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# taz.de -- G7-Gipfel in Kanada endet mit Eklat: Trump stößt alle vor den Kopf
> Erst gab er seine Zustimmung zur Abschlusserklärung, nach der Abreise vom
> G7-Gipfel zog er sie dann zurück. Der US-Präsident sorgt für einen
> Affront.
Bild: Kurz bevor er zum Handy griff, um zu twittern: US-Präsident Donald Trump…
La Malbaie dpa/afp | Es ist ein beispielloser Eklat: Mit einem
nachträglichen Ausstieg aus der G7-Abschlusserklärung spaltet US-Präsident
Donald Trump die Gruppe großer Wirtschaftsmächte. Er begründete diesen
bisher einmaligen Schritt in der über 40-jährigen G7-Geschichte [1][auf
Twitter] mit der Haltung des kanadischen Gastgebers des Gipfels in La
Malbaie, Justin Trudeau, zu US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Trump
stürzt die Staatengruppe damit in eine ungewisse Zukunft.
Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte nach ihrer Ankunft in Berlin am
Sonntagmorgen zurückhaltend auf Trumps Entscheidung. Ein Regierungssprecher
teilte mit, Deutschland stehe zu dem gemeinsam vereinbarten Kommuniqué.
Unbeirrt zeigte sich auch die EU. „Wir halten an dem Kommuniqué fest, so
wie es von allen Teilnehmern vereinbart wurde“, sagte ein Sprecher von
EU-Ratspräsident Donald Tusk der Deutschen Presse-Agentur. Kanadas Premier
Trudeau ließ Trumps Anschuldigungen zurückweisen. Sein Büro erklärte: „Wir
konzentrieren uns darauf, was wir hier bei dem G7-Gipfel erreicht haben.“
Die USA und die sechs anderen G7-Staaten – darunter die wichtigsten
westlichen US-Verbündeten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und
Kanada – hatten sich bei dem Gipfel trotz tiefgreifender Differenzen bei
den Themen Handel und Klimaschutz in letzter Minute zu der achtseitigen
Abschlusserklärung durchgerungen.
Trump hatte die Partner aber bereits vorher düpiert, indem er fünf Stunden
vor dem Ende des Treffens zu seinem Treffen mit dem nordkoreanischen
Präsidenten Kim Jong Un nach Singapur abreiste. Dieser mit Spannung
erwartete Gipfel findet aber erst am Dienstag statt.
## Attacke auf Trudeau
Vom Flugzeug aus startete Trump seine Attacke auf Trudeau. Der hatte am
Samstag in seiner Abschluss-Pressekonferenz gesagt, die Strafzölle gegen
die EU und Kanada, die Trump mit der Wahrung der amerikanischen
Sicherheitsinteressen begründet, seien „etwas beleidigend“. Kanada werde
seinerseits die USA mit höheren Zöllen belegen. „Das machen wir nicht
gerne, aber wir werden es absolut machen, denn wir Kanadier sind freundlich
und vernünftig, aber wir lassen uns nicht herumkommandieren.“
Trump antwortete darauf auf [2][Twitter] und bezeichnete Trudeau als „sehr
unehrenhaften und schwachen“ Gastgeber: „Basierend auf den falschen
Aussagen von Justin (Trudeau) bei seiner Pressekonferenz und dem Fakt, dass
Kanada den amerikanischen Bauern, Arbeitern und Firmen massive Zölle
berechnet, habe ich unsere US-Unterhändler angewiesen, die
Abschlusserklärung nicht zu unterstützen, und wir werden uns Zölle auf
Autos anschauen, die den US-Markt fluten.“ Die Drohung zu den Autos dürfte
Deutschland als großer Exporteur besonders umtreiben.
Die Gipfelerklärung war erst nach einer Nachtsitzung und weiteren
Verhandlungen bis kurz vor Ende des Gipfels zustande gekommen. Die
Strafzölle kommen darin gar nicht vor. Aber es gibt eine Passage zum
Handel, in der es heißt: „Wir unterstreichen die zentrale Bedeutung eines
regelbasierten internationalen Handelssystems und kämpfen weiter gegen
Protektionismus.“ Der Kompromiss geht aber nicht wesentlich über
Gipfelformulierungen aus dem vergangenen Jahr hinaus.
