Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ausstellung über Soziales Design: Wenn Kunst durch den Magen geht
> Wie bringt man Menschen zusammen? Die Ausstellung „Social Design“ sucht
> im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe nach Strategien, Gemeinschaft
> zu stiften.
Bild: Das „Esso-Modell 2“ der Hamburger Initiative „Öffentliche Gestatlu…
Hamburg taz | „Essen ist ein erster Schritt“, ist Angeli Sachs überzeugt.
Wenn man Menschen zusammenbringen möchte, kommt man an der gemeinsamen
Mahlzeit kaum vorbei. Sachs weiß, wovon sie spricht: Sie hat die
Ausstellung „[1][Social Design]“ am [2][Zürcher Museum für Gestaltung]
kuratiert, die nun am Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe Station macht.
Und eine ihrer zentrale Fragen ist eben: wie man Menschen zusammenbringt.
Die Antwort darauf läuft zwar nicht grundsätzlich über den Magen, sondern
übers Design. Aber eben mitunter auch über ein Design, das mit Essen zu tun
hat, wie im Architekturentwurf für die Brüsseler Markthalle [3][Foodme]t,
die helfen soll, die auseinanderfallende Gesellschaft der belgischen
Hauptstadt zu integrieren.
„Social Design“ bedeutet in diesem Sinne: Gestaltung für die Gesellschaft,
in zunehmendem Maße allerdings auch Gestaltung mit der Gesellschaft. Ein
kollektiver Geist zeichnet einen Großteil der Projekte aus, die Gestaltung
von Dialog und Partizipation ist wichtiger als das Design eines Produkts.
Über fünf Kapitel (Urbaner Raum und Landschaft, Migration, Produktion,
Netzwerke und Umwelt) werden Initiativen vorgestellt, die für sich genommen
interessante Projekte anstoßen und teilweise wie die
Nichtregierungsorganisation „[4][One Laptop Per Child]“ auch durchaus
[5][kontrovers diskutiert] werden.
## Gestalten in Gesellschaft
Im Museum aber sind das bloß Schautafeln, Wände, auf denen viel Text steht,
einzelne Fotos und manchmal ein Video. Nichts, das etwa eine Website nicht
auch darstellen könnte. Die Aufteilung aber ist stimmig, weil sie
verdeutlicht, wie unterschiedliche Aspekte unterm Label „Social Design“
zusammengedacht werden können, egal, ob es sich um Initiativen, Firmen oder
Einzelpersonen handelt.
Die dänische Firma Gehl Architects etwa [6][entwickelt in der chinesischen
Megastadt Chongqing Strategien], um den nahezu ausschließlich nach den
Bedürfen des Autoverkehrs strukturierten Stadtraum für die Bevölkerung
zurückzugewinnen, mit Mikroeingriffen wie Aufenthaltszonen auf den Straßen,
aber auch mit großformatigen Aktionen wie dem Bau einer Metrolinie.
Solch eine Großinitiative steht neben dem winzigen Modelabel „[7][Vagabunt
Hamburg]“, das Straßenkindern, Mädchen mit Gewalterfahrung und
jugendlichen, unbegleiteten Migrant*innen die Möglichkeit zu sinnstiftender
Tätigkeit gibt. Dass diese Projekte als unterschiedliche Ausprägungen einer
Gestaltung des Miteinander vergleichbar sind, zeigt „Social Design“
unspektakulär, aber mustergültig.
## Unspektakulär, aber mustergültig
Allerdings können die präsentierten Projekte einen Schweiz-Schwerpunkt
nicht verhehlen. Die [8][Wohnbaugenossenschaft Kalkbreite] etwa mag die
sozialen Verwerfungen in Zürich sinnvoll abmildern. Das allerdings ist ein
Prozess, der typisch ist für genossenschaftliches Bauen; was tatsächlich
zeigenswert ist an dem architektonisch ansprechenden Block, sagt die
Ausstellung nicht.
Klar, „Social Design“ ist ähnlich wie die 2012er-Ausstellung
„[9][Endstation Meer]“ für Zürich konzipiert und wurde in Hamburg nur mit
wenigen Exponaten angereichert. Und schon bei „Endstation Meer“ stand man
etwas ratlos vor Schweizer Statistiken, die sich nur mit einiger
Abstraktionsleistung auf deutsche Verhältnisse übertragen ließen, während
die wenigen Hamburger Beispiele den Charakter von Lückenbüßern hatten.
Auch „Social Design“ verlangt nach Abstraktion: Das Holzgeschirr des
[10][Ateliers Chalamala] etwa wird in einer Behindertenwerkstadt im
schweizerischen Bulle produziert und nimmt ästhetisch Bezug auf die
kulinarischen und kulturellen Gegebenheiten im voralpinen Greyerzerland –
aber natürlich können solche Projekte auch andernorts initiiert werden.
