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# taz.de -- Thüringer NSU-Ausschuss: Was wusste Ringo M.?
> Der Gründer des umstrittenen Uniter-Vereins war ein Kollege des
> NSU-Opfers Michèle Kiesewetter und VS-Mitarbeiter. Nun musste er
> aussagen.
Bild: Die Spurensicherung im Mordfall an der Polizistin Michèle Kiesewetter am…
Erfurt taz | Eine Sache betont Ringo M. gleich zu Beginn und wiederholt sie
später mehrfach, teils frei, teils abgelesen. „Ich habe mein ganzes Leben
mit Rechtsextremismus nichts zu tun gehabt, ich lehne das grundsätzlich
ab.“
Die Befragung von Ringo M. – im dunkelgrauen Anzug und glänzenden
Lederschuhen – beginnt schleppend. Zunächst will er im Sitzungssaal 101 des
Thüringer Landtags nicht einmal seinen beruflichen Werdegang schildern und
schweigt lieber lange. „Ich habe um eine nicht-öffentliche Vernehmung
gebeten“, sagt er dann. Er sei derzeit „wegen absoluter Arbeitsbelastung“
krank geschrieben.
Ringo M. war ein Kollege der Polizistin Michèle Kiesewetter, die 2007
[1][vom NSU ermordet wurde]. Deshalb ist er heute als Zeuge vor den
Thüringer NSU-Ausschuss geladen. Später war er aber auch beim
Verfassungsschutz und in dieser Zeit Gründungsvorsitzender des [2][Vereins
Uniter e. V., der als Teil des „Hannibal“-Netzwerks Schlagzeilen machte].
Da sind viele Fragen ungeklärt.
Zum Mordfall Kiesewetter trägt Ringo M. wenig Neues bei. Er habe aus der
Presse erfahren, dass sich Kiesewetter mehrfach über ihn beschwert haben
soll. „Das weise ich zurück und kann es mir auch nicht vorstellen.“ Erst
habe er nicht viel mit ihr zu tun und dann ein gutes Verhältnis gehabt. Bei
einer Sache wird er sehr entschieden: Von rechten Tendenzen in der Einheit
habe er nichts mitbekommen. Dass einer seiner Kollegen früher bei einem
deutschen Ku-Klux-Klan Mitglied war, habe er erst 2012 aus der Presse
erfahren. „Dem habe ich das absolut nicht zugetraut.“
## Ralf Wohlleben? Wer das sei, wisse er nicht
Dann wird Ringo M. nach Ralf Wohlleben gefragt. Der Name komme ihm bekannt
vor, sagt er, es sei möglich, dass er dienstlich mit ihm zu tun gehabt
habe. „Sie wissen, wer Ralf Wohlleben ist?“ – „Nein, ich arbeite nicht …
Bereich Rechtsextremismus.“ Offenbar muss ein Verfassungsschutzmitarbeiter
nicht wissen, [3][dass Wohlleben als Unterstützer des NSU verurteilt
wurde].
Im Herbst 2015 war Ringo M. zum Landesverfassungsschutz Baden-Württemberg
in die Abteilung „Internationaler Extremismus und Terrorismus“ gewechselt.
Mitte 2016 gründete er den Verein Uniter, ein Netzwerk ehemaliger und
aktiver Spezialkräfte, das auch militärtaktische Trainings anbietet. Schon
ein gutes halbes Jahr später trat er „aus dringenden privaten Gründen“ aus
dem Vorstand zurück. Anders als er es nun darstellt, war das kein völlig
freiwilliger Rückzug. Es hatte nach taz-Informationen um die Jahreswende
2016/2017 mehrere Gespräche mit Vorgesetzten gegeben, bei denen die
Vereinstätigkeit problematisiert wurde.
Vor dem Ausschuss behauptet Ringo M., er habe von den so genannten
Prepperchats damals nichts mitbekommen, er habe auch nicht gewusst, dass
der [4][mutmaßliche Rechtsterrorist Franco A.] im Süd-Chat Mitglied gewesen
ist. „Kennen Sie Franco A. persönlich?“ Seine Antwort kommt sehr schnell:
„Nein, nie getroffen, nie gesehen.“ [5][André S., der unter dem Namen
Hannibal die Chats administrierte] und bis heute Kopf von Uniter ist,
beschreibt er als „komplett integer“.
## Konsequenzen erst nach taz-Recherchen
[6][Nachdem die taz Ende 2018 über fragwürdige Aktivitäten von Uniter e. V.
berichtet hatte,] wurde Ringo M. erneut mehrfach von seinen Vorgesetzten
befragt. Seine Aussagen wurden aber nach taz-Informationen als
unglaubwürdig eingestuft. [7][Konsequenzen wurden aber erst gezogen, als
die taz Mitte März die Verbindung öffentlich machte.] Kurz danach wurde
Ringo M. aus dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) abgezogen und dann
endgültig wegversetzt, das hatte Innenminister Thomas Strobl (CDU)
veranlasst.
Strobl sprach von einem „Störgefühl“, das er bei dem Verein habe. Es lasse
sich „nicht mit Sicherheit ausschließen, dass die Mitgliedschaft von
Beamten (…) in diesem Verein die Integrität der Sicherheitsbehörden von
Bund und Land tangieren kann“. Er bat Bundesinnenminister Horst Seehofer
(CSU), mit den „Mitteln des Bundes“ eine Überprüfung des Vereins
vorzunehmen. Seehofer hat auf den Brief des Landesinnenministers bislang
nicht reagiert. Eine Antwort werde wohl im Laufe des April verschickt,
sagte ein Ministeriumssprecher. Das LfV selbst hat aber nach
taz-Informationen auch mindestens einen Hinweisgeber, der aus dem Innern
des Vereins berichtet.
4 Apr 2019
## LINKS
[1] /Urteile-im-NSU-Prozess/!5517273
[2] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5577832
[3] /NSU-Terror-und-Rechtsextremismus/!5544793
[4] /Rechtes-Netzwerk-in-der-Bundeswehr/!5563715
[5] /MAD-Prozess-in-Koeln/!5582312
[6] /Rechtes-Netzwerk-in-der-Bundeswehr/!5548926
[7] /taz-Recherche-zu-Hannibal-Verein-Uniter/!5581162
## AUTOREN
Sebastian Erb
Christina Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk
Uniter
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