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# taz.de -- Verzicht auf „fossile“ Werbung: Flüge fliegen raus
> Die schwedische Zeitung „Dagens ETC“ will keine Werbeanzeigen mehr für
> Flugreisen und Verbrenner-Autos annehmen.
Bild: Verquere Logik der Medien: In Kommentare die Klimapolitik kritisieren, da…
Oslo taz | Werbebeilagen für Billigpauschalflugreisen. Anzeigen von
Elektrizitätsunternehmen, die Fossilstrom oder von Autofirmen, die
Verbrenner produzieren. Online-Annoncen für Luxuskreuzfahrten neben einem
Text vom UN-Klimagipfel: Bei der taz findet man das, bei der grün-roten
schwedischen Dagens ETC soll es Vergleichbares zukünftig nicht mehr geben.
Womit die 2014 gegründete [1][Tageszeitung] Vorreiter in Schweden und
womöglich auch weltweit ist.
„Wir halten das für eine Glaubwürdigkeitsfrage“, begründet Chefredakteur
Andreas Gustavsson den Schritt. Sowohl innerhalb der Redaktion wie seitens
der LeserInnen sei die Einsicht gewachsen, dass es nicht funktioniere „sich
von einer Branche finanziell abhängig zu machen, die man in Kommentaren und
nachrichtlichen Texten als destruktiv verurteilt“. Man werde daher in
Zukunft keine Annoncen für fossile Produkte und Dienste mehr akzeptieren:
„Alles andere ist Heuchelei.“
Eine Zeitung sei „eine Einheit“, meint Gustavsson, man könne nicht
Journalismus und Anzeigengeschäft als zwei voneinander unabhängige Teile
ansehen, wie es im Übrigen aber auch die eigene Zeitung in der
Vergangenheit getan habe: „Für die Leser ist das eine Kollision.“ Und er
hofft, dass auch andere Zeitungen diesem Räsonnement folgen.
„Viele Medien haben ihren Klimajournalismus in letzter Zeit deutlich
ausgebaut, teilweise gibt es jetzt eigene Klimaredaktionen, aber man meint
auf der Anzeigenseite nichts opfern zu müssen.“ Ganz persönlich habe er
gemerkt, dass so etwas gar nicht zusammenpasst, als er kürzlich einen
hervorragenden Klimakommentar in der Tageszeitung Dagens Nyheter gelesen
habe, während auf der gegenüberliegenden Seite ganzseitig für Flugreisen zu
den Malediven geworben worden sei: „Dann wird das ganz einfach falsch.“
## Grenzziehung nicht einfach
Nehme man das Jahr 2018 zum Vergleich, würde der jetzige Schritt für Dagens
ETC einen Verlust von Anzeigeneinnahmen von 15-20 Prozent bedeuten.
Einnahmen, auf die man eigentlich dringend angewiesen sei. Man hoffe aber,
dass sich die jetzige Konsequenz sowohl aus der Perspektive der LeserInnen
wie der Anzeigenkunden längerfristig auch wirtschaftlich positiv auswirken
werde.
Vorhandene wie neue AbonnentInnen würden diesen Verzicht sicher schätzen,
erwartet Gustavsson, worauf auch erste Reaktionen in den sozialen Medien
hindeuteten: „Die sind konsequent, die opfern etwas.“ Und auch der
Anzeigenchef der Zeitung sehe die Möglichkeit für einen neuen
Anzeigenmarkt, „wo Firmen, die nicht klimadestruktiv sind, sich sicher sein
können, nicht in Nachbarschaft zu Greenwashing oder Flugreisen und
Autofirmen zu landen“.
Die genaue Grenzziehung dafür, was „fossile Annoncen“ sind, werde nicht
einfach sein, gesteht Gustavsson zu. „Was jetzt schon klar ist, dass alles
mit Flugzeugen und fossil angetriebenen Autos rausfällt.“ Auch
Greenwashing-Versuche von Unternehmen mit hohem Klimagasausstoß in ihrer
Produktion werde man ablehnen. Doch manche Fälle seien vermutlich
zweifelhaft und man fordere die LeserInnen ausdrücklich auf, zur Umstellung
aktiv beizutragen.
## Beispiel könnte Schule machen
Was vor allem für den Online-Auftritt gelte. Bei der in der Medienbranche
üblichen Zusammenarbeit mit Agenturen für die Schaltung von Online-Annoncen
gebe es bislang nicht die Alternative, Fossilannoncen ganz wegzuschalten.
Möglich sei das nur konkret von Fall zu Fall. Würden aber auch andere
Medienunternehmen entsprechende Kriterien einführen, wachse der Druck auf
diese Agenturen, solche Funktionen zu schaffen.
Aber gibt es überhaupt eine Chance, dass das Beispiel Schule macht? Dagens
ETC fragte bei den beiden auflagenstärksten schwedischen Tageszeitungen
nach, ob es dort ähnliche Überlegungen gebe. Für Aftonbladet antwortete
deren norwegischer Verlag Schibsted, dass allein die geltenden Gesetze für
deren Anzeigengeschäft maßgeblich seien: „Wir messen nicht den
Klimagasausstoß unserer Kunden.“
Dagens Nyheter, das im Rahmen seiner Leserreisen in diesem Jahr erstmals
Bahncharterreisen anbot und damit einen so durchschlagenden Erfolg hatte,
dass man das Angebot im kommenden Jahr kräftig ausweitet, zeigte sich
offener für eine Debatte. Zwar habe man augenblicklich keine entsprechenden
Pläne, aber er verstehe es, dass man es als „Doppelmoral“ ansehen könne,
wenn Klimatexte neben Annoncen für Benzinfirmen auftauchten, gestand
Redaktionschef Caspar Opitz: „Müssen wir uns anpassen? Ja vermutlich. Aber
wir sind uns noch nicht klar darüber, wie genau. Die Frage wird
diskutiert.“
Und die schwedische Naturschutzorganisation Naturskyddsföreningen forderte
mittlerweile ihre Mitglieder auf: „Ermahnt eure Zeitungen auf
Fossilannoncen zu verzichten.“
30 Sep 2019
## LINKS
[1] /Neues-linkes-Medium-in-Schweden/!5047285
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Medienpolitik
Klimajournalismus
Werbung
Schweden
Zeitung
WDR
Medien
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