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# taz.de -- Touristen versus Anwohner: Verdichtung vorgesehen
> Am Checkpoint Charlie soll statt neuer Shoppingmöglichkeiten Platz für
> Wohnen und kleinteiliges Gewerbe geschaffen werden.
Bild: Noch wirkt der Checkpoint Charlie wie eine Fehlstelle im Stadtgefüge
Vergangener Sonnabend am Checkpoint Charlie, zwölf Uhr mittags: High Noon
im Bürgerbeteiligungsverfahren um die zukünftige Gestaltung der letzten
freien Flächen rechts und links der Friedrichstraße am Checkpoint Charlie.
Zwischen den all den Touristen sind zwei Marktstände vor der BlackBox
Kalter Krieg Ecke Zimmerstraße aufgebaut und ein paar Sitzgelegenheiten neu
platziert worden. Mappen mit dem Bebauungsplan liegen aus – man muss die
entsprechende Karte nur zu lesen wissen. Aber man darf ja Fragen stellen.
Manfred Kühne, Abteilungsleiter in der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und zuständig für dieses Gebiet von „außergewöhnlicher
stadtpolitischer Bedeutung“, ist auch gekommen. Seine Behörde hat den
[1][neuen B-Plan] erarbeitet. Kühne erklärt vor hingestreckten Mikrofonen
und gezückten Notizblöcken, was an den Planungen neu ist. Es handelt sich
vornehmlich um zwei Flächen beiderseits der Friedrichstraße.
Auf der westlichen Seite, im Vorfeld, wo heute der Rundbau des
Mauerpanoramas steht, soll ein fünfeckiger Stadtplatz erhalten bleiben. Und
auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist ein erweiterter Vorplatz des
geplanten Mauermuseums geplant. Diesen „Bildungs‑ und Erinnerungsort“ gab
es an dieser Stelle in den bisherigen Planungen nicht. Die Stiftung
Berliner Mauer wollte stattdessen als Mieter teils unterirdisch irgendwo in
der Investorenarchitektur unterkommen. Jetzt soll das Museum sogar einen
eigenen Eingang bekommen Der Rest der zum Bauen freigegebenen Flächen bis
zur Schützenstraße bleibt im aktuellen B-Plan für Wohnen und kleinteiliges
Gewerbe reserviert.
## Hotel kommt nicht
Der Bau eines Hardrock Hotels ist damit vom Tisch. Der
[2][Immobilienentwickler Trockland] hatte das eigentlich vorgehabt. Doch
der Senat, der im vergangenen Sommer mit Trockland schon einmal einen
„Letter of Intent“ unterzeichnet hatte, hat es sich anders überlegt.
Trockland war im Winter wegen dubioser Geldquellen ins Gerede gekommen.
Trockland weist zwar alle Anschuldigungen zurück, aber nun wird von
Senatsseite – zumindest offiziell – ohne einen festen Investor geplant.
Zumal Trockland inzwischen eine Kaufoption des Insolvenzverwalters für die
mit hoher Grundschuld belasteten Flächen am Checkpoint Charlie verstreichen
ließ. Doch Trockland würde offenbar weiterhin gerne bauen, so die Auskunft
der Firmenvertreter, die sich am Sonnabend ebenfalls vor Ort eingefunden
hatten.
Für mögliche Investoren wird die Renditeerwartung durch den neu gefassten
B-Plan allerdings wohl deutlich gemindert. Weder Hotel noch weitflächige
Shopping-Einrichtungen sind mehr erlaubt. Dafür dominiert das Wohnen. Bis
zu 300 Wohneinheiten wären jetzt möglich.
Was der B-Plan allerdings nicht regelt, ist die Verkehrssituation in diesem
zukünftig doch stark verdichteten Quartier. Auf der Straße herrscht nicht
selten Chaos durch die vielen querenden Touristen, den parkenden
Reisebussen und den passierenden Autos und Radfahrern. Auch der
Denkmalschutz, der die bestehenden Brandwände und die im Boden
schlummernden Relikte der einstigen Grenzanlagen gern gesichert und
ausgestellt sehen möchte, hat kaum eine Lobby.
Die Interessenlage beim Checkpoint Charlie scheint also zwischen Touristen,
Anwohnern, möglichen Investoren und Verwaltung weiterhin unübersichtlich.
Das Vorkaufsrecht des Landes hat der Senat bislang aus Kostengründen
gescheut. Aber hätte man damit nicht die einmalige Chance, diese Fehlstelle
im Stadtgefüge als Erinnerungszeichen für die Teilung im Kalten Krieg offen
zu halten? Eine fast flächendeckende Bebauung, wie im B-Plan ausgewiesen,
würde die besondere Bedeutung des Orts im Grunde verunklaren.
Der Bebauungsplan liegt vom 1. Juli bis 2. August bei der Senatsverwaltung
Stadtentwicklung, Württembergische Straße 6, für Kommentare aus.
[3][www.stadtentwicklung.berlin.de]
23 Jun 2019
## LINKS
[1] /Archiv-Suche/!5553299&s=checkpoint+checkpoint+charlie/
[2] /Plaene-fuer-Checkpoint-Charlie/!5553170&s=checkpoint+checkpoint+charli…
[3] http://www.stadtentwicklung.berlin.de/
## AUTOREN
Ronald Berg
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