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# taz.de -- Völkerrecht zu Militärschlag gegen Syrien: US-Angriff war illegal
> Die westlichen Raketen auf Syrien verletzen das Völkerrecht. Aber auch
> Russland schadet mit seiner Haltung den UN-Institutionen.
Bild: Antikriegsdemo vor dem Weißen Haus
Der gemeinsame Angriff von USA, Großbritannien und Frankreich auf Syrien
verstößt gegen das Völkerrecht. Das allgemeine Gewaltverbot der UN-Charta
verbietet jede militärische Intervention in andere Staaten. Ein
Rechtfertigungsgrund ist nicht ersichtlich.
Weder die USA noch Großbritannien noch Frankreich wurden durch Syrien
angegriffen. Sie können sich also nicht auf Selbstverteidigung berufen und
wurden auch nicht von einem angegriffenen Staat zu Hilfe gerufen.
Genauso liegt kein Mandat des UN-Sicherheitsrats vor, das den Angriff
legalisieren würde. Und selbst wenn es im Sicherheitsrat eine Mehrheit für
eine internationale Intervention in Syrien gäbe, hätte Russland sie mit
seinem Veto-Recht im Sicherheitsrat blockiert.
Das westliche Konzept der „humanitären Intervention“ erlaubt Eingriffe in
die nationale Souveränität auch bei einem blockierten Sicherheitsrat. Es
hat sich international aber nicht durchgesetzt und ist damit nicht zu
allgemein anerkanntem Völkerrecht geworden.
## Kein Mandat für Alleingänge
Zwar hat die UN-Generalversammlung 2005 einstimmig das Konzept der
„Schutzverantwortung“ (responsibility to protect) beschlossen. Es sieht zum
Schutz der Menschenrechte im Notfall auch internationale Interventionen
vor. Erforderlich wäre aber nach wie vor ein Mandat des Sicherheitsrats.
Syrien hat mit dem Giftgas-Einsatz zwar gegen die Sicherheitsrat-Resolution
2118 verstoßen, die 2013 die Vernichtung aller syrischen Chemiewaffen
anordnete und jeden Einsatz verbot. Im Fall eines Verstoßes kündigte die
Resolution an, dass der Sicherheitsrat Maßnahmen nach Artikel VII der
UN-Charta verhängen werden. Das kann der Einsatz von Militär sein, das
können aber auch Wirtschaftssanktionen sein. Jedenfalls soll zunächst der
Sicherheitsrat aktiv werden. Die Resolution enthält kein Mandat für
einzelne Staaten, im Alleingang militärische Maßnahmen umzusetzen. Dasselbe
gilt für das Chemiewaffen-Übereinkommen selbst, dem Syrien 2013 auf
UN-Druck beitrat.
Schon im April 2017 hatte die USA als Reaktion auf einen mutmaßlichen
syrischen Chemiewaffeneinsatz völkerrechtswidrig Marschflugkörper auf einen
syrischen Flughafen abgefeuert.
## Fact-Finding-Team in Syrien eingetroffen
Russland hat am Samstag eine Resolution in den Weltsicherheitsrat
eingebracht, in der die westliche Intervention in Syrien als Verletzung der
UN-Charta verurteilt werden sollte. Es stimmten nur drei Staaten (Russland,
China und Bolivien) für diese Resolution, [1][vier enthielten sich, acht
stimmten dagegen]. Eine rechtliche Billigung des Angriffs ist damit nicht
verbunden. Die Abstimmungsniederlage hat wohl auch mit Russlands
einseitiger Parteinahme für das syrische Regime zu tun.
Bisher haben fast keine deutschen Völkerrechtler den westlichen
Raketenschlag gegen Syrien öffentlich bewertet. Eine Ausnahme ist Martin
Kulick von der Uni Tübingen, der im Verfassungsblog einräumte, dass nur
militärische Gewalt syrische Chemiewaffeneinsätze gegen die eigene
Bevölkerung wirksam stoppen könnte. Allerdings könne die Missachtung (und
damit Schwächung) des völkerrechtlichen Gewaltverbots auf Dauer noch mehr
menschliches Leiden verursachen.
Beim derzeitigen Stand des Völkerrechts ist wohl nur möglich, eine
internationale Untersuchung von mutmaßlichen Chemiewaffen-Einsätzen
durchzusetzen, in der Hoffnung dass die Ergebnisse dann zu einer
geschlossenen Reaktion der Staatengemeinschaft führen.
Tatsächlich traf am Samstag ein Fact-Finding-Team der Organisation für das
Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Syrien ein. Syrien hatte die OPCW, der
192 Staaten angehören, eingeladen. Auch Russland will die Mission
unterstützen. Westliche Staaten weisen jedoch darauf hin, dass sich das
Mandat des OPCW-Teams auf die Prüfung beschränke, ob es überhaupt einen
Chemiewaffen-Einsatz gebe. Die Feststellung, wer dafür verantwortlich ist,
gehöre nicht zum Mandat der OPCW.
## Für das Recht des Stärkeren
Um die Verantwortlichkeiten zu klären, schlugen vorigen Dienstag 26
Staaten, darunter die USA und Deutschland, die Einrichtung einer
unabhängigen UN-Ermittlungsgruppe vor. Der Vorschlag wurde im
UN-Sicherheitsrat mit zwölf zu zwei Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt.
Eine der beiden Gegenstimmen kam von Russland, das mit seinem Veto auch das
Zustandekommen der Resolution verhinderte.
Zugleich bezeichnete Russland eine ähnliche UN-Untersuchung, die im Vorjahr
zu dem Schluss kam, Syrien habe im April 2017 chemische Waffen gegen die
eigene Bevölkerung eingesetzt, als „Marionette von antisyrischen Kräften“.
Die UN-Ermittler beschuldigten einen souveränen Staat „ohne jeden Beweis“,
behauptet Russland.
Insofern missachtet und schädigt auch Russland das Völkerrecht und die
internationalen Institutionen und trägt damit zu einer Situation bei, in
der nur noch das Recht des Stärkeren zu zählen scheint.
15 Apr 2018
## LINKS
[1] /UN-Sicherheitsrat-zur-Syrien/!5498569
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
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