Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Öffentlich-rechtlicher Podcast: Der Klima-Podcast, der verschwand
> WDR und SWR planten einen ambitionierten Podcast zur Klimapolitik. Nach
> der ersten Ausgabe war Schluss. Eine Spurensuche.
Bild: Braucht keinen Podcast: Braunkohlebaggers im Tagebau Garzeiler vor RWE-Kr…
Der Podcast „Klimazone“ startete als ambitioniertes Projekt. „Willkommen …
der Klimazone, dem wöchentlichen Podcast zur Klimakrise von SWR und WDR“,
begrüßen Werner Eckert vom SWR und sein WDR-Kollege Jürgen Döschner die
Zuhörer der ersten Folge. Das war im Juni. Eckert und Döschner sind
ansonsten vor allem im Radio zu hören und beschäftigen sich schon lange mit
dem Klimawandel.
Eckert berichtet seit Jahrzehnten von Umwelt- und Klimakonferenzen,
Döschner ist seit 2011 offizieller „Energieexperte“ des ARD-Hörfunks, sch…
zuvor [1][berichtete er im WDR über Energie]. Wenn zwei Urgesteine des
Klimajournalismus sich in Zeiten von Fridays for Future für einen Podcast
zusammentun, ist das bemerkenswert. Vor allem wenn die Kooperation
scheitert. Still und leise.
Man hatte sich vorgenommen, den Themen rund ums Klima mehr Zeit
einzuräumen, heißt es in der ersten Folge. Döschner referiert zu Beginn
einen alten Spruch aus dem Radio: „Ob du faul bist oder fleißig: Am Ende
wird’s 1:30.“ Damit spielt er darauf an, dass die meisten nachrichtlichen
Beiträge im Radio sehr kurz sind. Der Podcast aber biete, so Eckert, die
Chance, „tiefer eingehen zu können auf die Probleme, die momentan ganz
offensichtlich ganz Deutschland bewegen“.
Klima sei nach Jahren mal wieder oben auf der Tagesordnung. „Wir haben uns
gedacht: Es muss mehr geben, als die Stanzen der Politiker und die
Forderungen der Aktivisten“, erklärt Eckert, „da muss es irgendjemanden
geben, der sich mit beidem beschäftigt und versucht, das irgendwie
zusammenzubringen.“
## „Erfolgsgeschichte“ ARD-Audiothek
Man könnte meinen, dass ein öffentlich-rechtlicher Klimapodcast in diese
Zeit passt. Der Klimawandel dominiert seit Monaten die Themensetzung von
Politik und Medien. Gleichzeitig erlebt das Format Podcast einen nie
dagewesenen Boom. Auch die Öffentlich-Rechtlichen sind mit vielen
Podcast-Projekten dabei.
Knapp eine Million Mal wurde die App der ARD-Audiothek mittlerweile auf
mobilen Endgeräten installiert. Martin Wagner, der Vorsitzende der
ARD-Hörfunkkommission, sprach in dieser Woche von einer
„Erfolgsgeschichte“. Seit dem Start der ARD-Audiothek im November 2017
wurden über 41 Millionen Mal Audios abgerufen.
Auch der wöchentlich angekündigte Podcast „Klimazone“ erschien im Juni in
der ARD-Audiothek und auf der Webseite des SWR. Doch es blieb entgegen der
Ankündigung bei einer Folge. Ohne eine öffentliche Mitteilung wurde der
Podcast eingestellt.
Mehr noch: Während Jürgen Döschner vom WDR auf seinem Twitter-Kanal im
Vorfeld ein Logo des Podcasts veröffentlichte, auf dem die Logos beider
Sender vorhanden waren, fehlte bei der Veröffentlichung des Podcasts
plötzlich das Logo im WDR. Auf den Kanälen und der Webseite des WDR ist der
Podcast nicht beworben worden. Geschweige denn veröffentlicht. Will der WDR
plötzlich nichts mehr damit zu tun haben?
Auf Anfrage teilt der WDR mit, dass der SWR die „federführende Anstalt“ und
eine „dauerhafte Beteiligung des WDR über die Entwicklung hinaus“ nicht
vorgesehen sei. „Diese Entscheidung liegt ausdrücklich nicht am Inhalt oder
der handwerklichen Qualität des Podcasts.“ Aber woran dann? Dazu sagt der
WDR in seiner Antwort nichts.
Immer wieder hat der Sender Ärger wegen Döschner, manch einer findet ihn zu
kritisch. Seine Berichterstattung war bereits Thema im Innenausschuss des
Landestags Nordrhein-Westfalen und im Rundfunkrat des WDR. Und in einer
Facebookgruppe [2][„RWE Mitarbeiter contra WDR“] polemisierte man heftig
gegen Döschner, mehrfach twitterten leitende Angestellte von RWE gegen den
Klimaexperten.
