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# taz.de -- Protest in Frankreich: Gelbe Westen bekommen Flügel
> In der Gelbwesten-Bewegung bilden sich zwei Strömungen heraus. Obwohl die
> Proteste abnehmen, bleibt die Wut auf die politische Führung.
Bild: Marseille am Samstag: Die Wut hält an, die Proteste flauen ab
Paris taz | Am Ende des Tages konnte die französische Regierung aufatmen.
Nach Schätzungen des Innenministeriums sind am Samstag [1][nur noch halb so
viele Demonstranten] in gelben Warnwesten auf die Straße gegangen wie am
vergangenen Wochenende. Vor allem blieb es in Paris, Bordeaux und anderen
Städten, in denen es an den vergangenen Samstagen zu schweren Krawallen
gekommen war, bei vereinzelten und verhältnismäßig harmlosen
Zusammenstößen.
In der Hauptstadt blieben die Einkaufsstraßen verschont. Die Kaufhäuser,
die vergangene Woche aus Angst vor Plünderungen geschlossen und
verbarrikadiert waren, hatten großteils geöffnet. Die Stadt bot ebenso
viele Ordnungskräfte auf wie vergangene Woche, mitsamt Panzerfahrzeugen,
Wasserwerfern und berittener Polizei.
Die Behörden scheinen bezüglich der Taktik hinzugelernt zu haben. Dank
ihrer großen Zahl konnten die Polizisten die in der Hauptstadt
eintreffenden „Gilets jaunes“ frühzeitig nach gefährlichen Gegenständen
oder Demonstrationsmaterial wie Schutzmasken oder Helmen durchsuchen und
dabei noch vor Mittag hundert Personen festnehmen. An den verschiedenen
Sammlungspunkten hinderte die Polizei die Gelbwesten mehrfach daran,
Demonstrationszüge zu bilden.
Während die Mobilisierung in der Provinz fast unvermindert stark blieb,
scheint sie in der Hauptstadt abzuflachen. Parallel dazu wachsen die
Meinungsverschiedenheiten in der Bewegung, seitdem die Regierung und
Staatspräsident Emmanuel Macron Zugeständnisse angekündigt haben.
Aus Reaktionen in den sozialen Netzwerken ist zwar zu schließen, dass die
meisten „Gilets jaunes“ diese Konzessionen für ungenügend halten. Die Wut
auf „die da oben“ bleibt intakt. Trotzdem beginnen sich viele zu fragen, ob
mit einer Fortsetzung der Proteste in der bisherigen Form noch mehr zu
erreichen sein wird. Nach mehr als vier Wochen machen sich zudem
Ermüdungserscheinungen bemerkbar.
Auch war der Schock des terroristischen Attentats von Straßburg ein Motiv,
aus Respekt für die Opfer und für die Ordnungskräfte auf erneute Aktionen
zu verzichten, die in Gewalt ausarten könnten. Auf dem Platz vor der Oper
in Paris hielten rund tausend versammelte „Gilets jaunes“ eine
Schweigeminute für die Attentatsopfer ab.
## Zwei Flügel bilden sich heraus
Unter den RepräsentantInnen, die in den Medien auftreten, sind mittlerweile
zwei Flügel deutlich erkennbar: Die eher rechts stehenden und gemäßigten
[2][„Gilets jaunes libres“] mit Figuren wie Jacline Mouraud, Benjamin
Cauchy oder Christophe Chalençon wollen mit der Staatsführung über ein
rasches Einlenken verhandeln. Die viel radikalere Gruppe [3][„France en
colère“] mit Priscillia Ludosky, Eric Drouet und Maxime Nicolle verlangen
neben einer echten Erhöhung der Kaufkraft [4][politische Änderungen] und
den Rücktritt von Präsident Macron.
Im Zentrum der Forderung nach mehr Mitsprache steht die Idee eines
Referendums- und Initiativrechts für die Bürger nach schweizerischem
Modell. Allerdings kennen die wenigsten, die derzeit in französischen
Fernsehdebatten davon reden, die „direkte Demokratie“ der Schweiz auch nur
ansatzweise.
Den „Gilets jaunes“ erscheint die Vorstellung verlockend, die ihnen so
verhasste Staatsführung und auch das Parlament durch Volksabstimmungen oder
Debatten über Gesetzesvorschläge umgehen zu können. Für das politische
System der Fünften Republik mit ihrer vertikalen Machtstruktur und ihrem
Zentralismus bleibt ein solches Ansinnen nahezu revolutionär.
16 Dec 2018
## LINKS
[1] /Gelbwesten-Protest-in-Frankreich/!5559011
[2] https://www.facebook.com/GiletsJaunesLibres/
[3] https://www.facebook.com/groups/262974177695789/
[4] https://www.youtube.com/watch?v=Tz4C0GcasBo
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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