Vor seinem Abflug hatte sich Trump trotz der tiefen Gräben im
transatlantischen Verhältnis noch zufrieden gezeigt. Der Gipfel sei
„ausgesprochen erfolgreich“ verlaufen. Das Verhältnis zu den anderen sechs
inklusive Trudeau bewertete er mit der Bestnote 10 auf einer Skala von 1
bis 10. „Das heißt aber nicht, dass ich mit allem einverstanden bin, was
sie tun“, fügte er vor allem mit Blick auf den Handelsstreit hinzu. Die
Europäische Union sei „brutal“ zu den USA. „Wir sind das Sparschwein, das
jeder plündert, und das hört jetzt auf.“
Kurz nach Gipfelende sagte der französische Staatschef Emmanuel Macron
noch, das Treffen habe zu einer „Beruhigung“ in der G7-Gruppe geführt. „…
Geist der Kooperation hat gewonnen.“ Vor dem Gipfel hatte er Trump noch
vorgeworfen, dieser wolle sich mit Alleingängen etwa bei Handel und Klima
isolieren und strebe eine Vormacht in der Welt an.
Merkel äußerte sich dagegen zurückhaltend. Sie verzichtete auf direkte
Kritik an Trump und sprach lediglich von „erkennbaren
Meinungsverschiedenheiten“. Sie schätze aber das „offene und direkte
Verhältnis“ mit dem US-Präsidenten.
In einer ganzen Reihe von Einzelfragen waren sich die großen
Wirtschaftsmächte einig: Gemeinsames Abwehrsystem gegen
Destabilisierungsversuche aus Ländern wie Russland oder China; Förderung
von Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern und Krisenregionen mit 4,7
Milliarden Euro; Unterstützung für Trumps Bemühungen für eine unumkehrbare
atomare Abrüstung der koreanischen Halbinsel.
Andererseits verlängerte sich die Liste der Streitfragen aber sogar noch.
Trump erweiterte sie mit dem Vorstoß, Russlands Präsident Wladimir
[3][Putin wieder in die Gruppe der großen Wirtschaftsmächte aufzunehmen].
Chancen auf Erfolg hat der Vorschlag nicht, weil ein solcher Beschluss nur
einstimmig fallen kann. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Kanada
sprachen sich offen dagegen aus, sollte es in der Ukraine keine
Fortschritte geben. Der neue italienische Premierminister Giuseppe Conte
ist allerdings dafür. Damit geht an dieser Stelle der Graben auch durch die
Europäische Union.
Wladimir Putin signalisierte unterdessen Bereitschaft zu einem Treffen mit
Trump. „Sobald die USA bereit sind, kann dieses Treffen stattfinden“, sagte
er am Sonntag bei einer Konferenz der Shanghaier Organisation für
Zusammenarbeit im ostchinesischen Qingdao. Putin betonte, er halte einen
Gipfel mit Trump für sinnvoll. Die Kritik der G7 an seinem Land tat er als
„kreatives Gelaber“ ab, das nun aufhören müsse. „Ich glaube, nun müsse…
uns den konkreten Fragen einer realen Zusammenarbeit zuwenden“, sagte
Putin.
Beim Klimaschutz stellte die G7 wie beim letzten Gipfel den Dissens
zwischen den USA und den anderen Mitgliedern fest – 6 plus 1 also. Trump
war aus dem Pariser UN-Klimaschutzabkommen ausgestiegen und hatte sich
damit weltweit isoliert.
## Gemeinsames Ziel: Iranische Atombombe verhindern
Auch bei einem anderen Umweltthema klinkte Trump sich aus – zusammen mit
Japan. Die anderen fünf verpflichteten sich darauf, bis 2030 die
vollständige Verwertung von Plastikmüll zu erreichen – vor allem, um ihn
aus den Ozeanen zu verbannen. In Europa fallen nach Angaben der
EU-Kommission jährlich rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an. Nur knapp
30 Prozent davon werden zur Wiederverwertung gesammelt, die übrigen 70
Prozent landen auf Müllkippen, in Verbrennungsanlagen oder eben in der
Umwelt.
Beim Streitthema Iran war das gemeinsame Ziel der Verhinderung einer
iranischen Atombombe in der Abschlusserklärung festgeschrieben worden. Der
Streit über den Weg dorthin findet aber dort keine Erwähnung. Die USA sind
aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen und wollen Teheran wieder
mit Sanktionen unter Druck setzen. Dagegen wollen die europäischen
Vertragsparteien Deutschland, Frankreich und Großbritannien die
Vereinbarung zusammen mit Russland und China unbedingt retten.
Der nächste G7-Gipfel soll im Sommer 2019 in Biarritz stattfinden. Das ist
jedenfalls die bisherige Planung. Welche Folgen der Eklat hat, ist aber
noch nicht absehbar.
10 Jun 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1005586152076689408
[2] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1005586152076689408
[3] /Vor-dem-G7-Gipfel/!5511782
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