| # taz.de -- Republikaner zu Trump beim G7-Gipfel: „Er macht Amerika nicht gro… | |
| > Viele Parteifreunde denken, Trump sei eine Katastrophe, sagt | |
| > US-Republikaner Lawrence Wilkerson. Nur unternehmen sie nichts gegen ihn. | |
| Bild: Winke, winke. Am Samstag wird Donald Trump den G7-Gipfel in Kanada vorzei… | |
| taz am wochenende: Herr Wilkerson, derzeit treffen sich die G7, die sieben | |
| größten westlichen Industrienationen in Kanada. Dabei sind die Verbündeten | |
| der USA ratlos, wie mit Trump weiter internationale Politik gemacht werden | |
| kann. Sowohl [1][beim Klima-] als auch [2][beim Iran-Abkommen] und beim | |
| Handel sind sie gescheitert. Sind bei einem wie Trump die Grenzen der | |
| Diplomatie erreicht? | |
| Lawrence Wilkerson: Ja. Diplomatie interessiert ihn nicht. Für ihn ist die | |
| transatlantische Beziehung nur Handels- und Wirtschaftspolitik. Wenn die | |
| nicht zum Vorteil von Amerika ist, dann ist das schlecht. Genau wie mit | |
| China. Wenn da die Handelsbilanz zum Nachteil der USA ist, will er das | |
| ändern. In gewisser Hinsicht setzt er diplomatisch aber eine Tradition | |
| fort: Seit 1972 haben republikanische Präsidenten und selbst Demokraten | |
| versucht, das State Department, das Außenministerium, institutionell zu | |
| zerstören, um die Diplomatie ins Weiße Haus zu holen. | |
| Wird sich das unter dem [3][neuen Außenminister Mike Pompeo] ändern? | |
| Mike tut alles, was Trump will. Mit ihm ist die weitere Schrumpfung des | |
| Außenministeriums garantiert. | |
| Die außenpolitischen Gegengewichte zu Trump sind also extrem geschwächt. | |
| Was kann Europa tun? | |
| Europa ist reicher, als China und USA zusammen. 54 Prozent vom Geld der | |
| Welt liegt auf europäischen Banken. Wären die europäischen Länder sich | |
| politisch, ökonomisch, im Handel und der Sicherheitspolitik einig, könnte | |
| die EU den großen Hammer schwingen. | |
| Also ist Ihr Rat an die Europäer, gegenüber den USA nicht national | |
| aufzutreten, wie Trump es favorisiert, sondern geschlossen? | |
| Unbedingt. Aber Europas Problem ist, dass alle – Merkel, Macron, May – | |
| individuell operieren. Trump weiß, wie stark Europa sein könnte, wenn es | |
| geschlossen vorginge. Die Zerrissenheit nutzt er aus. | |
| Welchen Sinn macht da [4][ein G7-Treffen]? | |
| Es ist eine Farce. Die ganzen internationalen Institutionen rutschen uns | |
| weg. Schauen Sie, was die Chinesen tun. Sie mögen weder den IWF noch die | |
| Weltbank oder andere Nachkriegsorganisationen. Das ist nachvollziehbar, | |
| denn diese Institutionen sind zuerst auf die USA und dann auf Europa | |
| zugeschnitten. | |
| Trump mag die internationalen Organisationen aber auch nicht. | |
| Er sieht seine Politik nicht im größeren, strategischen Rahmen. Aber er | |
| macht Amerika nicht groß, wenn er die traditionellen Allianzen aufbricht | |
| und dann so tut, als könnte er es mit China allein aufnehmen. China hat in | |
| Sri Lanka zwei Häfen für 99 Jahre geleast und schifft da jetzt U-Boote und | |
| Kriegsschiffe ein. Und in Dschibuti sind die Chinesen militärisch schon so | |
| stark wie Frankreich und die USA. | |
| Fehlt da die transatlantische Kooperation? | |
| China ist eine Bedrohung für uns alle. Aber wir wollen das nicht sehen. Wir | |
| könnten jetzt daran arbeiten, Gegengewichte zu Chinas Aufstieg zu schaffen. | |
| So wie die Welt es nach dem Zweiten Weltkrieg mit den USA gemacht hat. Aber | |
| das können die USA und die EU nur gemeinsam. | |
| In der Handelsauseinandersetzung hat Trump mehrere Fronten aufgebaut – | |
| gegen die EU, gegen seine Nachbarn in Nordamerika, gegen China. Was kann er | |
| damit gewinnen? | |
| Er überschätzt seine Möglichkeiten, Deals zu machen. | |
| Er tritt international ja auch nicht als Dealmaker auf, sondern als | |
| Dealbreaker. | |
| Wie der deutsche Außenminister es sagt, tut er das aus innenpolitischem | |
| Kalkül. Er will von seinen Wählern geliebt werden. Dazu ist er bereit, die | |
| seltsamsten Dinge zu tun, die er seiner Basis versprochen hat: die Zukunft | |
| der Kohle propagieren, die Botschaft nach Jerusalem verlegen, das | |
| Iran-Atomabkommen aufkündigen. | |
| Innenpolitisch scheint Trumps Rechnung aufzugehen. Nachdem er im Wahlkampf | |
| in Washington und in seiner eigenen Partei ein Außenseiter war und fast | |
| alle gegen sich hatte, steht nun die Partei geschlossen hinter ihm. | |
| Ein Außenseiter war er nicht. Trump war sein Leben lang mit dem Power | |
| Establishment – dem republikanischen und dem demokratischen – in Kontakt. | |