## Einfach mal losgehen
Unter dem Titel „[11][Hic et Nunc]“ entwickeln Studierende an der Zürcher
Hochschule der Künste ästhetische Strategien zur Vernetzung und
Vergemeinschaftung von Asylbewerber*innen, konkret in einer
Erstaufnahmeeinrichtung in Zürich-Oerlikon – aber natürlich sind die hier
gewonnenen Erkenntnisse nicht auf die Schweiz beschränkt.
Zumal die Ausstellung eben nicht nur sechs Hamburger „Social
Design“-Projekte vorstellt, winzige Initiativen wie die im HfbK-Umfeld
entstandene „[12][Öffentliche Gestaltungsberatung]“ ebenso wie das
mittelgroße Unternehmen [13][More Than Shelters].
Zudem entsteht auf der Website des Museums nach und nach eine interaktive
Karte, die weitere „Social Design“-Aktivitäten in der Hansestadt auflistet.
Man könnte also einfach losziehen und sehen, was so geht – rein von den
Schauwerten her dürfte das ein wenig mehr hergeben als die ehrenwerte aber
doch extrem trockene Museumspräsentation.
Um Menschen zusammenzubringen, mag das Essen ein Türöffner sein. Aber
Trockenheit beim Essen ist, um im Bild zu bleiben, auch nicht optimal.
15 Apr 2019
## LINKS
[1] https://www.mkg-hamburg.de/de/ausstellungen/aktuell/social-design.html
[2] https://museum-gestaltung.ch/de/
[3] http://www.foodmet.brussels/
[4] http://one.laptop.org/
[5] /!5096126/
[6] https://gehlpeople.com/cases/chongqing-china/
[7] https://www.vagabunt.hamburg/
[8] https://www.kalkbreite.net/
[9] https://www.mkg-hamburg.de/de/ausstellungen/archiv/2013/endstation-meer.html
[10] http://ateliers-chalamala.ch/
[11] https://www.zhdk.ch/studienprojekt/f77a0e82-8f6c-4a13-adeb-8d1c1e95dca5
[12] http://www.gestaltungsberatung.org/
[13] http://www.morethanshelters.org
## AUTOREN
Falk Schreiber
## TAGS
Soziale Netzwerke
Design
Museum für Kunst und Gewerbe
Ausstellung
Hamburg
Lübeck
Hamburg
Kunst
Museum für Kunst und Gewerbe
Jugendliche
Kunstausstellung
Ausstellung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ausstellung „Hello Lübeck!“: Partizipation für alle
Werke anfassen und Wände bemalen erlaubt: Die neue Leiterin der Lübecker
Kunsthalle St. Annen, Noura Dirani, spielt mit den Konventionen von Museen.
Utopie-Ausstellung in Hamburg: Der Dildo wippt
Eine andere Welt ist möglich – und sie ist knallbunt: Die Ausstellung „Life
On Planet Orsimanirana“ im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe.
Kunstprojekt aus Berlin: Gast an unbekanntem Ort
Das Bedürfnis nach Abwechslung befriedigen, die Neugierde wecken und
Achtsamkeit üben: Die Künstlerin Stefie Steden organisiert „Zimmerreisen“.
Hamburger Museum schafft „Dritten Ort“: Niedrigschwellig zur Kultur
Mit dem neuen „Freiraum“ schafft Hamburgs Museum für Kunst und Gewerbe ein
Areal der Begegnung. Es soll den Dialog der Stadtgesellschaft befördern.
Flucht als Computerspiel: Die Challenge namens Integration
Die Regisseurin Lola Arias bringt im Maxim-Gorki-Theater in Berlin mit
minderjährigen Flüchtlingen deren Geschichten auf die Bühne.
Fotoausstellung in Hamburg: Skeptische Blicke
Die Schau „Wolfgang Schulz und die Fotoszene um 1980“ sucht jenen Moment,
an dem Fotografie zu Kunst wurde. Dabei geht sie teils zu dogmatisch vor.
Künstlerische Weltreise in Frankfurt: Jenseits etablierter Pfade
Das Weltkulturenmuseum präsentiert 50 Kunstwerke aus Reinhard Wanzkes Reise
um die Welt. Es ist eine sehr persönliche Ausstellung.
One Laptop per Child: Keine guten Noten für Schulcomputer
Nach Zahlen ist das OLPC-Programm ein voller Erfolg: 2,5 Millionen Laptops
wurden an Schüler aus aller Welt verteilt. Eine erste Studie in Peru ergab
aber wenig positive Effekte.
Sabine Schulze, Museumsleiterin: "Wir sind kein Elfenbeinturm"
Marketing ist auch für Museen essenziell geworden. Warum sie daran nicht
sparen will, erklärt Sabine Schulze, Leiterin des Museums für Kunst und
Gewerbe.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.