# taz.de -- Gipfeltreffen Trump und Kim Jong Un: Komplimente bis Bauchschmerzen | |
> Auf das Treffen von Trump und Kim Jong Un guckt die ganze Welt. Vor allem | |
> aber die USA, China und Japan. Drei Perspektiven. | |
Bild: Hier posieren die Doppelgänger, bald auch die Originale | |
## Trump und der „sehr ehrenwerte“ Kim Jong Un | |
Von Dorothea Hahn, NEW YORK | |
„Ich hoffe, wir mögen uns“, sagt US-Präsident Donald Trump kurz vor dem | |
Gipfel mit Kim Jong Un, als hätte er ein Date mit dem nordkoreanischen | |
Machthaber. Noch [1][vor wenigen Monaten] hat Trump den Nordkoreaner als | |
„kleinen Raketenmann“ und „Verrückten“ bezeichnet und ihm mit „Feuer… | |
Wut“ gedroht, „wie die Welt es noch nie erlebt“ habe. | |
Doch am Vorabend der historischen Begegnung stellt Trump „grandiose“ | |
Ergebnisse in Aussicht. Und überhäuft seinen Gesprächspartner mit | |
Komplimenten. Er nennt ihn „sehr offen“ und „sehr ehrenwert“. Und stellt | |
ihm nichts weniger als normalisierte bilaterale Beziehungen, | |
US-amerikanische Investitionen und möglicherweise sogar einen Besuch im | |
Weißen Haus in Aussicht. | |
Nach dem jüngsten Stand der immer wieder radikal veränderten Planungen wird | |
Trump am Dienstag in Singapur allein in die erste Begegnung mit Kim gehen. | |
Nur Dolmetscher werden dabei sein. Und Trump will sich vor allem auf seine | |
Intuition verlassen. „Ich werde binnen einer Minute herausfinden, ob der | |
Gipfel ein Erfolg wird“, posaunte er vorab in die Welt hinaus. | |
Anders als für Kim, der sich seit Langem darauf konzentriert, Nordkorea | |
zurück auf die Weltkarte zu bringen und sich sorgfältig vorbereitet hat – | |
unter anderem mit zwei Reisen nach China und Gesprächen mit russischen und | |
südkoreanischen Politikern –, ist Nordkorea für Trump nur ein Thema unter | |
vielen. | |
Zuletzt war er am Wochenende beim G7-Treffen in Kanada, wo er es geschafft | |
hat, die engsten Verbündeten der USA vor den Kopf zu stoßen. Anschließend | |
vertiefte Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow den Bruch, indem er | |
erklärte, für den kanadischen Premierminister Justin Trudeau – ein anderer | |
Mann, den Trump einst umworben hat – gebe es einen „besonderen Platz in der | |
Hölle“. | |
Auf die Begegnung mit Kim ist Trump – nach seinen eigenen Angaben – nicht | |
besonders vorbereitet. „Ich glaube nicht, dass ich sehr viel vorbereiten | |
muss“, sagte er Ende vergangener Woche bei einer Pressekonferenz in | |
Washington im Beisein des japanischen Premierministers Shinzo Abe: „Es geht | |
um eine Einstellung. Um den Willen, Dinge zu erledigen.“ | |
Das Ziel des Gipfels – so haben es Trump und sein Außenminister Mike Pompeo | |
erklärt – ist die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel. Doch was | |
das bedeutet, sehen Washington und Pjöngjang unterschiedlich. Während | |
Trumps Seite von „völliger Denuklearisierung“ spricht, benutzt Pjöngjang | |
den Terminus: „ausreichende Denuklearisierung“. | |
Das Abkommen mit Iran, jahrelang auf internationaler Ebene ausgehandelt, um | |
Iran vom Bau einer Atombombe abzuhalten, hat Trump gerade wegen angeblich | |
fehlender Garantien gekündigt. Im Umgang mit Nordkorea, das bereits eine | |
Atombombe hat und sie vor wenigen Monaten getestet hat, verzichtet Trump | |
auf fachlichen Rat. | |
In dem Stab, mit dem er nach Singapur gereist ist, sind weder Atomphysiker | |