## SWR wiederspricht WDR
Der SWR widerspricht der Darstellung des WDR. „Eine redaktionelle
‚Federführung‘ gab es nicht. Das Projekt war als Kooperation von SWR und
WDR angelegt“, sagte ein Unternehmenssprecher der taz. Zudem äußert der SWR
Bedauern über das Ende des Podcasts: „Die Kooperation konnte leider
WDR-seitig nicht realisiert werden.“ Man habe die Entscheidung zur Kenntnis
genommen und „weil uns das Thema wichtig ist, mit der ‚Klimazentrale‘ ein…
neuen Klima-Podcast entwickelt.“
Das Konzept der „Klimazentrale“ im SWR erinnert an die „Klimazone“. Der
Podcast erscheint im SWR, Eckert spricht darin jede Woche über alle Themen
rund um das Klima, nur eben nicht mit Döschner, sondern mit einem Kollegen
vom SWR. Beim WDR gibt es keinen direkten Podcastnachfolger für die
Klimazone. Der Sender verweist auf die Marke „Quarks“ mit drei
Moderator*innen im Wissenschaftsbereich des Hauses, in der Klima gebündelt
behandelt werde. Jürgen Döschner ist daran nicht beteiligt.
Bedauert Döschner, dass es den Podcast nicht mehr gibt? Die Frage
beantwortet er mit einem „klaren Ja“. Warum gibt es ihn dann nicht mehr?
Für diese Frage „müssen Sie sich bitte an unsere Pressestelle wenden, da
ich nicht befugt bin, Auskünfte über interne Abläufe im WDR zu geben“,
lässt Döschner wissen.
## Döschner wird versetzt
Auf erneute Nachfrage beim WDR nach den Gründen für die Einstellung des
Podcasts teilt man mit: Die Zuständigkeit von Jürgen Döschner würde sich in
einer Neuordnung der Programmdirektionen ändern. „In dieser Umbruchphase
sollte es keine langfristige Festlegung geben, für welche zusätzlichen
Projekte – wie einen neuen Podcast – Mitarbeiter*innen eingesetzt werden.“
Döschner, der das Ende des Podcasts bedauert, wird also versetzt. Zwischen
dem ersten Gespräch im WDR über den Podcast und die Absage an den SWR liegt
laut Angaben des WDR gerade mal ein Monat.
Während der SWR sagt, dass der Podcast als Kooperation angelegt war,
spricht der WDR von einem „Missverständnis“. Demnach sei die „erste
positive Rückmeldung [des WDR] auf den Vorschlag als Zustimmung
interpretiert worden.“
Vielleicht hat der WDR wegen schlechter Planung und missverständlicher
Kommunikation eine große Chance verpasst, tiefe Klimaberichterstattung für
eine junge Zielgruppe zu realisieren. Freuen dürfte das nicht zuletzt auch
RWE. [3][In einer Minute und dreißig Sekunden kann Döschner den
Energiekonzern weniger verärgern als in einem Podcast].
22 Sep 2019
## LINKS
[1] /Proteste-in-Garzweiler/!5236007
[2] /Berichterstattung-ueber-Garzweiler-Protest/!5226888
[3] /Oeffentlich-rechtlicher-Rundfunk/!5245456
## AUTOREN
Alexander Nabert
## TAGS
WDR
Garzweiler
Journalismus
Medien
Öffentlich-Rechtliche
SWR
Podcast-Guide
Klima
Nordrhein-Westfalen
Schwerpunkt Klimawandel
Radio
Radio
Schwerpunkt Tom Buhrow
Schwerpunkt Klimawandel
Medienpolitik
RWE
WDR
Garzweiler
## ARTIKEL ZUM THEMA
WDR kürzt bei Musiksendungen: Cosmo ohne „Soundcheck“
Die WDR-Welle Cosmo verschiebt ihr interkulturelles Programm ins Digitale.
Mitarbeiter*innen kritisieren die interne Kommunikation.
Digitalisierung im Rundfunk: Das begleitende Medium
Wie sieht die Zukunft des Radios aus? In der Öffentlichkeit wird darüber
kaum diskutiert. Dabei steht der Hörfunk vor einer Zäsur.
„Umweltsau“-Video des WDR: Papa ist kein Atom-Arsch
Der WDR entschuldigt sich für ein Video mit einem Kinderchor, der Oma
„Umweltsau“ genannt hat. Und man möchte schreien.
RWE baut das Portfolio um: Heuchlerische Pläne
Die RWE feiert sich dafür, dass man jetzt auf Ökoenergien macht. Dabei ist
der Konzern viel zu spät dran und zerstört weiterhin Dörfer für die Kohle.
Verzicht auf „fossile“ Werbung: Flüge fliegen raus
Die schwedische Zeitung „Dagens ETC“ will keine Werbeanzeigen mehr für
Flugreisen und Verbrenner-Autos annehmen.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Kein Sendeplatz für Kritik an RWE
Ein Beitrag über hetzende RWE-Mitarbeiter läuft im WDR nicht. Der Sender
bestreitet jede Einflussnahme des Konzerns.
Proteste in Garzweiler: NRW macht Druck auf WDR
Abgeordnete von CDU und SPD kritisieren die Berichterstattung über die
Braunkohle-Proteste. Der WDR hätte Straftaten gerechtfertigt.
Berichterstattung über Garzweiler-Protest: WDR contra RWE
WDR-Redakteur Jürgen Döschner wehrt sich mit einem offenen Brief gegen den
Shitstorm wegen seines Lobes der Braunkohle-DemonstrantInnen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.