# taz.de -- Offene Fragen zur Grundrente: Die Heil’sche Unschärferelation | |
> Ausgerechnet besonders arme Rentner könnten wegen der „harten Grenze“ von | |
> 35 Jahren Pflichtbeitragszeit bei der neuen Grundrente der SPD leer | |
> ausgehen. | |
Bild: Nehmen Sie es sportlich und jagen Sie 35 Pflichtbeitragsjahren hinterher | |
BERLIN taz | Seit dem Wochenende läuft die Debatte über den Vorschlag einer | |
neuen Grundrente von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Die | |
Sozialdemokraten sehen die Rente als wichtigen Beitrag gegen Altersarmut, | |
die Union sieht hohe Kosten auf den Bundeshaushalt zukommen. | |
Weitgehend unter ging in der Debatte bisher, dass viele arme Rentner | |
möglicherweise gar nichts von Heils Rentenkonzept haben. Sein Konzept | |
spricht von 35 Jahren „Pflichtbeitragszeiten vor allem aus Beschäftigung, | |
Kindererziehung und Pflegetätigkeit“ als Voraussetzung für die Grundrente. | |
Was aber ist mit Zeiten von Arbeitslosigkeit oder Zeiten in einer vom | |
Jobcenter finanzierten Umschulung oder einer Stelle auf dem zweiten | |
Arbeitsmarkt? „Die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes bleibt abzuwarten“, | |
sagt ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums auf taz-Anfrage dazu. | |
Ungeklärt ist auch, ob ein Studium angerechnet wird. | |
„Wenn das Arbeitsministerium die Zeiten von Arbeitslosengeld I und II nicht | |
anrechnet, werden heute vor allem Frauen im Westen und in Zukunft Männer im | |
Osten, die oft gebrochene Erwerbsbiografien haben, nichts davon haben“, | |
kritisiert Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der | |
Linksfraktion. Und Joachim Rock vom Paritätischen Gesamtverband rechnet | |
vor: „Von den jetzt rund eine Million Empfängern von Grundsicherung hätten | |
nur etwa zehn Prozent Anspruch auf eine solche Grundrente.“ | |
## Ansprüche sollte auch nacherworben werden können | |
Wer etwa mit 25 Jahren nach einem Studium ins Berufsleben eingetreten ist, | |
zwischendurch zweieinhalb Jahre arbeitslos war und mit 62 wieder entlassen | |
wird und nichts mehr findet, könnte damit schon aus dem Heil’schen | |
Rentenkonzept rausfallen. Abzuwarten bleibt auch, ob die 35 Jahre als harte | |
Grenze für Ansprüche auf die Grundrente gelten werden – ob also im | |
ungünstigsten Fall bei 34 Jahren und 11 Monaten gar keine Leistungen daraus | |
gezahlt werden müssen, während es bei einem Monat mehr in der | |
Rentenversicherung 447 Euro mehr Rente gibt. | |
Diese Ungerechtigkeit ließe sich beseitigen, wenn Ansprüche auf die | |
Grundrente durch eine Tätigkeit über das offizielle Renteneintrittsalter | |
hinaus nacherworben werden könnten. | |
„Ich weiß, dass Union und FDP dann noch mehr aufschreien, als sie es schon | |
jetzt bei den Rentenplänen von Hubertus Heil tun, aber dennoch ist es | |
notwendig, die Zeiten von Arbeitslosigkeit in die Grundrente | |
miteinzubeziehen“, sagt der Linken-Abgeordnete Birkwald, der das Konzept | |
des SPD-Ministers grundsätzlich begrüßt. | |
Ähnlich sieht es Markus Kurth, Sozialpolitiker der Grünen. Er verweist auf | |
das grüne Konzept, das 30 Beitragsjahre für die Rentenversicherung als | |
ausreichend ansieht und Studienzeiten und Arbeitslosigkeit anrechnet. | |
6 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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