# taz.de -- Nach dem G7-Eklat: Keine Angst vorm bösen Trump | |
> Um seine Macht zu sichern, hat Trump die Einigkeit des Westens | |
> zertrampelt. Doch so schlecht stehen die Karten für die Europäer gar | |
> nicht. | |
Bild: Grimmige Miene zur G7-Diplomatie | |
Bismarck hat es vorgemacht: Als die ostelbischen Bauern und auch die | |
deutsche Stahlindustrie unter den Billigimporten aus dem Ausland litten, | |
führte der Reichskanzler 1878/79 saftige Schutzzölle ein. Und, simsalabim, | |
die Arbeitslosigkeit in den betroffenen Branchen sank. | |
Damit enden die Parallelen zu Donald Trump auch schon: Ziemlich | |
unwahrscheinlich, dass wir in 140 Jahren ehrfürchtig vom neuen Poltergeist | |
der Weltpolitik reden. Aber im Prinzip hat Trump seinen Otto von Bismarck | |
gelesen: Vom Freihandel profitieren eben nur diejenigen, die auf dem | |
Weltmarkt konkurrenzfähig sind. Deshalb leiden viele Regionen seit | |
Jahrzehnten unter der Globalisierung – von weiten Teilen Afrikas über | |
Griechenland bis hin zum Rust Belt in den USA mit seinen letzten paar | |
Stahlarbeitern. | |
Um seine Macht zu sichern, hat Trump jetzt aus dem vornehmen Eliteclub G7 | |
ein US-amerikanisches Rumpelstilzchen-Kompott gemacht, also die | |
jahrzehntelange Einigkeit des Westens zertrampelt. Ist das eigentlich so | |
schlimm? | |
Klimaabkommen, Iran-Abkommen, Strafzölle – glaubte noch irgendjemand, | |
Donald Trump einhegen zu können? Man könnte sagen: Selbst schuld. Alle, die | |
zum G7-Gipfelort La Malbaie anreisten, waren vorgewarnt. | |
## Den US-Pubertäter anranzen | |
Nach dem Eklat waren dafür alle klüger. Schluss mit dem Appeasement, | |
kommentierten die Kommentatoren (gemeint ist damit übrigens die | |
Beschwichtigungspolitik der 1930er Jahre gegenüber einem gewissen Adolf | |
H.). Und: Kettenhemd anziehen, US-Pubertäter anranzen: „Sprunghaft und | |
haltlos“ (Emmanuel Macron) sei der US-Präsident, die Rücknahme der | |
Zustimmung zum G7-Abschlusspapier „ernüchternd und deprimierend“ (Angela | |
Merkel), Trump habe „viel Vertrauen sehr schnell zerstört“ (Heiko Maas), er | |
sei ein „Chaot“ (Andrea Nahles). Also: umfassende Ratlosigkeit. | |
Nur [1][Justin Trudeau hat alles richtig gemacht]: Als der Premier | |
bekräftigte, ab Juli werde Kanada Maßnahmen gegen die US-Zölle auf Stahl | |
und Aluminium starten, stieg Trump richtig auf die Palme. [2][Trudeau sei | |
ein „sehr unehrenhafter und schwacher“ Gastgeber, twitterte der | |
US-Präsident.] | |
Treffer: versenkt! Gleich mehrere Trumpisten pesteten fast wortgleich, | |
Trudeau habe dem Präsidenten ein „Messer in den Rücken“ gestochen. Dass | |
Trump Trudeaus „Dolchstoß“ zum Anlass nahm, dem G7-Kommuniqué doch nicht | |
zuzustimmen – so what? Da steht ohnehin wenig Substanzielles drin. | |
So schlecht stehen die Karten der Europäer gar nicht. Denn: Die USA | |
brauchen den „alten Kontinent“, als Bündnis- und als Handelspartner. Zwar | |
verfügt die EU wegen des Brexits und der unsicheren Lage in Italien derzeit | |
nicht gerade über Superkräfte. Aber: Die Zölle bedrohen durch verteuerten | |
Importstahl auch die US-Wirtschaft. | |
## Den „Krauts“ Angst eingejagt | |
Und: Trumps Ärger ist nicht aus der Luft gegriffen. Die Amis wollen nicht | |
allein weiter Weltpolizei spielen, das US-Handelsdefizit ist ungerecht. Die | |
Fronten bewegen sich ohnehin schon. CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier | |
will über das riesige deutsche Handelsplus sprechen, die Kanzlerin kündigte | |
bereits mehr Geld fürs Militärische an. Damit das auch passiert, hat Trump | |
den „Krauts“ noch mal richtig Angst eingejagt, indem er erneut laut über | |
Zölle für auf „den US-Markt flutende Automobile“ nachdachte. Das geht geg… | |
die Deutschen. Aber auch hier: Gemach! Die US-Käufer hochpreisiger | |
deutscher SUV-Schleudern juckt es wenig, wenn der Mercedes GLE oder der BMW | |
X 5 teurer wird. | |
Zudem werden die Kisten in Tuscaloosa, Alabama, oder Spartanburg, South | |
Carolina, gebaut. Und, wenn es Trump nützt und er sich mit Kim einig wird, | |
vielleicht bald auch in Nordkorea. | |
11 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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