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# taz.de -- Medienkritik zum Mord in Freiburg: Ein Thema, das keins sein sollte
> Politiker bewerten die Berichterstattung über den Mord in Freiburg. Das
> ist fatal und spielt den Rechtspopulisten in die Hände.
Bild: Freiburg trauert um die ermordete Studentin, Politiker diskutieren die Be…
Freiburg ist das neue Köln. Zumindest medienethisch gesehen. Denn die
Diskussion, die Anfang des Jahres über die Gewalt in der Silvesternacht in
Köln geführt wurde, geht nun weiter am Beispiel von Freiburg.
Dort wurde am vergangenen Wochenende ein 17-jähriger Afghane festgenommen,
der verdächtigt wird, eine Studentin vergewaltigt und ermordet zu haben.
Einige Medien berichteten, die ARD hingegen in der „Tagesschau“ am Samstag
erst einmal nicht. Das sorgt seitdem für Debatten. In den sozialen Medien
fanden sich schnell die ersten „Lügenpresse“-Schreier zusammen, die der ARD
unterstellten, sie würde die Tat verschweigen. Die „Tagesschau“-Redaktion
reagierte erst bei Facebook, später erklärte „ARD-Aktuell“-Chef Kai Gniff…
in [1][einem Blogbeitrag], warum die ARD erst nicht berichtete: Es fehle
die überregionale Relevanz, die „Tagesschau“ berichte generell selten über
Morde. Am Montagabend hob „Tagesthemen“-Anchorman Ingo Zamperoni die
Debatte schließlich [2][doch in seine Sendung]. So wurde ein Thema, das
eigentlich keins sein sollte, zu einem, bei dem Verschwörungstheorien und
ein fehlgeleiteter journalistischer Kompass durcheinandergeraten sind.
Das wissen auch einige Politiker für sich zu nutzen. Der Vorsitzende des
Innenausschusses im Bundestag zum Beispiel, Ansgar Heveling (CDU),
beurteilte die Entscheidung der ARD, am Samstag nicht zu berichten, für
falsch. Sie erwecke den Eindruck, man wolle nicht berichten, weil der
Festgenommene ein unbegleiteter minderjähriger Asylbewerber ist.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Montag in den „Tagesthemen“, es sei
klar zu benennen, wer tatverdächtig sei, ohne auf eine ganze Menschengruppe
zu schließen.
Der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Dörmann
fände die Kritik an der „Tagesschau“ verständlich, der Fall sei ein
„Grenzfall“. Doch das stimmt nicht. Der Fall war kein Grenz-, sondern ein
klarer Fall. Die „Tagesschau“ hat am Samstag nicht nicht berichtet, weil
sie den Mord verschweigen wollte. Wie viele andere seriöse Medien auch,
berichtet sie über Morde und Vergewaltigungen nur, wenn sie überregionale
Bedeutung haben.
## Niemand will Mord und Totschlag von deutschen Tätern
Würde die „Tagesschau“ über jede schwere Straftat in Deutschland berichte…
wäre die Sendung schnell voll mit Mord und Totschlag. Das will niemand
sehen, zumindest so lange wie die Täter Deutsche sind. Die Schreie nach
Berichterstattung kommen dann, vor allem aus der rechten Ecke, wenn die
Täter einen Migrationshintergrund haben. Dann auf einmal will man genau
wissen, wer der Böse ist. Das ist zynisch.
Und dann sind da natürlich noch die üblichen Verdächtigen. Die
Berichterstattung über den Sexualmord in Freiburg sei ein Beispiel dafür,
„dass nicht umfassend berichtet wird“, sagte Frauke Petry am Montag. Auch
das stimmt nicht.
Der Pressekodex, eine freiwillige Selbstverpflichtung von Journalisten,
besagt, dass die Herkunft eines Straftäters nicht genannt werden sollte,
wenn sie mit der Straftat nichts zu tun hat. Diese Regelung soll all jene
schützen, die der gleichen Nationalität angehören wie der Täter. Sie soll
nicht den Täter schützen. Dazu kommt: Der Freiburger Tatverdächtige ist
bislang auch nur das, ein Verdächtiger. Auch hier tragen Medien eine
Verantwortung.
Damit kein falsches Bild entsteht: Medienkritik ist wichtig. Im besten Fall
ist sie ein Korrektiv für Medien und deren Berichterstattung, denn auch die
sind fehlbar. Dass nun aber Politiker bewerten, wann, was und wie
Journalisten über den Mord in Freiburg hätten berichten sollen, ist fatal.
Es spielt denen in die Hände, die der Meinung sind, Journalisten seien von
oben gelenkt.
6 Dec 2016
## LINKS
[1] http://blog.tagesschau.de/2016/12/04/der-mordfall-von-freiburg/
[2] https://www.tagesschau.de/sendung/tagesthemen/
## AUTOREN
Anne Fromm
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