| # taz.de -- AfD-Diskussion zu Öffentlich-Rechtlichen: Freundlich kaschierte An… | |
| > Zum ersten Mal diskutierten am Donnerstag die Chefredakteure von ARD und | |
| > ZDF öffentlich mit der AfD – und blieben meilenweit auseinander. | |
| Bild: ZDF-Chefredakteur Peter Frey und Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktue… | |
| Umarmungen am Schluss blieben aus. Aber es gab für alle Podiumsteilnehmer | |
| sächsischen Wein, und CDU-Überläufer Maximilian Krah konstatierte für den | |
| AfD-Kreisverband Dresden eine „einmalige Diskussion mit einem breiten | |
| Meinungsspektrum“. Die beiden Chefredakteure von ARD aktuell und ZDF hätten | |
| mit ihrem Erscheinen Mut bewiesen, und der Abend habe „der Freiheit eine | |
| Gasse geschlagen“, zitierte Krah ein patriotisch-nekromanisches Lied von | |
| Georg Herwegh. Alle hatten ein bisschen Kreide gefressen, wie der ehemalige | |
| Focus-Journalist und gegenwärtige Gauland-Mitarbeiter Michael Klonovsky | |
| bekannte. | |
| Denn es galt bei einer so viel beachteten [1][Mediendiskussion] eine | |
| zivilisierte Form zu wahren – was auch gelang und von der AfD als Erfolg | |
| gefeiert wurde. „Nicht mal eine Gegendemo“, schien man im Dresdner | |
| Kreisverband unter Entzugserscheinungen zu leiden. Unter rund 300 Besuchern | |
| in einem Saal der Messe Dresden wurden allein 70 Journalisten gezählt, | |
| darunter sogar ein Korrespondent der Washington Post. | |
| Außer diesen waren nicht nur AfD-Anhänger im Saal. Die zwei Drittel, die | |
| applaudierten oder in Hohngelächter ausbrachen, aber nicht schmähten, waren | |
| einmal mehr überwiegend Männer jenseits der Midlife-Crisis. U30-Teilnehmer | |
| konnte man nur vereinzelt entdecken. | |
| „Medien und Meinung“ war dieser Diskussionsabend über die Rolle der | |
| Öffentlich-Rechtlichen Medien überschrieben. Die ersten Statements von | |
| AfD-Seite, darunter vom ehemaligen Bild am Sonntag-Vizechef [2][Nicolaus | |
| Fest], unterstellten, dass statt strikter Neutralität Meinungen | |
| transportiert, gar volkspädagogische Absichten verfolgt würden. Und die | |
| gingen zu Lasten der AfD. „Verkantet“ nannte Fest das Verhältnis. Moderator | |
| Andreas Lombard sah den Journalismus „tendenziell links“ und damit im | |
| Widerspruch zu den Mehrheitsverhältnissen in der Bevölkerung. | |
| ## Der bekannte Opfergestus | |
| Doch dieser Opfergestus medialer Diskriminierung ließ sich nicht halten. | |
| ZDF-Chefredakteur Peter Frey wartete mit einer [3][eigenen Statistik] aus | |
| der Bundestagsberichterstattung auf, nach der die AfD in | |
| Nachrichtensendungen wie „heute“ unter allen Oppositionsparteien am zweit | |
| häufigsten nach den Grünen genannt werden. | |
| Tagesschau- und Tagesthemen-Chefredakteur Kain Gniffke geriet beim Versuch, | |
| sich konzilianter zu zeigen, auf eine Ölspur. Die junge AfD müsse sich erst | |
| finden und in der Medienarbeit professioneller werden, und außerdem fänden | |
| sich wegen partieller Redeverbote nicht immer AfD-Ansprechpartner. Doch | |
| statt Beifall erntete Gniffke Gelächter. | |
| Ein Eigentor schoss allerdings auch die AfD. Kritiker Klonovsky konnte bei | |
| seiner Klage über die angeblich einseitige Zitierung linker | |
| Gegendemonstranten in Chemnitz eigentlich nur froh sein, dass die Hassreden | |
| und Umsturzaufrufe der Redner von „Pro Chemnitz“ nicht ausreichend filmisch | |
| dokumentiert wurden. Aufforderungen, zwischen rechts und rechtsextrem zu | |
| unterscheiden, konterte Peter Frey für das ZDF mit dem lapidaren Satz: „Sie | |
| müssen entscheiden, mit wem Sie marschieren“. | |
| Wieder war sein Kollege Gniffke um mehr Entgegenkommen gegenüber den | |
| Gastgebern bemüht. „Nicht jeder, der zu Pegida geht, ist ein Nazi“, | |
| verkündete er, offensichtlich ohne zu wissen, wie Pegida sich in den | |
| vergangenen beiden Jahren radikalisiert hat. | |
| ## „Armleuchter“ überall | |
| Deutlich traten beide jedoch Unterstellungen entgegen, das | |
| gebührenfinanzierte Fernsehen [4][spiele Morde wie der an der Freiburger | |
| Studentin herunter], weil sie von Flüchtlingen begangen wurden. Man könne | |
| nur nicht täglich Verbrechen aus den Regionen in der Tagesschau erwähnen, | |
| sagte Gniffke. In allen hier lebenden Bevölkerungsgruppen gäbe es auch | |