noch Wissenschaftsberater. Tatsächlich ist dieser US-Präsident der erste | |
seit den 40er Jahren, der keinen Wissenschaftsberater im Weißen Haus hat. | |
In Washington haben Generationen von EmissärInnen sowohl republikanischer | |
als auch demokratischer Präsidenten bittere Erfahrungen bei | |
Abrüstungsverhandlungen mit Nordkorea gesammelt. „Nordkorea hat schon oft | |
Versprechen gemacht“, mahnte Wendy Sherman, die am Ende von Bill Clintons | |
Amtszeit mit dem Regime in Nordkorea verhandelt hat und unter Barack Obama | |
im Außenministerium war. Sie hält Geduld und langen Atem für nötig und | |
warnt vor voreiligen „mission accomplished“-Erklärungen. | |
Auf republikanischer Seite sagt Senator Ron Johnson, der im | |
außenpolitischen Ausschuss sitzt, dass Trump den Druck auf Nordkorea | |
spürbar vergrößert habe, doch Chinas Rolle zentral sei. | |
Und die ehemalige CIA-Korea-Expertin Sue Mi Terry anerkennt im Interview | |
mit dem Washington Examiner die erfolgreiche Taktik von Kim Jong Un, der | |
sich mit einer Mischung aus Raketen- und Atombombentests, Drohungen, | |
Diplomatie, Schmeicheleien und Geiselfreilassungen auf die Weltbühne | |
gebracht hat. „Er hat ziemlich brillant gespielt“, sagt Sue Mi Terry. | |
*** | |
## China ist Kims Joker gegenüber Trump | |
Von Felix Lee, PEKING | |
US-Präsident Donald Trump ist Sonntagabend in Singapur gelandet. Wenige | |
Stunden zuvor landete dort eine russische Iljuschin mit dem Zeichen von Air | |
Koryo. Doch an Bord war nicht Nordkoreas Kim Jong Un. Der kam mit einer | |
Boeing 747, die ihm Air China gestellt hatte. Chinas staatliche | |
Fluggesellschaft war Kim als Verkehrsmittel sicherer als ein eigener Jet. | |
Beim Gipfel zwischen Trump und Kim ist China nicht vertreten. Doch Peking | |
setzt alles daran, bei einer möglichen Neuordnung Ostasiens mitzureden. Das | |
ist auch im Interesse Kims. | |
China und Nordkorea sind traditionell Verbündete. Doch Nordkoreas Atom- und | |
Raketentests [2][belasteten zuletzt die Beziehungen schwer]. Seit Kim 2013 | |
an die Macht kam, hatte er den Nachbarn nicht einmal besucht. Peking | |
wiederum stimmte im UN-Sicherheitsrat für Sanktionen gegen Nordkorea. Für | |
Pjöngjang ein harter Schlag. 90 Prozent von Nordkoreas Außenhandel liefen | |
über China. | |
Dann kam zum Jahresbeginn Kims Charmeoffensive und seine erstmalige | |
Bereitschaft, einer Denuklearisierung zuzustimmen. Dass sich erstmals ein | |
amtierender US-Präsident mit Nordkoreas Machthaber trifft, gilt als | |
symbolträchtig. | |
Offiziell begrüßt Peking das Treffen. Chinas Außenamt spricht von einer | |
„historischen Chance auf Frieden in der Region“. Tatsächlich ist eine | |
Denuklearisierung der Halbinsel in Chinas Sinn. Peking fürchtet, bei einer | |
Eskalation des Konfliktes könnten Südkorea und Japan Nordkoreas | |
Nuklearrüstung nutzen, um mit Hilfe der USA aufzurüsten. Die | |
US-Militärpräsenz in Asien ist China ein Dorn im Auge. | |
Im Zuge von Kims Charmeoffensive gab es in Peking die Befürchtung, China | |
könnte außen vor gelassen werden. Doch Kim hat diese Zweifel zerstreut. | |
Seit März hat er den großen Nachbarn zwei Mal besucht. Dabei hatte er erste | |
Erfolge: Peking behauptet zwar, die Sanktionen würden weiter gelten. De | |
facto läuft der chinesisch-nordkoreanische Grenzhandel aber seit einigen | |
Wochen wieder. | |
