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# taz.de -- Beginn des Mauerbaus vor 47 Jahren: Ahnungslos am Checkpoint Charlie
> Touristen gehen an Gedenktagen vorbei.
Bild: Echt, ey! Soldatenschaupieler vor Sandsackkopien und Kontrollhäuschennac…
Ein italienischer Reisebus schiebt sich schwerfällig am kleinen weißen
Grenzhäuschen vorbei, an dem heute nur amerikanische Flaggen im Wind
flattern. Ein Heer an Touristen belagert wie jeden Tag den heute so
denkwürdigen Ort. "Marion, haste gesehen. Ein Stück Mauer", schreit eine
Mutter ihrer Tochter im Pulk auf dem Gehsteig zu. Vergebens. Die Berliner
Mauer, deren Bau an diesem Tag vor 47 Jahren begonnen hatte, ist nur für
wenige ein Grund zum Kommen. Am Checkpoint Charlie dominiert die Show. Das
nachgebaute Kontrollhäuschen, die Sandsackkopien, die Schauspiel-Soldaten.
Lisa outet sich. "Der Sightseeing-Bus hat hier gehalten, da sind wir halt
ausgestiegen", erklärt die 15-Jährige aus München. Ihre Freundin Tatjana
gibt sich nicht ganz so desinteressiert: "Natürlich interessiere ich mich
für den Mauerbau", erzählt sie. Immerhin seien ihre Eltern in der DDR
aufgewachsen. Doch bei der Lokalisierung des ehemaligen Ost-Teils der Stadt
treten erhebliche Schwierigkeiten auf. Ohne Orientierung drehen die zwei
Mädchen ihre Köpfe in alle erdenklichen Richtungen. Das kleine Fotoshooting
vor dem Grenzhäuschen war da erheblich leichter.
Auch Tobias, Matthias und Jan-Felix aus Idar-Oberstein blicken ratlos die
Friedrichstraße hinunter. Mauerbau? "Kommt erst noch im
Geschichtsunterricht", gesteht Jan-Felix. Ein Mitschüler hilft aus der
Patsche: "Die ist gebaut worden, weil so viele abgehauen sind", sagt Tobias
und schon stapfen die Zehntklässler weiter zum Mauermuseum und vorbei an
Charlie, einem uniformierten Schauspieler, der DDR-Visa-Stempel auf alles
aufdrückt, was ihm hingehalten wird.
Wer wirklich etwas wissen will und das enge Mauermuseum inklusive Anstellen
scheut, schaut sich die Info-Tafeln rund um den Checkpoint an. "Geglückte
Fluchtversuche" steht auf der Tafel, die Sonja und Michael gerade
aufmerksam studiert haben. Doch für die Würzburger ist die Mauer "eher weit
weg". Natürlich, wer Verwandte in der DDR hatte, müsse sich schon dafür
interessieren, sagt der 36-Jährige. Doch er kannte niemanden in der DDR.
Eine Touristin blickt verwundert auf die gemauerte Linie, die die
Friedrichstraße kreuzt. Ungläubig betrachtet sie das Schild, das über den
einstigen Verlauf der Mauer aufklärt.
Gekommen sind an diesem 13. August die Touristen wie an jedem Tag. Der
Checkpoint steht eben im Baedeker. Nicht ganz. Familie Kronfeldner aus
Regensburg hat den einstige Grenzübergang ganz bewusst an diesem Tag
aufgesucht. In der Hoffnung auf touristische Veranstaltungen anlässlich des
Mauerbaus vor 47 Jahren sind die Kronfeldners gekommen. "Immerhin sind wir
mit der Mauer im Nacken aufgewachsen", erzählt die 50-jährige Mutter, die
nun ihrem Sohn ein Stück deutsche Geschichte näher bringen will.
Der steht neben ihr und beißt gerade etwas lustlos auf einem Kaugummi
herum. Erstaunlich sei es schon, dass Deutschland irgendwann einmal geteilt
war, lässt sich der 15-Jährige entlocken. Und in der Schule sei ja auch die
ganze Zeit davon die Rede, sagt er und schlappt hinter seiner Mutter von
dannen.
13 Aug 2008
## AUTOREN
Hannes Vollmuth
## TAGS
Checkpoint Charlie
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Am Checkpoint Charlie soll statt neuer Shoppingmöglichkeiten Platz für
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