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# taz.de -- NSU-Ausschuss in Thüringen: Kritik an Polizei und Justiz
> Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss legt seinen Abschlussbericht
> vor. Die Abgeordneten kritisieren das Innenministerium und werfen den
> Behörden Versagen vor.
Bild: Der zweite NSU-Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags formierte s…
Erfurt dpa | Vier Jahre lang haben die Mitglieder des zweiten [1][Thüringer
NSU-Untersuchungsausschusses] Zeugen vernommen, Akten gelesen und dabei
immer nach der Antwort auf eine große Frage gesucht: Haben die Thüringer
Sicherheitsbehörden Fehler bei der Suche nach der NSU-Terrorzelle um Uwe
Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gemacht?
Die drei wuchsen in Jena auf und gingen von Thüringen aus in den
Untergrund. Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses wird nun der
Öffentlichkeit vorgestellt. Er liefert Antworten, ist aber nicht
unumstritten. Die zentralen Erkenntnisse des mehr als 2000-seitigen
Berichts:
Im Abschlussbericht wird anhand zahlreicher Beispiele kritisiert, dass die
Polizei nicht nur bei der Suche nach dem Terror-Trio in den 2000er-Jahren,
sondern zum Beispiel auch unmittelbar nach dem Auffliegen des NSU am 4.
November 2011 in Eisenach Fehler gemacht habe.
In der Halle eines privaten Abschleppunternehmers, in die das Wohnmobil der
Rechtsterroristen kurz nach dem Auffinden geschleppt worden war, sei
beispielsweise nur zwei Tage lang sichergestellt gewesen, dass keine
unbefugten Personen Zugang zu dem Fahrzeug hatten. Dabei habe das Wohnmobil
bis Ende November 2011 dort gestanden, heißt es in dem Bericht.
## „Fehleinordnung von Akteuren“
Auch mit der Arbeit des Thüringer Verfassungsschutzes sind die Mitglieder
des Ausschusses nicht zufrieden. „Die im Bereich Rechtsextremismus des
Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz aufgegliederte Struktur der
Zuständigkeiten führte in Verbindung mit dem bereits erwähnten Mangel an
Sach- und Fachkompetenz bei Teilen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu
einer Fehleinordnung von Veranstaltungen, Strukturen sowie Akteuren und
Akteurinnen der rechten Szene in Thüringen“, steht in dem Bericht.
Eine ehemalige Mitarbeiterin des Amtes hatte vor dem Ausschuss erklärt, sie
habe es während ihrer Tätigkeit bei dem Inlandsnachrichtendienst nicht für
möglich gehalten, dass Rechtsextremisten andere Menschen töten würden.
Auch der [2][Thüringer Justiz] werden im Abschlussbericht Fehler im Umgang
mit Rechtsextremisten vorgeworfen. Bei Richtern und Staatsanwälten seien
nur „wenige Erkenntnisse“ dazu vorhanden gewesen, wie sich beispielsweise
die rechtsextreme Szene mit der Organisierten Kriminalität überschnitten
habe. Wo einzelne Fakten bekannt waren, seien sie nicht für relevant
erachtet worden.
Dabei habe der Ausschuss festgestellt, dass es sehr wohl Verknüpfungen
zwischen Neonazis und etwa Rocker-Gruppierungen gegeben habe.
Beispielsweise hätten Rechtsextreme und Rocker die gleichen Räumlichkeiten
benutzt.
## Ungenügender Informationsaustausch
Im Abschlussbericht heißt es, der Informationsaustausch zwischen den
Thüringer Sicherheitsbehörden, aber auch zwischen Landes- und
Bundesbehörden sei ungenügend gewesen. Beispielsweise habe es bei der Suche
nach dem untergetauchten Trio keine umfassende Weitergabe von Informationen
des Thüringer Verfassungsschutzes an die Polizei gegeben.
Bei der Zusammenarbeit zwischen Polizei und dem Bundeskriminalamt (BKA)
könnten sogar Daten verloren gegangen sein. So seien laut den Schilderungen
eines Zeugen Computer, Handys und Festplatten, die aus einer Durchsuchung
bei einem Rechtsextremen stammten, von BKA-Mitarbeitern mitgenommen worden,
obwohl deren Daten noch nicht abschließend von der Landespolizei gesichert
worden waren.
Über die Zusammenarbeit zwischen dem zweiten Untersuchungsausschuss und dem
Thüringer Innenministerium beklagen sich die Abgeordneten im
Abschlussbericht ausführlich. Das Ministerium habe den Parlamentariern –
anders als während der Arbeit des ersten Thüringer
NSU-Untersuchungsausschusses – nicht alle erbetenen Akten zur Verfügungen
gestellt. Wichtige Akten der Landespolizei zu von den Beamten geführten
Spitzeln – sogenannten Vertrauenspersonen (VP) – seien für die Abgeordneten
nicht einsehbar gewesen, kritisiert der Ausschuss.
29 Sep 2019
## LINKS
[1] /Bericht-des-NSU-Ausschuss-in-Thueringen/!5035568
[2] /Thueringer-NSU-Ausschuss/!5585781
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