Air China fliegt seit letzter Woche wieder regelmäßig nach Pjöngjang. | |
Spätestens Kims zweites Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi | |
Jinping im Mai war kein Herantasten mehr. Washington bekam Pekings Einfluss | |
direkt zu spüren. Kim reagierte viel gereizter auf Trumps Prahlerei. | |
Trump schlug Kim vor, in Singapur einen Friedensvertrag abzuschließen. Dazu | |
könnte Südkoreas Präsident Moon Jae In rasch eingeflogen werden. China soll | |
nicht dabei sein. Chinas Staatsorgan Global Times schrieb selbstbewusst: | |
Wird Peking nicht ausreichend eingebunden, sei jedes Abkommen zum Scheitern | |
verurteilt. Für Kim ist das eine weitere Karte, die er in Singapur | |
geschickt auszuspielen weiß. So gibt es am Dienstag zwischen Trump und Kim | |
einen unsichtbaren Dritten: Xi Jinping. | |
*** | |
## Japans Bauchschmerzen | |
Von Martin Fritz, TOKIO | |
Kein Nachbar Nordkoreas verfolgt den Gipfel in Singapur mit mehr | |
Bauchschmerzen als Japan. Denn die nationalkonservative Regierung ist bei | |
dem historischen Treffen zwischen den Führern von Nordkorea und der USA zum | |
Zuschauen verdammt, obwohl eigene elementare Interessen auf dem Spiel | |
stehen. „Ein Friedensvertrag ohne ein klares Bekenntnis zur | |
Denuklearisierung bringt uns nichts“, meinte Japans früherer | |
Chefunterhändler mit Nordkorea, Mitoji Yabunaka. | |
Falls Kim etwa anböte, die Entwicklung von Interkontinentalraketen auf Eis | |
zu legen, könnte Trump dies zu Hause als Erfolg verkaufen. Doch Japan | |
bliebe weiter [3][von Nordkoreas Mittelstreckenraketen bedroht.] Ebenso | |
könnte Trump im Gespräch mit Kim das Schicksal von mindestens 13 Japanern | |
ignorieren, die in den siebziger und achtziger Jahren nach Nordkorea | |
entführt wurden. Dort mussten sie nordkoreanische Spione in Landeskunde und | |
Sprache unterrichten. Japan macht bessere Beziehungen zu Nordkorea von | |
Informationen über den Verbleib der Entführten abhängig. | |
Deshalb reiste Premier Shinzo Abe in den letzten zwei Monaten zwei Mal nach | |
Washington, um Japans Sorgen zu verdeutlichen. Abe unterstützte Trumps | |
Politik des „maximalen Drucks“ gegen Nordkorea ohne Wenn und Aber. | |
Zwar versprach Trump, Abes Anliegen in Singapur anzuschneiden. Aber | |
Premier Abe hat schlechte Erfahrungen mit Trump gemacht. Weder die | |
Gipfelzusage noch die vorübergehende Absage stimmte er mit ihm ab. Auch | |
wurde Japan als einzige G7-Nation von Anfang an mit einem Stahlzoll belegt. | |
Eine mögliche Entspannung zwischen den USA und Nordkorea gefährdet auch | |
Abes Lieblingsprojekt: Der Nationalist will die Verfassung reformieren und | |
den Spielraum von Japans Militärs zulasten des Pazifismus erweitern. Die | |
Bedrohung durch Nordkorea kam Abe dabei gelegen. Die Flüge nordkoreanischer | |
Raketen über Japan hinweg beeinflussten die öffentliche Meinung zu Abes | |
Gunsten. | |
Aber der 63-Jährige, der seit zwei Jahrzehnten als Scharfmacher gegen | |
Nordkorea politisch punktet, gibt sich flexibel. Er wäre auch zu einem | |
Treffen mit Kim bereit, sagte er. Doch sollte Abe davon ausgehen, dass | |
Japan für Kim keine Priorität hat. Denn Wirtschaftshilfe bekäme Kim von | |
Südkorea oder China ohne so scharfe Auflagen wie von Japan. | |
11 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
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