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# taz.de -- Filmfestspiele mit aktuellen Stoffen: Weiteres Nachdenken freigeste…
> Steven Soderbergh erklärt die Panama Papers, Olivier Assayas erinnert an
> die Miami Five und Paolo Sorrentino präsentiert einen neuen Papst.
Bild: Schwieriger Job: Jude Law spielt in der Serie „The New Pope“ einen p�…
Venedig taz | Halbzeit am Lido. Der Wettbewerb hat seine ersten Höhepunkte
erlebt, von denen einige durchaus umstritten sind. Das vornehmlich
starbetonte Kino bietet dabei meistens Solides, manchmal auch
Euphorisierendes und fast immer gute Stoffe. Die [1][Panama Papers] sind so
ein Thema. Vor drei Jahren wurde publik, wie Firmen und Prominente über
Offshore-Dienstleister im großen Stil Steuerzahlungen umschifften oder gar
Geld wuschen. Ein großer Skandal.
Für einen Film darüber ist das einzige Hindernis, dass die
Briefkastenfirmen, die vornehmlich dazu genutzt wurden, Geld in
Steuerparadiesen zu sichern, nicht viel an Handlung hergeben, wie der Name
dieser Einrichtungen schon andeutet. Der US-Amerikaner Steven Soderbergh
hat für seinen Spielfilm „The Laundromat“ zudem das Sachbuch „Secrecy
World“ von Jake Bernstein als Grundlage genommen. Eine eher trockene
Vorlage.
Soderbergh macht aus dem Material jedoch eine halbtheatralische Form von
Edutainment. Mit Gary Oldman und Antonio Banderas als halbseidene
Conferenciers, die sich im Verlauf des Geschehens als Jürgen Mossack und
Ramón Fonseca vorstellen, die zwei Partner des Rechtsdienstleisters Mossack
Fonseca, dessen vertrauliche Unterlagen 2016 als Panama Papers bekannt
wurden.
Soderbergh erzählt den Skandal als Abfolge kleinerer Ereignisse,
persönlicher Schicksale, bei denen Meryl Streep die Seite der Betrogenen
verkörpert. Mit aller Aufrichtigkeit in ihrem Spiel, die man in so einem
Fall erwarten würde. Das ist kurzweilig, gut gespielt, mit Auftritten etwa
von Sharon Stone als schmieriger Immobilienmaklerin, unterlegt mit
angemessen suggestiver Musik von David Holmes. Komplexe Themen
nachvollziehbar in Szene gesetzt, weiteres Nachdenken bleibt einem
freigestellt. Netflix, der Produzent des Films, soll bei seinen eigenen
Steuern übrigens auch getrickst haben. Das ist jedoch nicht Gegenstand von
„The Laundromat“.
## Chronistenbrav und ohne Spannung
Einen ebenfalls recht jungen Stoff der Zeitgeschichte hat sich der
französische Regisseur Olivier Assayas vorgenommen. Im vergangenen Jahr
erst hatte er in [2][Venedig] seine Digitalisierungskomödie „Zwischen den
Zeilen“ im Wettbewerb vorgestellt. Jetzt nimmt er sich sehr ernsthaft des
Falls der „Miami Five“ an, eines Netzwerks kubanischer Geheimagenten, die
von Florida aus die exilkubanischen Organisationen in den USA
ausspionierten. 1998 wurden sie festgenommen. Diejenigen unter ihnen, die
nicht mit dem FBI kooperieren wollten, wurden zu hohen Haftstrafen
verurteilt.
Assayas hat sich Stars wie Penélope Cruz und Gael García Bernal, nach „Ema�…
schon in seiner zweiten Wettbewerbsrolle zu erleben, für diese im Kern
spannende Geschichte gesucht. Die Ereignisse – den Aufbau des Netzwerks,
einzelne Operationen, die Aktionen der Castro-Gegner wie terroristische
Anschläge verhindern sollten – listet Assayas dann allerdings so geradlinig
und chronistenbrav auf, dass ihm darüber die Spannung abhanden kommt. Auch
an den Schicksalen der Figuren nimmt man nicht ernsthaft teil, zu groß ist
der Abstand, den der Film zu ihnen als Charakteren wahrt. Hier blieb
einiges ungenutzt.
In die Vollen zu gehen verspricht dafür Paolo Sorrentino mit seiner neuen
Serie „The New Pope“, der Fortsetzung von „The Young Pope“, die außer
Konkurrenz vorgestellt wurde. Jude Law ist wieder dabei, liegt aber seit
dem Ende der ersten Serie im Koma. Jetzt soll ihn laut dem Willen der Kurie
Sir John Brannox ersetzen. Das lohnt sich allein schon deshalb, weil dieser
von John Malkovich in depressiver Grazie gegeben wird. Sogar ein
Terroranschlag auf den Vatikan ist zu erwarten. Madonna!
3 Sep 2019
## LINKS
[1] /Nach-Auswertung-der-Panama-Papers/!5595844
[2] /76-Filmfestspiele-in-Venedig/!5618036
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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