| # taz.de -- Klimaproteste gehen weiter: Nach dem Streik ist vor dem Streik | |
| > Aktivist*innen demonstrieren vor dem Kanzleramt, heute verkündet Neukölln | |
| > den Klimanotstand und bald gibt es ein Klimapaket von unten. | |
| Bild: Auf dem Transparent dieser Cellistin stand: Ich will lieber spielen und n… | |
| Berlin taz | Auf der Wiese neben dem Kanzlerinnenamt steht Florian Betz im | |
| nassen Gras und wartet auf einen Politiker, der sich gleich das | |
| „We4Future“-Camp anschauen soll. Hinter ihm stehen weiße Zelte: | |
| Willkommenszelt, Kochzelt, Schlafzelte, Workshopzelte. | |
| Betz hat das Camp mitorganisiert. Es soll Initiativen, Organisationen und | |
| Einzelpersonen aus der Klimabewegung Raum für Workshops und Vernetzung | |
| bieten – und das in Sichtweite des Reichstagsgebäudes. Zum Beispiel ein | |
| Workshop zum Thema „Wie reagiere ich am besten auf Klimakritik?“. | |
| Warten auf die Politik ist überhaupt das Thema der letzten Tage: Nachdem | |
| vergangenen Freitag fast 300.000 Menschen für den Klimastreik in Berlin | |
| auf die Straße gegangen waren, verabschiedete die Regierung ein Klimapaket, | |
| das weit hinter die Demo-Forderungen zurückfiel. Auch deswegen hat Mittwoch | |
| früh um zehn erneut eine Demo die Kanzlerin, die frisch aus New York | |
| zurückgekehrt war, in Empfang genommen. Ihr Slogan: „How dare you?“ – Wie | |
| kannst du es wagen? | |
| Auch für Rebe Rinser ist das Paket eine Enttäuschung. „Das Warten auf die | |
| Politik hat jetzt ein Ende“, sagt sie, während sie im Zelt der Initiative | |
| „Klimaplan von unten“ steht. Die Initiative möchte einen besseren | |
| Klimaplan ausarbeiten, bei dem jede und jeder sich bei „Write-ins“ mit | |
| Vorschlägen einbringen kann. | |
| Diese werden dann von Expert*innen geprüft und zu einem konkreten Katalog | |
| aus Maßnahmen zusammengeschrieben. Der Plan soll darauf abzielen, die | |
| Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Am Donnerstag von 14 bis 18 | |
| Uhr findet das erste „Write-in“ im Camp statt, beteiligen könne sich jeder. | |
| ## Berliner Bezirke rufen Klimanotstand aus | |
| Während die Bundespolitik die Klimademonstrant*innen enttäuscht hat, | |
| kommt das Thema in der lokalen Politik immer mehr an. Schon Mitte August | |
| hat der Bezirk Pankow als erster in Berlin den Klimanotstand erklärt. Das | |
| Gleiche soll nun in Neukölln passieren: Auf Antrag der Linksfraktion wird | |
| der Umweltausschuss heute wohl den Klimanotstand ausrufen. | |
| Ganz klar ist nicht, was Bezirke in puncto Klima tun können, aber Ideen | |
| gibt es viele: die Pankower SPD hat vorgeschlagen, bezirkliche Gebäude mit | |
| erneuerbaren Energien zu versorgen und eine energiesparende Raum- und | |
| Bauleitplanung einzuführen. | |
| Und vor allem könnte die Einbeziehung klimapolitischer Überlegungen bei der | |
| Planung neuer Viertel etwas bewirken. „In Pankow liegen 20 Prozent der | |
| Wohnungsbaupotenziale von Berlin. Das hat riesige Auswirkungen“, sagte | |
| Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) kürzlich der Morgenpost. | |
| Auch die Erhaltung oder Erweiterung von Grünflächen, eine ureigene | |
| Bezirksaufgabe, hat Auswirkungen aufs (lokale) Klima. Welche genau, wird | |
| der Stadtökologe Ingo Kowarik vom Institut für Ökologie der Technischen | |
| Universität und Landesbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege am | |
| heutigen Donnerstag den Neuköllner Bezirkspolitikern erklären (17 Uhr, | |
| Rathaus Neukölln, Raum A 105, Karl-Marx-Str. 83). Der Termin ist | |
| öffentlich. | |
| ## Friedrichshain-Kreuzberg stellt um | |
| Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist über das Stadium der | |
| Absichtserklärungen bereits hinaus. Der Fuhrpark des Bezirksamts wird | |
| gerade umgestellt. An erster Stelle steht nach Angaben von Umweltstadträtin | |
| Clara Herrmann (Grüne) der Fahrradverkehr. Beim Straßen- und Grünflächenamt | |
| werden schon bezirkseigene Fahrräder und E-Lastenräder eingesetzt (taz | |
| berichtete). Auch sechs elektrisch betriebene Pkws und Nutzfahrzeuge gibt | |
| es, weitere sollen folgen. | |
| Eine Million Euro sind Herrmann zufolge im Haushalt 2010/21 für die | |
| Umstellung vorgesehen. Zudem sei geplant, die Bunkerberge im Volkspark | |
| Friedrichshain zu einem Wald mit heimischen Bäumen und Sträuchern | |
| umzugestalten. | |
| Die Dächer der bezirkseigenen Gebäude werden laut Herrmann auf die Eignung | |
| für Photovoltaikanlagen überprüft, die ersten Anlagen seien geplant. Auch | |
| mehr Trinkbrunnen würden gebaut, um die Menschen klimafreundlich mit | |
| Trinkwasser zu versorgen. Was sie am Freitag bei der großen | |
| Klimastreik-Demo gesehen und gehört hat, habe sie sehr bewegt, sagt | |
| Herrmann – „wir müssen noch viel mehr tun“. | |
| ## Brandanschlag ist keine neue Aktionsform | |
| Einen kleinen Dämpfer erlitt die Klimabewegung am Montag, als der | |
| S-Bahn-Verkehr zwischen Karlshorst und Wuhlheide durch einen Brandanschlag | |
| auf Kabelschächte lahmgelegt wurde. Weil die Täter in ihrem | |
| Bekennerschreiben Bezug auf Fridays for Future und den Klimastreik | |
| genommen haben, stehen die jugendlichen Aktivist*innen unter | |
| Rechtfertigungsdruck. Dabei deutet nichts darauf hin, dass die Täter zu den | |
| Klimaaktivist*innen gehören. | |
| Seit 2011 kam es in Berlin zu mindestens sechs Anschlägen, etwa auf | |
| Bahnanlagen oder Stromnetze. Es wurden stets aktuelle politische Themen zur | |
| Rechtfertigung herangezogen: vom Konflikt in Kurdistan bis zum G20-Gipel. | |
| Die aktuelle Sabotage ist als Fortführung einer anarchistischen | |
| Anschlagsserie zu werten, nicht als neue Aktionsform der Klimabewegung. | |
| Seraphina Rustemeyer schaut im Camp vor dem Kanzleramt auf ihr Werk: | |
| T-Shirts mit Schriftzügen wie „Hauptsache dem DAX gehts gut“. Sie hat die | |
| letzten Stunden vor dem Kinderzelt Siebdrucke hergestellt. Rustemeyer hat | |
| vergangene Nacht auf einem Feldbett im Camp geschlafen. Sie sagt: „Man ist | |
| hier völlig in seiner eigenen Blase. Und dann guckt man hoch und sieht da | |
| drüber die Politiker*innen vorbeigehen.“ | |
| 25 Sep 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
| Susanne Memarnia | |
| Erik Peter | |
| Anina Ritscher | |
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