| # taz.de -- Vorwürfe gegen Göttinger Wissenschaftler: Überwachung oder Unsin… | |
| > Linke Aktivist*innen erteilen Mitarbeiter*innen des Göttinger Instituts | |
| > für Demokratieforschung Hausverbot. Es arbeite dem Verfassungsschutz zu. | |
| Bild: Nazimethoden finden alle doof – aber zimperlich sind die Göttinger Lin… | |
| Hamburg taz | In Göttingen ist ein Streit zwischen linken Gruppen und dem | |
| dort ansässigen Institut für Demokratieforschung (IfD) entbrannt. In einer | |
| E-Mail erteilt ein Zusammenschluss aus Göttinger Aktivist*innen | |
| Mitarbeitern des Instituts in ihren Räumlichkeiten Hausverbot; dies hat er | |
| in einer gemeinsamen Erklärung öffentlich gemacht. | |
| Der Vorwurf gegen die Wissenschaftler*innen lautet, dass sie dem | |
| Niedersächsischen Verfassungsschutz Informationen zur Verfügung gestellt | |
| haben sollen. Außerdem sollen sie linke Gruppen im Jugendzentrum | |
| Innenstadt, Juzi, ausspioniert haben. Besonders scharf kritisieren die | |
| Aktivist*innen die Nähe des Instituts zur Forschungs- und | |
| Dokumentationsstelle zur Analyse politischer und religiöser Extremisten in | |
| Niedersachsen (Fodex). | |
| Die Forschungsstelle arbeite mit dem niedersächsischen Verfassungsschutz | |
| zusammen und gelange, so die Kritik, dadurch zu Erkenntnissen zu linken | |
| Strukturen in Göttingen. Die Forschungs- und Dokumentationsstelle wird vom | |
| niedersächsischen Innenministerium unterhalten, was den Verdacht der | |
| Einflussnahme nur verstärke, sagen die Aktivist*innen. | |
| Auf dem linken Portal „Indymedia“ ist vor einigen Wochen ein Bild | |
| aufgetaucht, auf dem Mitarbeiter*innen des Instituts mit Klarnamen und | |
| Fotos aufgelistet worden sind. Die Initiative der Aktivist*innen „no ifd“ | |
| bestreitet jedoch, dieses Bild verbreitet zu haben. Ein Sprecher beteuert: | |
| „Dieses Plakat ist nicht von uns, nicht Teil unserer Kampagne und passt | |
| auch in keiner Art und Weise zu der von uns geäußerten Kritik.“ Das | |
| Jugendzentrum Innenstadt schreibt auf Anfrage, dass das Plakat mit | |
| Personenfotos politisch falsch sei, da es von der eigentlichen Kritik | |
| ablenke und stattdessen Einzelpersonen in den Fokus stelle. | |
| Für die geschäftsführende Leiterin des Instituts, Stine Marg, sind die | |
| Vorwürfe der Einflussnahme durch den niedersächsischen Verfassungsschutz | |
| auf das Institut für Demokratieforschung abwegig und ihrer Stellungnahme | |
| ist die Irritation anzumerken: „Sehr merkwürdig, dass sich unser Institut | |
| schon wieder positionieren soll zu hanebüchenen und immer gleichen | |
| Vorwürfen, wir würden dem VS zuarbeiten.“ Dies sei, so Marg, „der | |
| altbekannte Versuch, uns unsere Wissenschaftlichkeit abzusprechen“. Durch | |
| Wiederholung werde er nicht richtiger. | |
| Zudem stelle sich die Kritikergruppe falsch dar: Es sei „großspurig“, von | |
| einem Zusammenschluss linker Göttinger Gruppierungen zu sprechen: „In | |
| Wahrheit handelt es sich nur um eine Handvoll Aktivisten.“ Deren Vorgehen | |
| ist für Marg indiskutabel: Wer junge, „zumeist selbst linksstehende | |
| Wissenschaftler*innen“ mit Fotoplakaten oute „wie eine Nazi-Gruppe“, solle | |
| das eigene Verhalten diskutieren. | |
| Michael Lühmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bundesfachstelle „linke | |
| Militanz“ im Institut für Demokratieforschung, ist einer der auf dem Plakat | |
| Dargestellten. Er forscht zu antifaschistischen Gruppierungen in | |
| Ostdeutschland und publiziert außerdem zum Thema Rechtsextremismus und | |
| sieht sich zu unrecht von den Aktivist*innen in den Fokus genommen. „Ich | |
| habe keinerlei Kontakt zum Verfassungsschutz, im Gegenteil – ich schreibe | |
| seit Jahren gegen die Extremismus-Theorie an und setze mich sehr kritisch | |
| mit den Verfassungsschutzberichten auseinander.“ | |
| Dass er dennoch ins Visier der Göttinger Aktivist*innen gekommen ist, sei | |
| Unkenntnis und plumpe Ignoranz über die Arbeitszusammenhänge, sagt Lühmann. | |
| Dennoch findet er die Stellungnahme seiner Chefin für den Konflikt wenig | |
| hilfreich: „Ich weiß nicht, ob diese harten Worte in Richtung der | |
| Aktivist*innen klug gewählt wurden.“ | |
| 28 Sep 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Yasemin Fusco | |
| ## TAGS | |
| Göttingen | |
| Demokratieforschung | |
| Linke Szene | |
| Verfassungsschutz | |
| Niedersachsen | |
| Autonome Szene | |
| SPD Hannover | |
| Krise der Demokratie | |
| Verfassungsschutz | |
| Extremismus | |
| Schwerpunkt Antifa | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
| Autonome Szene | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Studie über Hannovers linke Szene: Durch Einbindung eingehegt | |
| Eine Studie über Hannovers linksradikale Szene mutet brisant an. Etwaige | |
| Militanz entdeckt sie jedoch nicht, sondern eher das Gegenteil. | |
| Soziologe über Niedersachsens Demokratie: „Nicht verhandelbare Kernpunkte“ | |
| Eine Studie stellt in Niedersachsen eine hohe Affinität zu | |
| Verschwörungstheorien fest. Motor für den Rechtsruck sei das Land aber | |
| nicht. | |
| Rechtswidrige Überwachung: Totaler Kontrollverlust | |
| Abgesegnet vom Parlament, hat der Hamburger Verfassungsschutz 2011 das | |
| Telefon eines Fans des FC St. Pauli abgehört und seine Post gelesen. | |
| Niedersachsen kürzt Mittel gegen Rechts: Linke und Rechte gleich schlimm | |
| Selbes Budget, mehr Aufgaben: Die GroKo in Niedersachsen erweitert das | |
| Programm gegen Rechtsextremismus um Linksextremismus und Islamismus. | |
| Datensammlung über linke Szene: Polizei gesteht Rechtsbruch ein | |
| Die Göttinger Polizei erkennt die Rechtswidrigkeit jahrelanger | |
| Datensammlung über linke Aktivist*innen an, umgeht damit aber eine | |
| Aufklärung. | |
| Anwalt über heimliches Datensammeln: „Das Ausmaß lässt sich erahnen“ | |
| Anwalt Sven Adam vertritt Betroffene, über die der Staatsschutz wohl | |
| illegal Daten gesammelt hat. Daran, dass die gelöscht wurden, hat er | |
| Zweifel. | |
| Göttinger Forschung zu linker Militanz: Der kommende Aufsatz | |
| Die Uni Göttingen will „Linksextremismus“ erforschen. Die autonome Szene | |
| aber will das nicht. Sie befürchtet eine Einmischung des Staates. |