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# taz.de -- Verkehrstote im ersten Halbjahr: Scheuer, bitte kommen
> Die Zahl der getöteten RadfahrerInnen steigt weiter. Dagegen könnte der
> Bundesverkehrsminister etwas unternehmen. Macht er aber nicht.
Bild: Sogenannte „Geisterräder“ erinnern in vielen deutschen Städten an t…
Berlin taz | Der traurige Trend ist ungebrochen: In den ersten Monaten
dieses Jahres ist die Zahl der getöteten RadfahrerInnen gestiegen – obwohl
insgesamt weniger Menschen im Straßenverkehr ums Leben kamen. Das zeigt,
wie überfällig ein umfassendes Programm für sicheres und angenehmeres
Radfahren ist.
JedeR, der und die regelmäßig in Städten mit dem Rad unterwegs ist, bewegt
sich mit Angst und Schrecken durch den Verkehr. Das muss aufhören. Im
ersten Halbjahr 2019 sind in Deutschland bei Verkehrsunfällen 1.465
Menschen gestorben – dass es 40 Getötete weniger sind als im ersten
Halbjahr vorigen Jahres, ist für die Hinterbliebenen kaum ein Trost.
Details über nähere Umstände liegen bislang nur für die ersten fünf Monate
vor. Danach sind unter den Getöteten 158 RadfahrerInnen, das waren 16
Personen oder 11,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das ist kein
Ausreißer, es sterben immer mehr Radler im Straßenverkehr. Im gesamten Jahr
2018 sind 445 RadfahrerInnen bei Unfällen im Straßenverkehr gestorben, im
Jahr 2017 waren es 382.
„Deutschland muss jetzt einen Zahn zulegen beim Ausbau der
Fahrradinfrastruktur, sonst werden wir ständig solche Hiobsbotschaften
bekommen“, warnt der Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen
Fahrrad-Clubs (ADFC), Burkhard Stork. Zwei Drittel aller Fahrradunfälle
sind Kollisionen mit Autos beim Einbiegen, Abbiegen oder Kreuzen. Nach
Angaben des ADFC tragen die Autofahrenden zu 75 Prozent die Verantwortung
für den Zusammenstoß.
Zu Recht fordert der Fahrrad-Club neue Konzepte, um Kreuzungen für
RadlerInnen sicherer zu machen. In den Städten sollte Tempo 30 die
Regelgeschwindigkeit, wo Kinder leben grundsätzlich nur
Schrittgeschwindigkeit erlaubt sein. Jede Hauptstraße muss einen Radweg
bekommen – und zwar einen, auf dem man auch bequem überholen kann. [1][In
den Niederlanden] und in Skandinavien sind unzählige Beispiele zu
besichtigen, wie RadlerInnen Kreuzungen gefahrlos passieren können. Und in
Deutschland? Fehlanzeige.
## Eine verquere Prioritätensetzung
Auch [2][autofreie Innenstädte] wären ein sinnvoller Beitrag zu mehr
Sicherheit im Straßenverkehr. Doch im Autoland Deutschland sind solche
Forderungen ein Sakrileg. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)
bezeichnet sich zwar gerne als „Radminister“, denn das macht sich in Zeiten
der Klimakrise gut. Doch RadlerInnen haben davon nicht viel.
Auf das große Radinfrastrukturprogramm aus dem Hause Scheuer werden
Interessierte wohl vergeblich warten müssen. Zurzeit ist der Minister
dabei, die [3][Straßenverkehrsordnung zu reformieren]. Immerhin sollen
Autos zum Beispiel künftig nicht mehr auf Radstreifen halten dürfen, in der
zweiten Reihe zu parken soll teuer werden – das ist nicht nichts.
Aber was Scheuer vorhat, ist bei Weitem nicht das, was erforderlich ist. Er
lässt Sicherheitslücken, die ohne Weiteres zu schließen wären: etwa dass
Kommunen Lkws ohne Abbiegeassistenten aus den Innenstädten verbannen
können. Diese Assistenzgeräte warnen Lkw-FahrerInnen mit einem akustischen
oder optischen Signal, wenn sich in ihrem toten Winkel eine Person befindet
– sie können also Leben retten.
Die Zahl der tödlich verunglückten AutonutzerInnen sinkt auch, weil
Hersteller viel für deren Sicherheit tun – mit der Entwicklung von Airbags,
Gurten oder Antiblockiersystemen. Aber für den Schutz von FußgängerInnen
und RadlerInnen tun die Hersteller nichts – obwohl ihre Produkte potenziell
tödlich sind. Das ist eine verquere Prioritätensetzung, denn an erster
Stelle müsste der Schutz der möglichen Opfer stehen. Es wird allerhöchste
Zeit, dass die Autobauer solche Systeme entwickeln und der Gesetzgeber
ihren Einsatz erzwingt.
22 Aug 2019
## LINKS
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[3] /Scheuers-neue-Strassenverkehrsordnung/!5615706
## AUTOREN
Anja Krüger
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Andreas Scheuer
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