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# taz.de -- Geschäfte mit Russland: Deutsche Firmen in der Trump-Falle
> Europäische Konzerne in Moskau fürchten sowohl US-Sanktionen als auch
> russische Gegenschläge. Im Gasstreit ist Erfolg in Sicht.
Bild: Schön bunt, rollt aber gerade nicht richtig: russische Rubel
MOSKAU taz | Der Wirtschaftsminister scheint die Doppelrolle zu genießen:
Einerseits präsentiert sich Peter Altmaier (CDU) bei jeder Gelegenheit als
Transatlantiker, der auch in Zeiten von Trump auf gute Beziehungen zu den
USA Wert legt. „Die USA und Europa sind eine Wertegemeinschaft“, sagt er am
Dienstag nach seinem Antrittsbesuch beim russischen Ministerpräsidenten
Dmitri Medwedjew in Moskau. Andererseits ist ihm an einer Entspannung des
Verhältnisses zu Russland gelegen. Deutschland habe die Verantwortung, „zu
Stabilität und Wachstum in diesem Teil Europas beizutragen“. Die
„vielfältigen Wirtschaftsbeziehungen“, die es trotz der Sanktionen gebe,
wolle er „bestätigen und vertiefen“, versichert der CDU-Politiker.
Ganz anders sieht die Lage für viele der Manager aus, die Altmaier am
frühen Dienstagmorgen im Moskauer Ritz Carlton zum Arbeitsfrühstück trifft.
Gleichzeitig Geschäfte in den USA und Russland zu machen, könnte künftig
unmöglich werden, fürchten die Vertreter von Siemens, Bayer, SAP und Co.
Denn einerseits treten am 6. Juni die neuen Sanktionen in Kraft, die die
USA wegen des Vorwurfs, westliche Demokratien zu untergraben, gegen 24
russische Oligarchen verhängt haben. Wer in Zukunft noch Geschäfte mit
Firmen macht, die von diesen beherrscht werden, dem drohen hohe Geld- oder
lange Haftstrafen.
Andererseits kann es Probleme bereiten, sich an die US-Vorgaben zu halten.
Denn Moskau hält die extraterritorialen Sanktionen, mit denen Washington
auch ausländische Unternehmen bedroht, für völkerrechtswidrig. Die
Regierung will nun jene Firmen bestrafen, die diese Sanktionen
„unterstützen“, indem sie sich daran halten. Ein entsprechender
Gesetzentwurf wurde am Montag ins russische Parlament, die Duma,
eingebracht. Sollte er tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden,
droht Unternehmen in Russland Stress – egal wie sie sich verhalten. „Dass
deutsche und europäische Unternehmen von amerikanischer Seite und durch
russische Gegenmaßnahmen möglicherweise bald auch von Moskau in Geiselhaft
für die Sanktionspolitik genommen werden, sorgt hier gerade für starke
Verunsicherung“, berichtet Matthias Schepp vom Vorstand der
Deutsch-Russischen Außenhandelskammer.
Viel Hilfe kann Altmaier den Managern bisher allerdings nicht anbieten.
„Ich habe zugesagt, dass wir ihre Sorgen aufnehmen“, sagt er nach dem
Gespräch. Bei den US-Sanktionen bemüht sich das Ministerium derzeit,
überhaupt herauszufinden, welche russischen Firmen überhaupt darunter
fallen. „Wir haben seit einigen Tagen eine umfassende Prüfung, was die
Sanktionen bedeuten und wie wir damit umgehen“, berichtet der Minister.
Ganz abwenden ließen sie sich aber wohl nicht. „Es wird möglicherweise dazu
kommen, dass einzelne deutsche Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit in
Russland modifizieren oder einschränken werden“, so Altmaier. Zu den
geplanten Gegenmaßnahmen der Russen sagt er noch weniger. „Das sollte man
bilateral klären und nicht öffentlich diskutieren.“
## Gasstreit scheint lösbar
Greifbarer sind die Ergebnisse bei einem anderen Thema der dreitägigen
Reise des Wirtschaftsministers: dem Streit um die geplante neue
Ostsee-Gaspipeline Nordstream 2. Sowohl Medwedjew als auch Energieminister
Alexander Nowak hätten Bereitschaft gezeigt, über eine Garantie zu
verhandeln, dass auch nach Fertigstellung der Pipeline von Russland nach
Deutschland ein „substanzieller Gas-Transport“ durch die Ukraine
stattfinden wird, berichtet Altmaier. Er sei „sehr optimistisch“, dass es
eine Einigung geben werde.
Noch am Dienstagabend wollte Altmaier das russische Angebot bei einem
erneuten Zwischenstopp in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Petro
Poroschenko diskutieren. Vorgestellt werden soll es im Fall einer Einigung
beim Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen
Präsidenten Wladimir Putin am Freitag in Sotschi.
Gesichert wäre der Bau der umstrittenen Pipeline damit noch nicht. Die USA
haben weiter große Vorbehalte. Sie wollen ihr eigenes Fracking-Gas in
flüssiger Form per Schiff nach Europa verkaufen. Außerdem wollen sie
verhindern, dass die Ukraine geschwächt wird, wenn dass Land nach
Fertigstellung von Nordstream 2 für den Gastransit nach Europa kaum noch
benötigt würde. Falls Washington die Beteiligung am Pipeline-Bau mit
Sanktionen bedrohen würde, stünde das Projekt möglicherweise vor dem Aus.
Ungeachtet dieser offenen Fragen schafft die
Nordstream-2-Projektgesellschaft Fakten: Auf dem Gelände des Fährhafens
Sassnitz-Mukran auf Rügen liegen bereits Tausende Rohre bereit. Am Dienstag
begannen – trotz einer noch nicht entschiedenen Klage des Naturschutzbunds
– mehrere Baggerschiffe in der Ostsee vor Lubmin damit, die Verlegung
vorzubereiten.
15 May 2018
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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