| „Armleuchter“ und eben Verbrecher, man bevorzuge keine Tätergruppen. | |
| Überhaupt wandte er sich gegen Pauschalisierungen. Das wollte das Publikum | |
| offensichtlich anders hören, für das die kriminelle Hauptgefahr von | |
| Ausländern ausgeht. | |
| Umgegekehrt outeten sich viele anwesende AfD-Anhänger als Fans von Donald | |
| Trump. Der Vorwurf, der arme und schüchterne US-Präsident werde von | |
| deutschen Medien so schlecht behandelt, zauberte nun wieder ein verhaltenes | |
| Lächeln auf die Gesichter der sonst schwer unter Druck stehenden | |
| Chefredakteure. | |
| Die verwiesen nochmals auf ihr Handwerk, beispielsweise auf die Trennung | |
| von Bericht und Kommentar und die Pflicht zur Anhörung aller Seiten. Bei | |
| dessen Ausübung könnten allerdings wie überall Fehler passieren könnten. | |
| Gniffke nahm sogar den Wunsch nach Vorab-Berichterstattung über den „Global | |
| Compact on Refugees“ der UNO auf, dessen geplante Verabschiedung am | |
| 11.Dezember die AfD verängstigt. | |
| Auf offene Ohren stieß auch Kritik an Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die | |
| Zwischentöne etwa zwischen „Gender“ und „Homophobie“ vermissen ließen. | |
| Gniffke und Frey verlangten allerdings auch Respekt vor den | |
| Berichterstattern, während das Publikum Hinweise auf die [5][Übergriffe | |
| gegen Journalisten] auslachte. | |
| ## Das Misstrauen blieb | |
| Der faire Verlauf der reichlich zweistündigen Diskussion änderte an | |
| spürbaren Ressentiments gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen Medien und | |
| gegenüber Flüchtlingen nichts. Wenn ARD und ZDF denn nicht gleich zu | |
| liquidieren seien, sollten sie zumindest mehr AfD bringen, war | |
| gewissermaßen mit dem dritten Ohr herauszuhören. Sachsens | |
| Landesvorsitzender Jörg Urban kaschierte diesen Wunsch nicht einmal, als er | |
| eine “rechte Talk-Show“ mit Antaios-Verleger Götz Kubitschek als Moderator | |
| forderte. | |
| Das Misstrauen blieb. „Die sind nicht frei, die beiden“, tauschten auf dem | |
| Heimweg zwei ältere Damen ihre Verschwörungstheorien über die geheime | |
| Steuerung unserer Medien aus. | |
| 26 Oct 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Oeffentlich-rechtliche-Medien-und-rechts/!5530875 | |
| [2] /Neuzugang-bei-den-Rechtspopulisten/!5346387 | |
| [3] https://twitter.com/der_rosenkranz/status/1055519694243946496 | |
| [4] /Medienkritik-zum-Mord-in-Freiburg/!5360030 | |
| [5] /Studie-zu-Uebergriffen-in-Deutschland/!5537253 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Bartsch | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt AfD | |
| ZDF | |
| ARD | |
| Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk | |
| Podiumsdiskussion | |
| Kai Gniffke | |
| Schwerpunkt Pressefreiheit | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Freiburg | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kolumne Flimmern und Rauschen: Die Qual der Wahl | |
| Der SWR, das gerne mal unterschätzte ARD-Schwergewicht im Südwesten, wählt | |
| eineN neueN IntendantIn. Kai Gniffke und Stefanie Schneider treten an. | |
| Studie zu Übergriffen in Deutschland: Gewalt gegen JournalistInnen steigt | |
| Die Zahl der Angriffe auf JournalistInnen ist erstmals seit drei Jahren | |
| wieder gestiegen. Fast alle Gewalttaten geschehen im Umfeld rechter Demos. | |
| Öffentlich-rechtliche Medien und rechts: AfD sucht das Gespräch | |
| Die AfD hat die Chefredakteure von ZDF und „Tagesschau“ zu einer | |
| Podiumsdiskussion nach Dresden eingeladen. Die beiden kommen. | |
| Berichterstattung zur AfD: Alltag einer Wanderdüne | |
| Seit gut 100 Tagen ist die AfD die stärkste Oppositionspartei im Bundestag. | |
| Journalist*innen suchen noch nach dem richtigen Umgang mit ihr. | |
| Berichterstattung zum Totschlag in Kandel: Null Relevanz von Einzelfällen | |
| Nach Kandel wird Medien Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen vorgeworfen. | |
| Aber das Betrauern Einzelner ist nicht Aufgabe der Presse. | |
| Medienkritik zum Mord in Freiburg: Ein Thema, das keins sein sollte | |
| Politiker bewerten die Berichterstattung über den Mord in Freiburg. Das ist | |
| fatal und spielt den Rechtspopulisten in die Hände. |