| # taz.de -- Studie zu Übergriffen in Deutschland: Gewalt gegen JournalistInnen… | |
| > Die Zahl der Angriffe auf JournalistInnen ist erstmals seit drei Jahren | |
| > wieder gestiegen. Fast alle Gewalttaten geschehen im Umfeld rechter | |
| > Demos. | |
| Bild: In Chemnitz wurden zuletzt zehn Übergriffe auf JournalistInnen registrie… | |
| Berlin taz | Bis Mitte September wurden im Jahr 2018 in Deutschland bereits | |
| 22 tätliche Übergriffe auf JournalistInnen verzeichnet. Dies zeigt [1][eine | |
| am Donnerstag veröffentlichte Studie des European Centre For Press & Media | |
| Freedom] (ECPMF). Gewalt gegen JournalistInnen hat demnach in Deutschland | |
| in diesem Jahr deutlich zugenommen. Fast alle Gewalttaten sind im Umfeld | |
| rechter Kundgebungen und Demonstrationen geschehen, allein zehn im Rahmen | |
| der rechten Versammlungen in Chemnitz ab Ende August. | |
| Erfasste Gewalttaten umfassen unter anderem das Schlagen, Treten und | |
| Bespucken von ReporterInnen oder Kameraleuten, vereinzelt wurden sogar | |
| Angriffe mit Gegenständen oder Waffen registriert. Laut ECPMF ist der | |
| Gewaltpegel damit so hoch wie seit 2015 nicht mehr. Dass er | |
| zwischenzeitlich abgenommen hatte, sei allerdings nicht auf ein gemindertes | |
| Aggressionspotential gegen JournalistInnen zurückzuführen, sondern auf den | |
| quantitativen Rückgang von rechten Versammlungen in den Jahren 2017 und | |
| 2018. | |
| Durchgeführt wurde die Studie von der Politikwissenschaftlerin Pauline | |
| Betche und dem Medienwissenschaftler Martin Hoffmann. „Ein zentrales | |
| Ergebnis des Reports ist, dass die Grenzen zwischen sogenannten ‚besorgten | |
| Bürgern‘, Rechtspopulisten und Neonazis verschwimmen. Die Hetze gegen die | |
| vermeintliche ‚Lügenpresse‘ eint die verschiedenen Gruppierungen – und i… | |
| gerade deshalb so gefährlich“, sagt Hoffmann. | |
| Überdurchschnittlich oft wurden JournalistInnen attackiert, die | |
| fotografierten, filmten oder Kameras bei sich trugen. „Ursache dafür ist, | |
| dass Journalisten meist erst durch ihre Kamera als solche identifizierbar | |
| sind“, heißt es dazu in der Studie. Einige der rechtsextremen Szene | |
| bekannten FachjournalistInnen wurden in den letzten Jahren gar wiederholt | |
| Opfer rechter Gewalttaten. | |
| ## Schutz durch Polizei gefordert | |
| [2][In Sachsen arbeitende JournalistInnen] waren laut der Studie am | |
| stärksten von gewalttätigen Übergriffen betroffen. Dort wurden 13 Angriffe | |
| registriert, vier in Sachsen-Anhalt, zwei in Thüringen und jeweils einer in | |
| Brandenburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Die Statistik des | |
| Bundeskriminalamts zu angegriffenen JournalistInnen weicht von jener des | |
| ECPMF ab – in beiden sind Fälle enthalten, die in der jeweils anderen | |
| Übersicht fehlen. Auch die jetzt präsentierte ECPMF-Studie bietet demnach | |
| keine Vollständigkeit. | |
| Anlässlich der Veröffentlichung der Studie forderte das ECPMF, dass die | |
| Sicherheitsbehörden aller Bundesländer bei rechten Versammlungen | |
| ausreichend Polizeikräfte zur Absicherung der Medienarbeit bereitstellen. | |
| „Die Polizei muss gut geschult sein, damit sie nicht von | |
| Demonstrationsteilnehmern instrumentalisiert werden kann“, sagte Lutz | |
| Kinkel, Geschäftsführer des ECPMF. „Die Pressefreiheit ist nicht nur hinter | |
| dem Ural in Gefahr. Sondern auch hier, bei uns in Deutschland.“ | |
| Unterstützung kommt vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). „Die | |
| ECPMF-Studie ist eine alarmierende Bestätigung dafür, dass es in den | |
| schlechtesten Kreisen der Gesellschaft inzwischen zum guten Ton gehört, | |
| Gewalt gegen Journalisten anzuwenden“, sagt der DJV-Bundesvorsitzende Frank | |
| Überall zur taz. „Das unterstreicht ein weiteres Mal unsere Forderung nach | |
| einem besseren und wirksamen Schutz der Kollegen durch die Polizei.“ | |
| Unabhängig von der Veröffentlichung der Studie nahm der Innenminister von | |
| Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht, am Mittwoch [3][an einer Sitzung des | |
| Deutschen Presserats] teil, um über den Anspruch von JournalistInnen auf | |
| Schutz durch die Polizei zu sprechen. „Die Pressefreiheit gilt immer und | |
| überall. Die Polizei sollte Journalisten, wenn es die Lage erforderlich | |
| macht, bei Ausübung ihres Berufs schützen, denn ihre Arbeit ist ein | |
| unverzichtbarer Bestandteil der Demokratie“, sagte Stahlknecht, der auch | |
| Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist. | |
| ## „Praktizierter Verfassungsschutz“ | |
| „Es ist unerträglich, dass immer mehr Journalisten ihr verbrieftes Recht | |
| auf Pressefreiheit nur unter Hinzuziehung privater Personenschützer ausüben | |
| können“, so der Sprecher des Presserats, Volker Stennei. Der Presserat | |
| verabschiedete anlässlich der jüngsten Ereignisse in Chemnitz zudem eine | |
| Erklärung zum Verhältnis zwischen Presse und Polizei. | |
| Darin wird der Schutz von JournalistInnen durch die Sicherheitsbehörden als | |
| „praktizierter Verfassungsschutz“ bezeichnet. „Das Recht auf ungehinderte | |
| Beobachtung ist kein Anspruch, den journalistische Medien gegen den Staat | |
| durchsetzen müssen. Es ist vielmehr ein verfassungsmäßiger Anspruch, dessen | |
| Umsetzung auch zu den Aufgaben des Staates gehört“, heißt es weiter. | |
| Die ECPMF-Studie erfasst Angriffe auf Journalisten, die während ihrer | |
| Tätigkeit „aus politisch motivierten Gründen“ angegriffen werden, der | |
| Übergriff also in Verbindung „mit dem übergeordneten Feindbild Medien“ | |
| steht. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, wurden Verfolgungen oder | |
| Bedrängungen ohne den Einsatz physischer Gewalt genau so wenig erfasst, wie | |
| beispielsweise der Angriff auf ein SpiegelTV-Team während der Dreharbeiten | |
| zu einer kriminellen Großfamilie in Berlin, da dort kein ideologisch | |
| motiviertes Motiv zu erkennen gewesen sei. | |
| 20 Sep 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://mailchi.mp/ecpmf/ecpmf-report-welle-der-gewalt-gegen-journalisten-i… | |
| [2] https://www.dw.com/de/gewalt-gegen-journalisten-wenn-twittern-zum-sicherhei… | |
| [3] https://www.presserat.de/fileadmin/user_upload/PM/Pressemitteilung_DPR_Plen… | |
| ## AUTOREN | |
| Frederik Schindler | |
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