# taz.de -- Hamburger Senat macht in Immobilien: Dämpfer für Spekulanten | |
> Um dem Druck der Investoren etwas entgegenzusetzen, will die rot-grüne | |
> Stadtregierung ihre Eingriffsmöglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt stärker | |
> nutzen. | |
Bild: Immobilien-Boomtown Hamburg: Bauarbeiter auf einer Baustelle in der Hafen… | |
HAMBURG taz | Der Senat packt seine Waffen aus. Unter dem Eindruck der sich | |
verschärfenden Lage auf dem Wohnungsmarkt zeigt sich Rot-Grün zunehmend | |
bereit, seine Handlungsmöglichkeiten zur Dämpfung der Wohnungsspekulation | |
zu nutzen. Den Druck erhöht hat eine aktuelle Veröffentlichung des nicht | |
profitorientierten Rechercheportals Correctiv zusammen mit dem Hamburger | |
Abendblatt, die zeigt, in welchem Ausmaß der Senat Baugrundstücke an | |
Private verkauft. | |
Nach einer Analyse der Immobilienportals [1][Immowelt] sind die | |
Neuvermietungsmieten in Hamburg in den vergangenen zehn Jahren um 49 | |
Prozent gestiegen. Berücksichtigt hat das Portal die vermehrt nachgefragten | |
unter den inserierten Wohnungen. Unter den Städten mit mindestens 500.000 | |
Einwohnern ist der Anstieg in Hamburg der fünftstärkste. | |
Nach den [2][Recherchen von Correctiv] hat der Senat den boomenden | |
Immobilienmarkt selbst genutzt, um den städtischen Haushalt zu päppeln. | |
2011 bis 2017 hat er Grundstücke im Wert von rund einer Milliarde Euro | |
verkauft, 61 Prozent davon an Privatpersonen und Unternehmen. Auf diesen | |
Flächen sind demnach zwar rund 17.600 Wohnungen geplant, allerdings hat der | |
Senat mit dem Verkauf seine Einflussmöglichkeiten für die Zukunft | |
aufgegeben. | |
Um auf den starken Anstieg der Mieten und Bodenpreise zu reagieren, hat Die | |
Linke in der Bürgerschaft bereits vor einem Monat eine | |
„gemeinwohlorientierte Grundstücks- und Bodenpolitik“ gefordert: Der Senat | |
möge seine Grundstücke in Zukunft nicht mehr verkaufen, sondern durch | |
Vergabe eines Erbbaurechts verpachten. | |
„Wer eine langfristige Stadtentwicklung betreiben möchte, muss auch noch in | |
Jahrzehnten die Möglichkeit haben, auf stadteigene Flächen zurückgreifen zu | |
können“, heißt es in dem Antrag. Um langfristig bezahlbaren Wohnraum zu | |
schaffen, sollten solche Grundstücke im Übrigen nur an | |
gemeinwohlorientierte Akteure vergeben werden. | |
Jetzt sieht es so aus, als würde die Regierungskoalition auf diesen Zug | |
aufspringen wollen. „In Zukunft sollten mehr städtische Flächen, wo es | |
sinnvoll ist, im Erbbaurecht vergeben werden“, sagt | |
Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). Damit könne die | |
Stadt städtebaulich ihre sozial- und wohnungspolitischen Ziele verfolgen. | |
Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), in dem die | |
gemeinwohlorientierten Unternehmen organisiert sind, äußerte Verständnis | |
für diese Überlegungen. „Der VNW begrüße alle Maßnahmen, die der | |
Spekulation mit Baugrundstücken einen Riegel vorschieben“, sagt | |
Verbandsdirektor Andreas Breitner. Für Unternehmen, die langfristig | |
bezahlbare Mieten zusagten, müssten allerdings Ausnahmen möglich sein. | |
Ebenfalls begrüßt hat der VNW, dass der Senat Anfang November zum ersten | |
Mal seit Langem sein Vorkaufsrecht ausgeübt hat. Auf St. Pauli verhinderte | |
er den Verkauf eines Altbaus, weil es nicht gelang, den Käufer auf die | |
Ziele der dort geltenden Sozialen Erhaltungsverordnung zu verpflichten. | |
Diese soll verhindern, dass die angestammte Wohnbevölkerung durch Leute mit | |
viel Geld verdrängt wird. | |
„Wer mit Modernisierungsmaßnahmen ohne Baugenehmigung Menschen aus ihrer | |
Wohnung vertreibt, ist kein sozial verlässlicher Partner“, rechtfertigte | |
der Grünen-Abgeordnete Olaf Duge die Entscheidung in der Bürgerschaft. | |
Sechs weitere Vorkäufe in Ottensen, dem Schanzenviertel und St. Pauli seien | |
in Vorbereitung. Für künftige Ankäufe habe der Senat Geld zurückgelegt. | |
27 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://news.immowelt.de/n/3618-10-jahresvergleich-mieten-in-deutschen-gros… | |
[2] https://correctiv.org/top-stories/2018/11/23/wem-gehoert-hamburg/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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