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# taz.de -- Unternehmerin zu Einwanderungsgesetz: „Man treibt Leute in die Il…
> Die Unternehmerin Beate Meier beschäftigt Geflüchtete. Jetzt hat sie
> einen Brief an CDU-Abgeordnete geschrieben. Ein Gespräch über
> Fachkräftemangel und Perspektiven.
Bild: Es fehlt an Händen in Deutschland
taz: Frau Meier, Sie haben vor einigen Tagen einen Brief an mehrere
CDU-Abgeordnete geschrieben. Warum?
Beate Meier: Weil ich die Perspektive von uns Unternehmern auf die
Diskussion um das Fachkräfteeinwanderungsgesetz mitteilen wollte. Wir haben
viele der Menschen, die 2015 als Flüchtlinge hierher gekommen sind, bei uns
aufgenommen, wir haben viel Zeit und Arbeit in diese Menschen investiert –
und jetzt bekommen viele von ihnen Abschiebebescheide, nachdem sie sich
hier ein Leben aufgebaut haben. Das ist für sie schlecht, aber auch für uns
Unternehmen. Sei es im Bau oder in der Gastronomie, wir brauchen diese
Leute. Das sehe nicht nur ich so – hinter mir stehen inzwischen etwa 250
Unternehmen.
Was sind das für Unternehmen?
Ganz verschiedene. Es sind viele kleine und mittelständische, zum Beispiel
Metzger oder Pflegestationen, für die der Mangel existenzbedrohend ist. Es
sind aber auch große Firmen wie Würth, Ikea oder McDonalds dabei. Beim
aktuellen Fachkräftemangel ist das Problem ja überall da. Uns wäre wichtig,
dass ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz diesen Menschen eine
Bleibeperspektive gibt. Momentan werden die gut integrierten Leute aus der
Hotellerie oder die Pflegekräfte aus den Stationen weggeholt, während so
ein Mangel herrscht. Das ist fern jeder Realität.
Was ist da Ihrer Meinung nach das Problem?
Wir haben ja in den vergangenen Wochen in der Debatte um das Gesetz
gesehen, wie die Union sich da sträubt. Das kann ich ja auch verstehen; es
geht dabei ja um Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Die also
eigentlich unrechtmäßig hier sind. Die will man nicht dafür belohnen. Aber
da hätte man schon bei ihrer Einreise Entscheidungen treffen müssen; jetzt
sind sie hier, und die Unternehmen und die Flüchtlingshelfer haben sich
gekümmert, damit hatte die Politik kein Problem. Wertgeschätzt wird diese
Arbeit allerdings nicht. Das habe ich bei einem Treffen in Berlin auch
versucht, den Politikern klar zu machen. Aber einige in der Union sträuben
sich da vehement.
Was bedeutet das denn konkret für Sie?
Bei uns im Unternehmen haben wir seit 2016 einen Mann aus Gambia als
Bauhelfer beschäftigt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat der sich sehr
gut integriert. Aber sein Asylantrag wurde abgelehnt, und jetzt wurde ihm
die Arbeitserlaubnis entzogen, weil er keinen Pass vorgelegt hat. Wenn er
das aber gemacht hätte, wäre er abgeschoben worden. Das ist ein
Teufelskreis, und der betrifft ja viele Menschen. Ich würde in so einer
Situation meinen Pass sicher auch nicht auf den Tisch legen. Sie etwa?
Wohl kaum. Was folgt daraus?
Von dem bisschen, was diese Leute vom Staat bekommen, kann man sich keine
Existenz aufbauen. Damit treibt man die Leute in die Illegalität, das ist
doch total bescheuert. Und ohne geklärte Existenz käme auch eine
Beschäftigungsduldung wie sie jetzt geplant ist für ihn nicht in Frage.
Meiner Meinung nach wäre eine sinnvolle und pragmatische Lösung eine
Stichtagsregelung für die Menschen, die schon hier sind.
Sie sagen, der Mann aus Gambia in Ihrem Unternehmen ist Bauhelfer. Das
heißt, er ist keine Fachkraft im Sinne des geplanten Gesetzes.
Stimmt. Aber wir brauchen dringend auch Leute mit niedriger Qualifikation.
Auf dem Bau finden sie ja nicht mal mehr Helfer. Und es gibt viele Leute
mir Berufserfahrung, die könnten wir sehr gut weiterbilden. Die Menschen
sind ja nicht doof. Mit den Innungen haben wir eigentlich so viele
Möglichkeiten aus denen Fachkräfte zu machen. Und sie sind nun mal hier und
gehen auch nicht weg, nur weil man restriktive Gesetze macht.
19 Dec 2018
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Migration
Asyl
Mittelstand
Fachkräfte
Arbeitsmigration
Schwerpunkt Flucht
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Schwarz-rote Koalition
Einwanderungsgesetz
Arbeitsmigration
Vereinte Nationen
Zuwanderung
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