | |
er einer Pornodarstellerin] und einem Model Schweigegeld zahlte, damit sie | |
nicht über ihre Verhältnisse mit ihm auspackten; und dass er politischen | |
OpponentInnen mit Gefängnis und mit Gewalt droht. | |
## Trumps Ablenkungsmanöver | |
Andere Politiker, die bei geringeren beziehungsweise weniger Fehltritten | |
als Trump erwischt werden, hätten sich vermutlich aus der Politik | |
zurückgezogen. Oder ihre Partei hätte sie dazu gedrängt. Doch im Fall Trump | |
greifen solche Regeln und diese Moral nicht. Er scheint unanfechtbar zu | |
sein. An seiner Basis – bei den evangelikalen ChristInnen und | |
VerteidigerInnen von „traditionellen amerikanischen Werten“ – ist er aus | |
jeder neuen Anfechtung gestärkt hervorgegangen. Und bis Dienstag dieser | |
Woche genoss er den Schutz der Führung der Demokratischen Partei, die ein | |
Impeachmentverfahren gegen ihn verhinderte. | |
Im Fall der Ukraine hat Trump in den zurückliegenden Tagen seine bewährte | |
Methode benutzt. Zunächst bestritt er alles: von dem Zurückhalten von 400 | |
Millionen Dollar Militärhilfe an die Ukraine bis zu dem Versuch, Selinski | |
zu Untersuchungen über die Geschäfte eines Sohns von Joe Biden in der | |
Ukraine zu drängen. Dann wartete Trump mit täglich neuen, veränderten und | |
widersprüchlichen Versionen auf: Am Sonntag erklärte er, dass er nichts mit | |
dem Einfrieren der Militärhilfe zu tun gehabt habe. Am Montag erklärte er, | |
mit dem Einfrieren der Militärhilfe habe er gegen die Korruption in der | |
Ukraine vorgehen wollen. Am Dienstag erklärte er, dass er die Alliierten | |
der USA (darunter Frankreich und Deutschland) zu einer stärkeren | |
Beteiligung an den Kosten drängen wollte. | |
25 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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