| Er hat immer wieder vorgefühlt und sich dann rausgehalten, weil er spürte, | |
| dass er nicht gewollt wurde. Leute, die ihn über die Jahre erlebt haben, | |
| waren fassungslos angesichts seiner Brillanz und entsetzt von der | |
| Perspektive, dass er eines Tages ein Teil dieses Establishments sein | |
| könnte – sei es als Gouverneur oder als Präsident der USA. | |
| Vom „Never Trump“-Flügel in der Republikanischen Partei ist nichts mehr zu | |
| hören. | |
| Ich habe gerade ein Wochenende mit Ultrakonservativen, Konservativen und | |
| Libertären aus ganz USA verbracht. Da war keiner, der mit Trump was | |
| anzufangen weiß. Die meisten mögen ihn nicht und halten ihn für eine | |
| Katastrophe für die Republikanische Partei. Und fast alle denken, dass er | |
| eine Katastrophe für das Land ist. | |
| Warum unternehmen sie dann nichts gegen ihn? | |
| Der Erfolg lähmt sie. Sie haben das Weiße Haus, beide Häuser im Kongress | |
| und stehen 33 Bundesstaaten vor. | |
| Wenn ihre Macht so gefestigt ist, könnten sie doch gefahrlos Dissenz | |
| anmelden. | |
| Ihnen fehlt der Mut. Das Wochenende mit den Ultrakonservativen, | |
| Konservativen und Libertären stand unter dem Thema: „Der Aufstieg von | |
| Populismus und das Scheitern der Eliten“. Es war einfach, das Scheitern der | |
| Eliten – unternehmerisch, akademisch, politisch – von 1991 bis heute zu | |
| analysieren. Wir haben total versagt. Damit haben wir den Weg für einen | |
| Populismus à la Trump bereitet. Aber die Daten zeigen auch, dass dieser | |
| Populismus so stark nun auch wieder nicht ist. Trump hat die Wahlen mit nur | |
| einem von drei registrierten Wählern gewonnen. Es ist schwierig, ein Land | |
| zu führen, in dem nur jeder Dritte ihn gewählt hat. Ganz besonders, wenn | |
| darunter 48 Millionen Evangelikale sind – tollwütige Evangelikale, deren | |
| eines Leitmotiv die endzeitliche Entscheidungsschlacht ist. | |
| Kann Trump 2020 erneut gewinnen? | |
| Das hängt von den Halbzeitwahlen diesen Herbst ab. Wenn die Republikaner | |
| verlieren, werden sie Trump im Stich lassen. Aber die Demokratische Partei | |
| ist so schlecht geführt, dass sie die Halbzeitwahlen verlieren könnte. | |
| Gibt es Spitzenpolitiker in den USA, die über eine andere Außenpolitik | |
| nachdenken? | |
| Ich dachte, dass der auswärtige Ausschuss des Senats unter Bob Corker das | |
| wäre. Aber auch Corker wirft das Handtuch. Er und ein halbes Dutzend | |
| weitere Republikaner sagen, dass sie es nicht mehr aushalten: weder Trump | |
| noch den Senat noch die politische Kultur. | |
| Was ist Trumps ’ nächster Konflikt? | |
| Er steht vor zwei massiven Herausforderungen. Ich bin nicht sicher, ob er | |
| das weiß. Eine ist Afghanistan. Trump hat die Zuständigkeit an | |
| Verteidigungsminister Mattis übertragen. Im Gegensatz zum Weißen Haus wird | |
| im Pentagon noch strategisch gedacht, und Mattis hat entschieden, dass es | |
| nicht um die Taliban, um al-Qaida, um den IS oder um Staatenbildung geht, | |
| sondern darum, zu verhindern, dass Pakistan seine Atomwaffen einsetzt, und | |
| darum, eine Basis zu schaffen, von der aus notfalls Operationen in | |
| Westchina stattfinden können. Seien es CIA- oder Militäroperationen. | |
| Also langfristig in Afghanistan bleiben? | |
| Ja. Mattis’ Strategie ist, dass wir in Afghanistan sind, wie wir 1945 in | |
| Deutschland waren. Die zweite Herausforderung kommt, wenn Trump Mist in | |
| Nordkorea, Iran oder Israel baut. Alle drei Schauplätze können sehr schnell | |
| zu heißen Kriegen werden. Und ich bin nicht sicher, ob er damit umgehen | |
| könnte. | |
| Welches Interesse haben die USA an einem Krieg gegen Iran? | |
| Keines. Es kann sein, dass wir eine Revolution in Iran unterstützen. Und | |
| dann zusehen, wie die CIA es seit zehn Jahren in Syrien tut. Es geht um die | |
| langfristige Sicherheit von Israel. Wenn Saudi-Arabien der Hegemon wird und | |
| Israel ihm den Rücken deckt und sich ausbreitet, bis nach Jordanien, auf | |
| jeden Fall bis jenseits der Golanhöhen, haben die USA auf Jahre keine | |
| Probleme in der Region. | |
| Und was erwarten Sie vom 12. Juni in Singapur. | |
| Der Deal, mit dem Trump zurückkommen könnte, macht mir ebenso große Sorgen, | |
| wie überhaupt kein Deal. Kim Jong Un ist zehnmal smarter als Mike Pompeo, | |
| der Außenminister, Donald Trump und sein Berater Jon Bolton. | |
| 9 Jun 2018 | |
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| Dorothea Hahn | |
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