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# taz.de -- Greta Thunberg im Hambacher Forst: „Dieser Wald ist so wichtig“
> Die Aktivistin besucht die Waldbewohner*innen. Sie besichtigt den
> Tagebau, steigt in ein Baumhaus und fordert den deutschen Kohleausstieg
> vor 2038.
Bild: Im März hatte Greta Thunberg den Baumhausdörfern im Hambacher Forst die…
KERPEN taz | „Kennst du die?“ – „Nee.“ Zwei Frauen um die 60 stehen a…
einer Aussichtsplattform. Unter ihnen erstreckt sich das größte Loch
Europas: der Tagebau Hambach. Aber sie sehen nicht hin. Die beiden Frauen
beobachten die Menge aus Journalist*innen neben ihnen, versammelt um eine
16-Jährige. „Ach komm, die kennst du. Die kennt doch jeder.“ Ein Journalist
tritt beiseite, ein Lücke entsteht. Die Frau schaut nochmal hin. „Ahh“,
sagt sie. „Diese Umweltaktivistin!“
Greta Thunberg hatte im März den Baumhausdörfern im Hambacher Forst die
Goldene Kamera gewidmet. Jetzt ist sie in Deutschland und will die
Waldbewohner*innen besuchen. Auf dem Weg hält sie kurz hier, bei Terra
Nova: einem Platz mit Liegestühlen und Sonnenschirmen wie am Strand. Nur
dass man nicht aufs Meer blickt, sondern auf den Braunkohletagebau Hambach.
„Du siehst dieses Loch bis zum Horizont – und ganz weit hinten zehn
Windräder“, sagt Thunberg. „Es ist armselig.“
Wegen Sicherheitsbedenken – Thunberg hat inzwischen mehrere Stalker, die
ihr überall hinterherreisen – ist der Besuch streng durchgetaktet. Als es
weitergeht zum Hambacher Forst, ist keine Zeit, [1][um sich in Manheim
umzuschauen], einem Dorf in der Nähe des Tagebaus, das teils noch bewohnt
ist, teils bereits von RWE abgerissen wird. Türen und Fenster sind
zugenagelt, vor ein paar Monaten wurde die Kirche entweiht. Der Autotross
nimmt auf den Weg zum Wald einen kleinen Umweg, um hindurchzufahren.
Am Wald wartet ein Willkommenskomitee auf Thunberg: Waldbewohner*innen,
zwei Schüler*innen von lokalen Fridays-for-Future-Gruppen, Aktivist*innen
von Ende Gelände und Anwohner*innen von „Alle Dörfer bleiben“. Als Thunbe…
eintrifft, macht sich die Menge auf zu einem Spaziergang durch den Wald, in
Richtung des Baumhausdorfes Oaktown. Vornweg gehen zwei Waldbewohner*innen
und erzählen Thunberg die Geschichte des Hambacher Forstes. Sie zeigen ihr,
wo vor dem Großeinsatz letztes Jahr das Baumhausdorf „Kleingartenverein“
stand. Dahinter führt ein schmaler Weg durch dichte Farne.
## Thunberg zu Gast im Haus von Clumsy
„Es ist jetzt sehr wichtig, dass wir hintereinander gehen, damit wir den
Wald nicht beschädigen“, sagt Waldbewohner Clumsy. „Sag das der Presse“,
entgegnet Thunberg und schaut nach hinten. Mit einigem Abstand folgt ihr
eine Gruppe aus zwanzig bis dreißig Pressevertreter*innen. Wenn Thunberg
einen Waldspaziergang macht, passiert das unter Beobachtung. Sie schaut zu
Boden, um nicht auf Triebe zu treten. „Hier achtet man auf jeden Schritt,
um nichts kaputt zu machen“, sagt sie, „Und da drüben ist dieses riesige
Loch. Was für ein Kontrast.“
Im Baumhausdorf angelangt, gibt Thunberg Interviews. Während sie redet,
stehen Aktivist*innen der verschiedenen Bewegungen hinter ihr zusammen.
„Was mir Hoffnung gibt, sind die Menschen, die auf verschiedene Weisen
kämpfen, um den Wandel zu bringen, den wir brauchen“, sagt sie. Dass es
eine Straftat ist, in Tagebaue einzudringen, bedeute nicht, dass es falsch
sei. „In manchen Fällen ist ziviler Ungehorsam notwendig.“ Deutschland
könne nicht, wie geplant, noch knapp zwanzig Jahre lang Braunkohle
verbrennen. „Es ist nicht meine Meinung. Es ist nicht, was ich denke. Es
ist, was die Wissenschaft sagt.“
In den Hambacher Forst sei sie gekommen, weil er eine symbolische Bedeutung
habe. „Dieser Wald ist so wichtig, nicht nur als Ökosystem für
Biodiversität. Sondern auch, weil er so bedroht ist und alle diese Leute
kämpfen, um ihn zu erhalten – und das ist bewundernswert. Die Dörfer, die
zerstört werden, die Anwohner, die umziehen müssen. Es ist verstörend.“
Zuletzt wird Thunberg noch eingeladen, ein Baumhaus zu besichtigen: Das
Haus von Clumsy, in 16 Metern Höhe. Bevor sie aber einen Gurt anlegt, geht
sie in die Hocke und sammelt Scherben. „Hier liegt Glas“, sagt sie. Clumsy
kniet sich daneben und sammelt mit. „Als hier geräumt wurde, haben RWE und
Polizei die Häuser kaputtgemacht und lauter Reste liegen lassen. Wir
sammeln öfters, aber die liegen überall.“
Schließlich ist das Glas gesammelt und Thunberg hat einen Gurt an. Einer
aus dem Sicherheitsteam nickt – und oben ziehen zwei Waldbewohner*innen
Thunberg hoch. Lange bleibt sie nicht oben im Baumhaus: etwa zehn Minuten.
Dann muss sie weiter. In Deutschland ist sie nur auf Durchreise, auf dem
Weg nach Großbritannien. Von dort wird sie [2][mit dem Segelboot zum
Klimagipfel] in New York segeln. Und nein: Mit Trump wolle sie nicht reden.
Der höre eh nicht zu.
10 Aug 2019
## LINKS
[1] /Waldspaziergang-im-Hambacher-Forst/!5606832/
[2] /Greta-Thunbergs-Reiseplaene/!5609895/
## AUTOREN
Anett Selle
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