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# taz.de -- AfD Bremen verklagt sich selbst: Führerprinzip greift noch nicht
> In Ungnade gefallene Mitglieder der AfD klagen gegen den Landesvorstand
> um Frank Magnitz. Dabei treten Demokratiedefizite offen zutage.
Bild: Zu Demokratie gehört Öffentlichkeit: Frank Magnitz, AfD-Landesvorstand …
Bremen taz | Gleich sieben Verfahren mit AfD-Beteiligung laufen derzeit
beim Landgericht Bremen. Das bestätigte ein Sprecher des Landgerichts der
taz. Mal sei die Partei beklagt, mal selbst Klägerin, mal beigeordnet.
Allein in dieser Woche wird vor der Zivilkammer in drei verschiedenen
Verfahren verhandelt, bei denen sich die AfD mit internen
Rechtsstreitigkeiten rumschlägt.
Am Montag und am Dienstag ging es um wahrscheinlich rechtswidrige
Parteiausschlussverfahren, am Donnerstag (9:15 Uhr, Saal 117) klagt die AfD
auf Unterlassung einer Äußerung eines unliebsamen Mitglieds, das gesagt
hatte, dass die Partei mit Personen zusammenarbeite, die vom
Verfassungsschutz beobachtet werden.
Am Dienstagnachmittag, als es um zwei Parteiauschlussverfahren geht, stehen
einige Herren mit überwiegend schütterem weißen Haar vor dem Gerichtssaal
115. In kleinen Grüppchen warten sie auf Einlass in den Gerichtssaal. Fast
alle bekannten Gesichter der AfD Bremen sind da: Frank Magnitz, der im
Bundestag sitzt und Landesvorstand ist, sein Stellvertreter Thomas
Jürgewitz, aber auch [1][Gerald Höns] warten auf Einlass.
Auf der Gegenseite: der [2][aufmüpfige Kreisverband Mitte-West], der mitten
im Bundestagswahlkampf 2017 die Fahnen gestrichen hat, weil ihnen die AfD
mittlerweile zu weit rechtsaußen gewesen war und der
Bürgerschaftsabgeordnete [3][Alexander Tassis] zudem der rechtsextremen
Identitären Bewegung zu nahe stehe. In Folge klagten mehrere Mitglieder
gegen ihren Landesvorstand und dessen Beschluss, sie auszuschließen und
ihrer Ämter zu entheben. Ihre Namen: Peter Scharlau und Heinrich Rauch.
In einem weiteren Verfahren wiederum klagt die AfD auf Unterlassung gegen
den [4][inzwischen ausgetretenen] Frank Regener, der unter anderem gesagt
hatte, dass er es als unerträglich empfinde, [5][“dass sich der
Landesvorstand mit Gruppierungen gemein macht, die vom Verfassungsschutz
als demokratiefeindlich eingestuft werden.“]
## Gegenseite nicht gehört
Richtig lange dauert die Güteverhandlung bezüglich der Ausschlussverfahren
an diesem Dienstag nicht: Die Rechtslage ist einigermaßen eindeutig, wie
das Gericht vor allem dem AfD-Landesvorstand klarmachen muss. Man müsse
sich bei Parteiordnungs- oder Ausschlussverfahren an gewisse Formalia
halten und auch die Gegenseite anhören. Das aber habe der Landesvorstand
einfach ignoriert. Das Gericht attestiert der Klage gute Erfolgsaussichten.
Der vorsitzende Richter Andreas Helberg wies darauf hin, dass das
Rechtsverständnis des AfD-Landesvorsitzenden Frank Magnitz nicht „dem guten
deutschen Grundsatz des rechtlichen Gehörs“ entspreche. In dem umstrittenen
Beschluss, aus dem der Richter zitiert, wurde die AfD-Parteiführung überaus
deutlich: Der Ausschluss sei beschlossen, mit sofortiger Wirkung dürfe
keiner der Betroffenen Mitgliedsrechte ausüben oder an Parteitagen
teilnehmen.
Scharlau und Rauch legten Widerspruch ein und beantragten für den Parteitag
im Dezember 2017 erfolgreich eine einstweilige Verfügung, weil sie ihren
sofortigen Ausschluss für rechtswidrig hielten. Das sah auch das damals
zuständige Gericht so, die unliebsamen Mitglieder durften teilnehmen.
Auch bei der heutigen Güteverhandlung wird klar: Schon über grundlegende
Formalia hat sich die AfD-Führung hinweggesetzt: Sie hätte die
ausgeschlossenen Mitglieder informieren, Ordnungsmaßnahmen schriftlich
begründen, sich zudem zu dem Widerspruch verhalten müssen – all dies aber
taten Magnitz und Kameraden nicht.
## Urteil fällt wohl zu Ungunsten der Parteiführung aus
Die Prozessstrategie des Landesvorstands wirkt konfus bis unverständlich.
Eine gute dreiviertel Stunde erklärte der vorsitzende Richter dem
Landesvorstand, wie der deutsche Rechtsstaat funktioniert. Den Großteil
davon nahmen die Beklagten schweigend zur Kenntnis.
Erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung hat sich der Landesvorstand
gegenüber dem Gericht geäußert. Man sei sich bewusst, dass die
Ordnungsmaßnahmen nicht standhalten würden. Deswegen habe man die
betroffenen Mitglieder ja auch per Rundschreiben zum Parteitag im Dezember
eingeladen. Warum er dann nicht die Ordnungsmaßnahmen widerrufen habe, die
Frage des Gerichts kann Magnitz nicht beantworten. Wie aus Trotz besteht er
am Ende der Verhandlung darauf, ein schriftliches Urteil zu bekommen –
obwohl die drei Richter mehrfach klar durchscheinen lassen, dass dieses
wohl nur zu Ungunsten der Parteiführung ausfallen könne.
Einer der Kläger, Peter Scharlau, gibt sich nach der gescheiterten
Güteverhandlung zuversichtlich. Man könne den Rechtsaußen in der AfD nicht
einfach so kampflos das Feld überlassen, sagt er. Warum er noch etwas mit
der Partei zu tun haben wolle? „Ich will mich einklagen, weil ich
Kassenwart war. Ich will in meine Funktion zurückkommen und sehen, wofür
die Rechtsaußen Geld ausgegeben haben.“ Alles Weitere werde man dann sehen.
*In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass Frank Regener
ebenfalls gegen sein Ausschlussverfahren klagt. Er streitet sich mit der
AfD vor Gericht allerdings wegen einer von ihm getätigten Äußerung. Das
wurde in dem Artikel berichtigt und ergänzt. Gegenüber der taz sagte Frank
Regener, er hätte nicht gegen seinen Parteiausschluss geklagt, weil er
nicht weiter Mitglieder dieser Partei sein wolle.
17 Oct 2018
## LINKS
[1] https://afdwatchbremen.com/gerald-hoens-beirat-walle/
[2] /!5454810/
[3] /AfD-Abgeordneter-sympathisiert-mit-IB/!5446922
[4] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-frank-regener-schm…
[5] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-zoff-in-der-bremer…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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