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# taz.de -- Betriebsräte in deutschen Unternehmen: Mitbestimmung zahlt sich aus
> Wer etwas zu sagen hat, arbeitet besser: Eine Studie kommt zu dem
> Ergebnis, dass Betriebsräte Unternehmen erfolgreicher machen.
Bild: VW-Betriebsversammlung in Wolfsburg
Unternehmen mit Betriebsräten sind erfolgreicher als Konkurrenten ohne –
finanziell und ökologisch. Davon ist Sigurt Vitols überzeugt. Der
US-amerikanische Soziologe forscht am Wissenschaftszentrum Berlin für
Sozialforschung. Am WZB arbeiten Vitols und sein Team an einem
Mitbestimmungsindex „MB-ix“ für größere, meist börsennotierte
Aktiengesellschaften. Methodisch wandelt sein Projekt auf neuen Wegen:
Erstmals wird die Mitbestimmungsstärke in Unternehmen genau bewertet, um zu
analysieren, inwieweit dadurch nachhaltige Unternehmensziele unterstützt,
also soziale, ökologische und ökonomische Aspekte gleichermaßen verfolgt
werden. Die These dahinter: In Deutschland beeinflusst die Mitbestimmung
die nachhaltige Unternehmensführung positiv.
Rein ökonomisch vermittle die aktuelle empirische Forschung ein positives
Bild von der betrieblichen Mitbestimmung, meinen Steffen Müller und Jens
Stegmaier. Im Durchschnitt trügen Betriebsräte in Deutschland nicht nur zu
höheren Löhnen bei, sie beförderten auch die Rentabilität des Kapitals und
die Produktivität, schreiben die Ökonomen vom Institut für
Wirtschaftsforschung Halle und vom Institut für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung in einer Studie. Die einfache Erklärung: Wer was zu sagen
hat, arbeitet besser.
Auch die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände schätzt die
Mitbestimmung, wünscht sich aber kleinere Gremien und weniger
Freistellungen, um die zeitlichen und finanziellen Kosten zu senken. Vielen
Betriebsräten geht es nicht allein um Lohn und Brot. Ob
Frauengleichstellung oder Antirassismus, Gesundheitsschutz oder Ökostrom,
es sind häufig Betriebsräte, die sich kümmern. „Sie engagieren sich etwa
für faire und sozialverträgliche Arbeitsbedingungen“, sagt Gabriele
Gröschl-Bahr, Vorstandsmitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
(Verdi). Solches Engagement komme auch Umweltthemen zugute. Betriebsräte
könnten – weil sie umfangreiche Informations- und Mitbestimmungsrechte
innehätten – auch „zukunftsorientierte Impulse“ geben, ist Verdi-Vorstä…
Gröschl-Bahr vom Öko-Zusatznutzen überzeugt.
## Nachhaltige Veränderungen möglich
Bernd Groeger von der Technologieberatungsstelle in Nordrhein-Westfalen
weiß dazu Genaueres, er leitet ein erfolgreiches Pilotprojekt zum
Klimaschutz. Neben Betriebsräten und Beschäftigten wurden auch externe
Unternehmensberater und damit quasi die Kapitalseite eingebunden. Sie
untersuchten acht mittelständische Metall-, Stahl- und Möbelbetriebe.
Ergebnis: Bisher sehen Manager und deren Berater das Thema vor allem als
technisches Problem. „Sie haben zu wenig im Blick, welchen enormen Beitrag
die Beschäftigten in ihrem Arbeitsumfeld leisten können“, so Groeger.
Um das Klimathema zu verankern, gab es in den Pilotbetrieben Workshops,
Mitarbeiterbefragungen und wurden „Energie-Teams“ gebildet, um konkrete
Projekte zum Klimaschutz umzusetzen. Herausgekommen sind zudem
Handlungshilfen für Nachahmer, die von der Technologieberatungsstelle NRW
bereitgestellt werden. Groeger freut sich über die positive Resonanz.
Darauf hofft auch Vitols vom WZB für seinen Mitbestimmungsindex MB-ix. In
einer ersten Auswertung zeige sich, dass selbst in Branchen wie der
Autoindustrie nachhaltige Veränderungen möglich sind. So lobt der Forscher
den Zulieferer Continental, unter anderem für seinen sparsamen Umgang mit
Energie und Wasser. Auffällig: Continental ist ein Unternehmen mit
besonders starker Mitbestimmung. Andernorts besteht allerdings noch
Nachholbedarf: Derzeit haben erst 40 Prozent aller Beschäftigten einen
Betriebsrat an ihrer Seite.
30 May 2018
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
## TAGS
Verdi
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Schwerpunkt Überwachung
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