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# taz.de -- Frankreichs Haushaltsdefizit: Italien zetert gegen EU
> Weil Brüssel das Etatdefizit Frankreichs tolerieren will, ist die
> Regierung in Rom empört: Er sei es leid, dass „mit zweierlei Maß“
> gemessen werde, so Salvini.
Bild: Zuhause in Frankreich hat Macron die Gelbwesten halbwegs unter Kontrolle,…
Brüssel taz | Nun ist es offiziell: Wegen der teuren Zugeständnisse an
[1][die Gelbwesten] wird Frankreich im kommenden Jahr die EU-Defizitgrenze
von 3 Prozent reißen. Die Neuverschuldung werde 2019 voraussichtlich bei
rund 3,2 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen, sagte Ministerpräsident
Edouard Philippe. Sein Eingeständnis bringt neue Zwietracht in die EU: Weil
die Kommission das Minus tolerieren will, [2][ist Italien empört].
Nach massiven Protesten der Gelbwesten (Gilets jaunes) hatte
Staatspräsident Emmanuel Macron eine Erhöhung des Mindestlohns um 100 Euro,
eine Entlastung niedriger Renten und andere Sozialleistungen angekündigt.
Die Maßnahmen werden nach Schätzungen aus Paris rund 10 Milliarden Euro
kosten. Deshalb erhöht sich das Budgetdefizit, das ursprünglich bei 2,8
Prozent liegen sollte.
Bisher sorgte das nicht für große Aufregung. So erklärte der für den Euro
zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici, die Fälle seien nicht zu
vergleichen. Brüssel könne eine „einmalige und begrenzte“ Überschreitung
der 3-Prozent-Regel dulden. Macrons Zugeständnisse seien richtig und nötig
gewesen, um die Kaufkraft zu erhöhen, sagte der Franzose. Zudem verletze
Italien mit seinem Etat bereits das dritte Jahr in Folge die EU-Regeln.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte Verständnis. Macron habe
sich seine Antwort auf die Gelbwesten „sehr gut überlegt“, sagte sie am
vergangenen Freitag in Brüssel. Das „umfassende Reformprogramm“, das auch
den Schuldenabbau enthält, werde Macron dennoch fortsetzen, betonte Merkel.
## Brüssel spielt auf Zeit und bleibt flexibel
Umso heftiger fiel die Reaktion in Italien aus. Er sei es leid, dass beim
Haushalt mit „zweierlei Maß“ gemessen werde, erklärte Vize-Premier Matteo
Salvini. Falls sich daran nichts ändere, würden „andere Saiten“ aufgezoge…
so der Chef der rechtsnationalen Lega.
Salvini steht unter Druck aus Brüssel – denn die EU-Kommission hat [3][ein
Defizitverfahren gegen Italien eingeleitet]. Dieses Verfahren bezieht sich
auf den ersten Blick auf das italienische Budgetdefizit, das mit 2,4
Prozent unter den französischen Zahlen liegt. Als Rechtsgrundlage für das
Strafverfahren hat Brüssel allerdings eine andere EU-Regel gewählt, die
sich auf den Schuldenstand bezieht. Dieser liegt in Italien mit 130 Prozent
der Wirtschaftsleistung deutlich über den erlaubten 60 Prozent.
Allerdings reißt auch Frankreich diese EU-Schwelle; die Schuldenquote
beträgt dort rund 100 Prozent. Theoretisch könnte die Kommission also auch
gegen Paris vorgehen. Moscovici will aber neue Konjunkturprognosen
abwarten. Brüssel spielt also auf Zeit – und legt die Regeln flexibel aus.
Auch Italien darf auf Flexibilität hoffen. Hinter den Kulissen laufen
bereits Gespräche, die das Defizitverfahren stoppen könnten. Die
EU-Kommission stehe in Kontakt mit Finanzminister Giovanni Tria, erklärte
ein Kommissionssprecher am Montag in Brüssel. „Wir werden auf Grundlage der
Ergebnisse dieser Gespräche entscheiden.“
## Budgetregeln führen zu Verwirrung und Streit
Zuletzt hatte Rom angeboten, das Budgetdefizit von 2,4 auf 2,04 Prozent zu
senken. Die Kommission hatte jedoch angedeutet, weitere Zugeständnisse
seien nötig. Ähnlich wie Frankreich will auch Italien neue Sozialausgaben
finanzieren. Der Budgetentwurf für 2019 sieht unter anderen die Einführung
eines Bürgergelds vor, das etwa den deutschen Hartz-IV-Leistungen
entspricht.
Die Kommission hat die soziale Krise bisher weitgehend ignoriert. Sie geht
im Rahmen des „Europäischen Semesters“ zwar auch auf soziale Fragen ein. Im
Vordergrund steht aber die Einhaltung der Budgetregeln, die während der
Eurokrise auf deutschen Druck eingeführt worden waren – und nun für
Verwirrung und Streit sorgen.
17 Dec 2018
## LINKS
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[3] /Italiens-Haushaltsdefizit/!5549873
## AUTOREN
Eric Bonse
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EU-Finanzpolitik
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