| # taz.de -- Niedersachsen kürzt Mittel gegen Rechts: Linke und Rechte gleich s… | |
| > Selbes Budget, mehr Aufgaben: Die GroKo in Niedersachsen erweitert das | |
| > Programm gegen Rechtsextremismus um Linksextremismus und Islamismus. | |
| Bild: Gilt das schon als Extremismus? Niedersachsen Ministerpräsident Stephan … | |
| Hamburg taz | Die Niedersächsische Landesregierung will ihr Programm gegen | |
| Rechtsextremismus ausweiten: auf Islamismus und Linksextremismus. Zukünftig | |
| solle „allen Formen des Extremismus“ entgegengewirkt werden, teilt das von | |
| Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) geführte Kabinett von SPD und CDU mit. | |
| „Mehr Aufgaben, aber keine zusätzlichen Gelder“, merkt die Grüne | |
| Landtagsabgeordnete Julia Hamburg an. Mit dem Beschluss werde letztlich das | |
| Geld für die Präventionsarbeit für Demokratie und gegen Rechtsextremismus | |
| gekürzt. Es handele sich um einen politischen Beschluss „mit der falschen | |
| Botschaft zur falschen Zeit“. | |
| Das „Landesprogramm gegen Rechtsextremismus – für Demokratie und | |
| Menschenrechtler“ war im Jahr 2016 von der Rot-Grünen Landesregierung und | |
| vom Parlament als unbefristete ressortübergreifende Maßnahme beschlossen | |
| worden. Die Abgeordneten legten ein Budget von jährlich rund 1,4 Millionen | |
| Euro fest. | |
| Ein Erfolg, sagt Hamburg, auch weil der Beschluss überfraktionell gefasst | |
| worden war. An dem Programm, das auch mit Bundesmitteln gegen | |
| Rechtsextremismus getragen wird, sind das niedersächsische | |
| Justizministerium, das Sozialministerium, das Kultusministerium, das | |
| Ministerium für Wissenschaft und Kultur, das Ministerium für Inneres und | |
| Sport unter Mitwirkung des Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamtes, | |
| sowie die Landeszentrale für politische Bildung beteiligt. Die | |
| Koordinierung obliegt dem Landespräventionsrat im Justizministerium. | |
| ## Warum soll Prävention gegen Rechts etwas Besonderes sein? | |
| Nach der neuen Beschlusslage soll künftig die Prävention des Antisemitismus | |
| und Linksextremismus „stärker systematisiert und strukturell verstetigt“ | |
| werden, teilt das Kabinett mit. Die seit 2016 bestehende Kompetenzstelle | |
| Islamismusprävention soll zum „Landesprogramm gegen Islamismus“ ausgebaut | |
| werden. | |
| Kritik an der Ausweitung des Landesprogramms möchte Jens Nacke, CDU, nicht | |
| gelten lassen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion | |
| postete auf Facebook erfreut: „Wir begrüßen, dass das Landesprogramm gegen | |
| Rechtsextremismus nun erstmals auf alle Formen des politischen und | |
| religiösen Fanatismus ausgeweitet wird.“ Seit Jahren schon habe sich die | |
| CDU genau dafür stark gemacht. „Wir dulden keinen Extremismus, egal, aus | |
| welcher Richtung“, schreibt Nacke. | |
| Auf Nachfragen der taz erklärt der CDU-Politiker, er habe noch nie | |
| nachvollziehen können, warum die Präventionsarbeit gegen Rechts besonders | |
| sein sollte. Vielmehr müsse jeglicher Extremismus besondere Aufmerksamkeit | |
| erfahren. Dass die Erweiterung des Programms wie ein Signal für die | |
| Relativierung der Gefahren des Rechtsextremismus wirken könnte, sieht er | |
| nicht so. „Dieser „Sichtweise kann ich nicht folgen“, sagt Nacke. | |
| Die Kritik der Grünen-Abgeordneten Hamburg, dass mehr Aufgaben bei | |
| gleichbleibenden Mitteln eine faktische Kürzung bedeuten, scheint in der | |
| Landesregierung niemand zu teilen. In der Mitteilung über die Ausweitung | |
| der Aufgaben ist jedenfalls von keiner Erhöhung die Rede. | |
| ## Falscher und veralteter Ansatz | |
| Auch Justizministerium Barbara Havliza (CDU) scheint die Kürzung des Etats | |
| gegen Rechts nichts auszumachen. Den Beschluss kommentiert sie mit den | |
| Worten: „Bei der Entstehung von Extremismus und Radikalisierung zeigen sich | |
| immer wieder Parallelen.“ Deshalb sei es wichtig, dass „alle Formen des | |
| Extremismus“ gleichermaßen bekämpft werden. | |
| Hamburg hält den Ansatz, Rechts- und Linksextremismus gleichzusetzen, für | |
| falsch und veraltet. „Ich hoffte, wir wären inhaltlich weiter“, sagt sie. | |
| Die Motive, warum sich Menschen für eine Form des Extremismus entschieden | |
| oder hineinrutschten, seien unter- und vielschichtig. Der Ansatz ignoriere, | |
| dass es einen Unterschied mache, ob sich Menschen beispielsweise für die | |
| Rechte von Frauen und Homosexuelle einsetzten oder eben gegen sie. | |
| Es sei eben etwas grundlegend anderes, ob man für eine emanzipatorische | |
| oder für eine völkische Gemeinschaft kämpfe. Ebenso wenig könne man rechte | |
| und linke Aktionsformen miteinander gleichsetzen. Der Ansatz, der bei einer | |
| gleichgesetzten Erscheinungsform „der Extremisten“ stehen bleibe, könne | |
| kaum eine spezifische Ansprache für die Akteure eröffnen. | |
| Auch wegen der Entwicklungen des weit rechten Milieus im Lande sei der | |
| Beschluss für Hamburg nicht hinnehmbar. „Die Szene erstarkt“, sagt sie, | |
| „Konzerte und Aktionen von Rechten nehmen zu“. Die Radikalisierung des | |
| niedersächsischen AfD-Jugendverbands „Junge Alternative“ sei eines von | |
| vielen Indizien für diesen Trend. | |
| 17 Oct 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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