# taz.de -- Grüner über Extremismus bei Polizei: „Sensibilität ist geforde… | |
> Die Grünen-Fraktion fordert, verfassungsfeindliche Einstellungen in der | |
> Polizei zu dokumentieren. Warum, erläutert Innenpolitiker Benedikt Lux. | |
Bild: Gibt es ein rechtsextremistisches Netzwerk bei den Berliner Sicherheitsbe… | |
taz: Herr Lux, Extremismusverdacht bei der Polizei wird bisher nicht | |
erfasst. Aus Sicht der Grünen muss sich das ändern. Warum? | |
Benedikt Lux: Alle rechtsextremen Verdachtsfälle bei der Polizei wurden in | |
der Regel von Medien aufgedeckt. Und: weil [1][rechtsextremistische | |
Netzwerke wie „Hannibal“] und „Uniter“ natürlich auch um Polizisten we… | |
Geht es nur um Rechtsextremismus? | |
Nein, aber mir ist kein Fall bekannt, wo ein Polizist im Verdacht von | |
Linksextremismus oder Islamismus gestanden hat. Auch im Zusammenhang mit | |
der organisierten Kriminalität gibt es nur wenige Verdachtsfälle. Studien | |
besagen: Rechtsextreme Einstellungen sind in der Polizei stärker vorhanden | |
als in der Durchschnittsbevölkerung. | |
Wie erklären Sie sich das? | |
Es werden eher Menschen mit einer konservativen rechten Einstellung von der | |
Polizei angezogen. Das hat vermutlich mit der straffen Hierarchie von | |
Polizeibehörden zu tun. Dazu kommen die harten Eindrücke, denen | |
Polizistinnen und Polizisten täglich auf den Straßen ausgesetzt sind. | |
Nicht jeder vermag damit adäquat umzugehen. Manche haben eine geringe | |
Frustrationsschwelle und entwickeln dann schneller eine menschenfeindliche | |
und radikale Haltung. Auch Angriffe von Linksextremen auf die Polizei | |
können dies verstärken. Es ist total wichtig, über diese Phänomene zu | |
reden. Eine demokratische Gesellschaft braucht eine Polizei, die sich | |
kritisch hinterfragt. | |
Sie wollen in der polizeilichen Kriminalstatistik eine gesonderte Rubrik | |
einführen? | |
Ja, das gilt aber nicht nur für Strafverfahren. Auch über | |
Disziplinarverfahren im Zusammenhang mit Extremismusverdacht von Polizisten | |
muss genau Buch geführt werden. | |
Was war der Auslöser für diese Forderung? | |
Es gab eine Reihe von Einzelfällen, bei denen man sich große Sorgen machen | |
muss. Es gab den Fall der Drohbriefe eines Polizisten an Menschen, die sich | |
für die Zivilgesellschaft engagieren. Die Adressen stammten aus dem | |
Polizeicomputer. Das war ein Datenmissbrauch mit klarem rechtsradikalem | |
Hintergrund. | |
Es gibt den Fall Ferat Kocak aus Neukölln (auf das Auto des | |
Linkenpolitikers wurde im Februar 2018 ein Brandanschlag verübt, d. Red.) | |
und den Verdacht, dass sich ein Polizist aus dem Landeskriminalamt mit | |
Sebastian Thom getroffen hat – einem stadtbekannten Neonazi aus Neukölln, | |
der wegen schwerer rechtsextremer Straftaten verurteilt worden ist. Es | |
gibt den Fall eines Polizisten, der mit rechtsextremen Symbolen tätowiert | |
war. Es gibt den Fall eines Schatzmeisters der Jungen Alternative, der auch | |
Polizist ist, und den eines Reichsbürgers, der wieder in den Polizeidienst | |
zurückgekehrt ist. | |
Haben Sie Grund zu der Annahme, dass es ein rechtsextremistisches Netzwerk | |
bei den Berliner Sicherheitsbehörden gibt? | |
Es wäre naiv zu glauben, dass die alle nur für sich werkeln. Ein Polizist | |
hatte ja eine „88“ in einer Chatgruppe gepostet. Da sind ja mehrere dabei. | |
Und wenn die Vorgesetzten nicht einschreiten, zeigt das zumindest, dass so | |
ein Verhalten geduldet wird. Daraus können natürlich auch andere Netzwerke | |
und Bekanntschaften erwachsen. | |
Wie steht der Innensenator zu der Forderung der Grünen? | |
Die SPD geführte Innenverwaltung vertritt da eine ausgesprochen sorglose | |
Haltung. Wir bleiben dran. Nazisprüche oder Anzeichen rechtsradikaler | |
Einstellungen haben in der Polizei nichts zu suchen. Da ist Sensibilität | |
gefordert. | |
26 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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