# taz.de -- AfD-Podium in der Bremer Bürgerschaft: Rechte Türpolitik | |
> Träume vom Nationalsozialismus: Eine Veranstaltung der AfD in der | |
> Bürgerschaft Bremen zeigt, was passiert, wenn man Rechte gewähren lässt. | |
Bild: Durfte Türsteher am Besuchereingang der Bürgerschaft spielen: Robert Te… | |
BREMEN taz | Am Donnerstagabend konnte man erleben, was passiert, wenn man | |
der AfD die Bürgerschaft überlässt. Bei der Podiumsdiskussion des Bremer | |
Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz (AfD) durfte Robert Teske, | |
Vorsitzender der vom [1][Verfassungsschutz beobachteten Jungen Alternative | |
Bremen], am Besuchereingang Türsteher spielen. | |
Die Plätze waren begrenzt, Teske durfte am Eingang auswählen, wer die von | |
der AfD-Bundestagsfraktion persönlich eingeladenen Gäste sind. Alle Freunde | |
der AfD durften zuerst rein, danach die Presse, dann erst die | |
Öffentlichkeit – die Mehrheit der Gegendemonstrant*innen musste draußen | |
bleiben. Wer es in den Saal schaffte und dort protestierte oder an den | |
falschen Stellen klatschte, wurde vom Bürgerschaftsdirektor und ehemaligen | |
Verfassungsschutzchef Hans-Joachim von Wachter mit Verweis auf die | |
Hausordnung rausgeschmissen. | |
Bei der Veranstaltung verharmlosten die Redner die rechtsextreme Identitäre | |
Bewegung und verbreiteten völkische Verschwörungsideologien. Ein ehemaliger | |
Kameradschaftler und extrem Rechter mit Verbindungen bis ins NSU-Umfeld, | |
Benedikt Kaiser, durfte von einem „sozialen Nationalismus“ und einer | |
„Querfront“ träumen. Dazwischen saß der als Pegida-Versteher bekannte | |
Politologe und CDU-Mitglied Werner Patzelt und hörte artig den kruden und | |
rassistischen Fantasien zu. | |
Die Bürgerschaft erlaubt es Bundestagsabgeordneten aus Bremen | |
grundsätzlich, Veranstaltungen im Landtag durchzuführen. Die | |
Fraktionsvorsitzende der Linken, Kristina Vogt, hatte diesmal aber ein | |
Verbot der Veranstaltung gefordert: „Wenn jemand rechtsextreme Bezüge hat, | |
muss man sich schon die Frage stellen, ob eine solche Veranstaltung hier | |
geht“, so Vogt mit Blick auf Podiumsgast Benedikt Kaiser. | |
Die [2][im Vorfeld] bekannte [3][rechte Biografie Benedikt Kaisers] | |
([4][siehe taz- Interview]), gab laut Bürgerschaft jedoch keine | |
„ausreichenden Hinweise“ für ein Verbot der Veranstaltung. Besonders | |
schwierig findet Vogt jedoch die Einlasskontrolle durch Teske: „Dieser | |
‚Saalschutz‘ erinnert an düstere Zeiten unserer Geschichte. Wer AfD wählt, | |
wählt wissentlich Nazis“, so Vogt. | |
Zur Türpolitik der AfD sagt Dorothee Krumpipe, Sprecherin der Bürgerschaft: | |
„Die AfD-Bundestagsfraktion hatte ihre eigenen Gäste eingeladen.“ Die | |
Bürgerschaft habe trotz Aufforderung aber von der AfD keine Gästeliste | |
bekommen. | |
„Deswegen war Teske am Besuchereingang und hat die Leute identifiziert“, so | |
Krumpipe. Das Hausrecht hätte dennoch zu jedem Zeitpunkt bei der | |
Bürgerschaft gelegen. „Teske durfte auf keinen Fall entscheiden, wer nicht | |
reinkommt“, so Krumpipe. Aus Sicht des Reporters und vieler Anwesender war | |
das vor Ort anders. | |
## Kein Zutritt für Linken-Abgeordnete | |
Dass die AfD tatsächlich gerne Saalschutz gespielt hätte, wurde vor Ort | |
klar: Während der Veranstaltung sagte Teske zu einem Glatzkopf, der in | |
Türsteher-Manier im Eingang stand: „Die kommt hier nicht wieder rein … wir | |
sind voll.“ Gemeint war damit Vogt, die kurz zuvor den Raum verlassen | |
hatte. Als Abgeordnete hätte sie selbstverständlich Zutritt gehabt – und | |
auch Sitzplätze wären da noch vorhanden gewesen. Aber aus „Gründen der | |
Psychohygiene“ wollte Vogt ohnehin nicht wieder rein. | |
Sie hat verpasst, wie der kulturpolitische Sprecher der AfD, Marc Jongen, | |
vom „gesteuerten“ Experiment fabulierte, ethnisch „homogene“ Staaten zu | |
multiethnischen zu machen und rassistische Bedrohungsszenarien an die Wand | |
warf: „Der Fortbestand des Volkes ist nicht mehr gesichert“, sagte er. Das | |
war der Moment, als Bürgerschaftsdirektor von Wachter reingrätschte und | |
sagte: „Das ist jetzt zu rassistisch für unsere Hausordnung.“ Robert Teske | |
und Konsorten reagierten darauf mit Gelächter und höhnischem Beifall. | |
Wegen der Hausordnung wollte Jongen dann auch nicht sagen, wer denn nun die | |
„kulturhegemonialen Eliten“ seien, welche den Bevölkerungsaustausch | |
„gezielt steuerten“. Die Anwesenden hatten natürlich trotzdem eine Ahnung, | |
wer gemeint war. Jongen gab noch an die Hand, dass man immer die Frage „Cui | |
bono?“ stellen müsse – Lateinisch für „Wem nützt es?“. Aber ein Fan … | |
Verschwörungstheorien sei er nicht. | |
Politologe Patzelt forderte zwar, die AfD müsse „gewisse demagogische | |
Lautsprecher“ in der Partei abstellen, hakte aber nicht ein, als Jongen und | |
Kaiser eine gewisse „völkische Homogenität“ als „Basis der Demokratie“ | |
einforderten. | |
Und so klingt dann auch der Schlusssatz von Frank Magnitz wie eine durchaus | |
ernstgemeinte Drohung: „Wir werden ganz schnell andere Verhältnisse | |
schaffen.“ | |
26 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Innenminister-kuendigt-Beobachtung-an/!5529860 | |
[2] /Volkmar-Woelk-ueber-Podiumsgaeste-der-AfD/!5545835 | |
[3] https://twitter.com/naziwatchemnitz/status/1019854008553439233 | |
[4] /Volkmar-Woelk-ueber-Podiumsgaeste-der-AfD/!5545835 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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