# taz.de -- Kommentar Militärschlag gegen Syrien: Menschlichkeit ist nicht mö… | |
> Man kann es nur zündeln nennen: Die USA und ihre Partner haben auf einen | |
> mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien militärisch reagiert. | |
Bild: Wie werden sie reagieren? Bashar al-Assad und Wladimir Putin (r.) | |
Schon lange geht es in Syrien nicht mehr um einen Regime-Change. Der | |
Diktator Baschar al-Assad ist Sieger [1][in einem Krieg gegen sein eigenes | |
Land]. Nach dem Giftgaseinsatz in Douma muss allein die Frage von Moral und | |
Menschenrechten von grundsätzlicher politischer Verantwortung die | |
Leitplanke für Entscheidungen über Kriegseinsätze sein. Das ist | |
gewissermaßen kleiner und größer als die politische Zukunft Syriens | |
zugleich. | |
Es gibt [2][gute Gründe], Assad mit einem Giftgaseinsatz nicht davonkommen | |
zu lassen. Wenn ein Diktator seine eigene Bevölkerung vergast, kann das | |
nicht unbeantwortet bleiben. Dafür haben sich [3][mindestens die Deutschen] | |
einem moralischen „Nie wieder“ verpflichtet. Das Völkerrecht nach dem | |
Genfer Protokoll ächtet eindeutig den Einsatz von Giftgas, dessen | |
Verwendung schließt einen Staat aus der zivilisierten Welt aus, weil damit | |
ein Mindestmaß an Menschlichkeit nicht mehr garantiert ist. | |
Ein UN-Mandat für Angriffe auf die Infrastruktur der Unmenschlichkeit, auf | |
Lagerstätten, Produktion oder Militärflughäfen ist damit zwar noch kein | |
Automatismus. Aber ein UN-Mandat wird es in der aktuellen weltpolitischen | |
Konstellation ohnehin nicht geben. Es bleiben die moralische Verpflichtung | |
und das geltende Völkerrecht. Der französische Präsident Emmanuel Macron | |
verweist auf Beweise für die Täterschaft von Assads Truppen. Braucht es | |
noch mehr Argumente? | |
Jede militärische Aktion aber, die auf mehr als eine Bestrafung und einen | |
Nadelstich gegen die Infrastruktur des Giftgases zielte, wäre vergeblich. | |
Assad kann sich seiner Stellung wieder sicher sein. Russland verhindert im | |
UN-Sicherheitsrat jede Aktionen der Vereinten Nationen gegen den syrischen | |
Diktator. Und im vergangenen Herbst 2017 wurde die Zukunft Syriens ganz | |
ohne Beteiligung der USA oder der EU ausgemacht. | |
## Die Einflussbereiche sind längst aufgeteilt | |
Russland, der Iran und die Türkei vereinbarten bei einem Treffen in Astana, | |
Kasachstan zwar formal Sicherheitszonen für die syrische Bevölkerung. Im | |
Kern ging es aber um die Aufteilung der Einflussbereiche. In Folge dessen | |
ist nicht nur Assad restauriert und hat Russland einen ständigen | |
militärischen Stützpunkt am Mittelmeer. In Rufweite Israels installieren | |
sich auch dauerhaft die Hisbollah-Milizen als iranisches Instrument. Und | |
die Türkei hat große Handlungsfreiheit in den kurdischen Gebieten. | |
In den Genfer UN-Friedensprozess für Syrien braucht man nun erst recht | |
keine Hoffnung zu setzen. Das auch von Großbritannien, Frankreich und | |
Deutschland angestrebte nation building findet längst statt, nur nicht so, | |
wie es den westlichen Demokratien gefallen kann. | |
Und eine größer angelegte militärische Operation wäre nur zum Preis einer | |
echten Konfrontation zwischen den USA und Russland, zwischen Iran und | |
Israel zu haben. Dieser Preis ist viel zu hoch. | |
## Ultima Ratio des Krieges | |
Also sind begrenzte Angriffe als Bestrafungsaktionen [4][wie in der Nacht | |
zu Samstag] das richtige Mittel? Zur Verteidigung des Bündnisses zwischen | |
den USA, Großbritannien und Frankreich wird angeführt, der US-Präsident | |
würde es nicht riskieren, die Situation zu einer weltpolitischen Krisenlage | |
zu eskalieren. | |
Die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre hat indes gezeigt, dass man nur | |
noch sehr wenig sicher vorhersagen kann. Erst recht nicht, wenn der | |
US-Präsident eine Rolle dabei spielt. Die politischen Entscheidungen Trumps | |
liegen in den bewährten Händen von Fox News und seinem neuen Nationalen | |
Sicherheitsberater John Bolton. Dieser hatte schon 2015 für schmerzhafte | |
Angriffe auf Syrien geworben. Zumal Wladimir Putin ein gleichermaßen | |
unberechenbarer Gegner ist. | |
Nein, die Ultima Ratio des Krieges darf nur eingesetzt werden, wenn man | |
Partner hat, auf die man sich verlassen kann. Der Angriff auf ein, trotz | |
allem, souveränes Land, kann nur mit einem kalkulierbaren Risiko das letzte | |
Mittel sein. Eine Entscheidung gegen die Luftangriffe ist in Syrien immer | |
eine Entscheidung gegen die Menschlichkeit. | |
In dieser Allianz aber kann man es nur zündeln nennen. Noch sind die | |
Konsequenzen der Luftschläge nicht abzusehen. Es ist völlig unklar, auf | |
welchem geografischen oder digitalen Schlachtfeld Russland reagiert und wie | |
die Antwort des Iran ausfällt. | |
14 Apr 2018 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Junge | |
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