| # taz.de -- Verfassungsschutz überprüfte NGOs: Demokratieprojekte durchleucht… | |
| > Wer sich beim Bund um Fördergelder bewirbt, kann vom Verfassungsschutz | |
| > überprüft werden. Betroffene Initiativen werden darüber nicht informiert. | |
| Bild: Die Zentrale des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln | |
| Berlin taz | Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seit 2004 insgesamt 51 | |
| Demokratieprojekte überprüft, die sich um Mittel des | |
| Bundesfamilienministeriums beworben hatten. Das geht aus der Antwort der | |
| Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der | |
| taz vorliegt. Demnach wurden die betroffenen Initiativen und Organisationen | |
| in keinem der Fälle davon unterrichtet, dass sie vom Verfassungsschutz | |
| überprüft worden waren. | |
| Die Bundesregierung unterstützt mit unterschiedlichen Förderprogrammen das | |
| Engagement von Initiativen und Organisationen zur Demokratiebildung und | |
| auch zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus. Die | |
| Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke hatte die Bundesregierung gefragt, in wie | |
| vielen Fällen Sicherheitsbehörden solche Initiativen überprüft haben und in | |
| wie vielen Fällen daraufhin Förderungen eingestellt wurden. Erkundigt hatte | |
| sich Jelpke insbesondere nach den Programmen „Zusammenhalt durch Teilhabe“ | |
| sowie „Demokratie leben!“. | |
| Im Projekt „Zusammenhalt durch Teilhabe“, mit dem laut Bundesregierung | |
| „etablierte Institutionen als prägende Säulen der Zivilgesellschaft“ (zum | |
| Beispiel Landessportverbände, Freiwillige Feuerwehren und | |
| Wohlfahrtsverbände) gefördert werden, war laut Regierung eine „über die | |
| Recherche in allgemein öffentlich zugänglichen Quellen hinausgehende | |
| dezidierte Prüfung durch die Sicherheitsbehörden des Bundes bislang nicht | |
| erforderlich“. Das Programm wird vom Bundesinnenministerium betreut. | |
| Immer wieder tätig wurde der Verfassungsschutz allerdings im Rahmen des | |
| Bundesprogramms „Demokratie leben!“, das vom Bundesministerium für Familie, | |
| Senioren, Frauen und Jugend betreut wird und unter anderem | |
| Rechtsextremismus adressiert. Demnach wurden hier „insgesamt 51 | |
| Projektträger anlassbezogen einer Überprüfung auf mögliche | |
| verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse unterzogen“. | |
| ## Überprüfung vor und nach der Zusage | |
| In 46 Fällen sei dies bereits im Rahmen von Interessenbekundungsverfahren | |
| erfolgt, also ehe eine Förderung zugesagt wurde. „In fünf Fällen erfolgte | |
| eine Überprüfung nach Aufnahme der Förderung, ebenfalls durch das Bundesamt | |
| für Verfassungsschutz.“ Weiter heißt es in der Antwort: „Die Modellprojek… | |
| der überprüften Träger arbeiten in den Themenbereichen Antisemitismus, | |
| Islamistischer Extremismus, Rassismus, Rechtsextremismus sowie | |
| Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft.“ | |
| Aus der Antwort geht auch hervor, dass keine der Überprüfungen auf Bitten | |
| der Projektträger hin erfolgt sei. Auch geht aus dem Schreiben der | |
| Bundesregierung hervor, dass die Projektträger weder vor, während noch nach | |
| der Überprüfung angehört oder informiert worden seien. | |
| Konsequenzen für bereits geförderte Projektträger habe es allerdings in | |
| keinem der Fälle gegeben. So sei es „weder zu einer Beendigung noch zu | |
| einer Einschränkung der Förderung im Sinne der Fragestellung“ gekommen. Ob | |
| möglicherweise einige überprüfte Projekte gar nicht erst in die Förderung | |
| aufgenommen wurden, geht aus der Antwort nicht eindeutig hervor. | |
| ## Kritik aus dem Bundestag | |
| Die Bundestagsabgeordnete Jelpke sagte, es könne nicht angehen, „dass | |
| aufgrund völlig unberechtigter Vorwürfe ein Projektträger und dessen | |
| Mitarbeiter vom Geheimdienst überprüft werden. Es wäre das Mindeste, die | |
| Betroffenen über die Überprüfung zu informieren.“ Jelpke sagte, sie wünsc… | |
| sich ein klares gesellschaftliches Signal, dass der Kampf gegen | |
| Rechtsextremismus nicht extremistisch sei, sondern ein demokratisches Muss. | |
| Die Antwort auf die Anfrage macht auch deutlich, dass Demokratieinitiativen | |
| nicht erst seit der Debatte um die sogenannte „Extremismusklausel“ vom | |
| Verfassungsschutz überprüft werden. 2011 hatte die CDU-Familienministerin | |
| Kristina Schröder von Projektträgern eine sogenannte „Demokratieerklärung�… | |
| eingefordert, die allerdings heftig umstritten war. 2014 wurde die Klausel | |
| auf Initiative der SPD-Familienministerin Manuela Schwesig wieder | |
| abgeschafft. In welchem genauen Zeitraum die Überprüfungen stattgefunden | |
| haben, spezifiziert die Bundesregierung in ihrer Antwort nicht näher. | |
| 16 May 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Kaul | |
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