# taz.de -- Kommentar G7 und die Lage der Welt: Fremdeln im Westen | |
> Die westlichen Staaten funktionieren nicht mehr als Einheit. Deutschland | |
> muss jetzt zuerst auf nationaler Ebene Gestaltungswillen zeigen. | |
Bild: Da hilft auch die Raute nicht: Ohne Trump geht wenig und mit ihm noch wen… | |
Aus Ameisenperspektive [1][ist die G7-Runde] eigentlich eine Vorstufe zur | |
Weltregierung. Die Führer der sieben mächtigsten Industrienationen setzen | |
sich einmal im Jahr zusammen und lösen sämtliche Probleme. Umso besser, | |
dass der Störenfried Russland, der ja nur aus Versehen während eines | |
kurzlebigen euphorischen High im späten 20. Jahrhundert hineinrutschte, | |
nicht mehr dabei ist. | |
Und ja, China, eigentliche Nummer zwei der Welt, gehört prinzipiell dazu, | |
aber in diesen unübersichtlichen Zeiten ist es vielleicht doch ganz gut, | |
wenn die Führer des Westens mal unter sich bleiben können, bevor sie auf | |
die Putins, Xis, Erdoğans und ihre vielen Nacheiferer stoßen. | |
Das funktioniert aber nur, solange der Westen als Einheit funktioniert. Und | |
darum ist es momentan schlecht bestellt. Es geht da nicht nur um den | |
aktuellen Handelskrieg zwischen den USA und den anderen, es geht um | |
fundamentale Inkompatibilitäten. Das Bonmot, aus G7 sei G6+1 geworden, weil | |
Trump eher ins Putin/Xi/Erdoğan-Lager passt als in den Kreis der | |
zivilisierten Staatenlenker, ist natürlich hochnäsiger Unsinn, aber | |
deswegen nicht komplett falsch. Man fremdelt miteinander im Westen. | |
Für Donald Trump ist Loyalität gegenüber Verträgen und Verbündeten ein | |
Fremdwort. Theresa May ist mit dem Brexit beschäftigt. Angela Merkel ist | |
ein erloschenes Relikt einer verflossenen Ära. Emmanuel Macron wäre gern | |
der Führer der freien Welt, aber niemand will von ihm geführt werden. Den | |
Bedeutungsverlust, der Macron noch bevorsteht, haben die Führer Japans und | |
Kanadas bereits hinter sich. Und die aktuellen Vertreter Italiens wissen | |
vermutlich selbst nicht, wofür Italien gegenwärtig steht. Wer von dieser | |
G7-Runde erwartet, dass sie Probleme löst, wird enttäuscht sein. | |
Immerhin: Diese Erwartung ist nicht sehr verbreitet. Die G20-Runde mit den | |
wichtigsten Schwellenländern hat G7 auf der Aufmerksamkeitsskala abgelöst. | |
Sie bringt zwar auch nichts zustande, aber es sind alle dabei. | |
In dieser Situation gibt es für die Politik nur einen Ausweg: Probleme, die | |
auf der nationalen Ebene angegangen werden können, sollte man ruhig mal | |
national angehen. Für Deutschland heißt das: die Berliner Politik muss | |
aufhören, sich hinter Europa und anderen supranationalen Zusammenhängen zu | |
verstecken, um sich vor dem eigenen Gestaltungs- und Veränderungswillen zu | |
drücken. Wozu wählt man schließlich eine Bundesregierung, wenn da am Ende | |
doch nur ein Ameisenhaufen sitzt. | |
7 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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