# taz.de -- Verkehrsdebatte im Landesparlament: Schwiegermama ist schuld | |
> Mehr Rad oder weniger Auto? Im Abgeordnetenhaus hat die parlamentarische | |
> Diskussion des Mobilitätsgesetzes begonnen. | |
Bild: Auch für sichere Fahrrad-Parkhäuser soll das künftige Mobilitäsgesetz… | |
Der Inhalt gefällt ihm nicht, die Ausrichtung sowieso nicht. Aber die | |
Parlamentsdebatte über das künftige Mobilitätsgesetz lohnt sich für den | |
CDU-Abgeordneten Oliver Friederici trotzdem. „Jetzt wissen wir endlich, wem | |
wir dieses Gesetz zu verdanken haben“, sagt er nach der Rede von | |
Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Die setzt nämlich ganz persönlich | |
Hoffnungen in die geplanten neuen Radwege, die ein Kernpunkt des Gesetzes | |
sind: „Dann – und das ist mein Ziel – traut sich vielleicht auch endlich | |
meine holländische Schweigermutter in Berlin Rad zu fahren.“ | |
Ganz so spaßig geht es an diesem Donnerstagmorgen nicht weiter. | |
Regierungsparteien und Opposition liegen beim Mobilitätsgesetz, dessen | |
Entwurf in den kommenden Wochen gleich fünf Parlamentsausschüsse | |
beschäftigen wird, noch weiter als sonst auseinander. So viel von Ideologie | |
war lang nicht mehr im Plenarsaal die Rede, egal ob bei CDU, FDP oder AfD. | |
Keiner ihrer Redner will glauben, was die rot-rot-grüne Koalition immer | |
wieder beteuert: Dass sie eben keine Klientelpolitik für grüne Radfahrer | |
und Autohasser machen, sondern für besseren Verkehrsfluss und mehr | |
Sicherheit für alle sorgen will. | |
Es ist halt alles eine Frage der Definition. Die rot-rot-grüne Koalition | |
spricht ja unverhüllt vom Vorrang für den Radverkehr und den öffentlichen | |
Personen-Nahverkehr. Das kann man wie die Opposition als Diskriminierung | |
anderer Fortbewegungsarten sehen, vor allem des Autos. Oder man sieht es | |
wie SPD, Linkspartei und Grüne als bloßes Gegensteuern zu einer Politik, | |
die jahrzehntelang auf das Auto ausgerichtet war. | |
Es ist ja nicht so, dass sich die CDU gegen mehr Radwege oder mehr Busse | |
und Bahnen sperrt. Friederici versichert sogar, die Christdemokraten | |
stünden „für einen massiven Ausbau des öffentlichen Personen-Nahverkehrs�… | |
Aber die geplante Tram-Linie in der Leipziger Straße lehnt man ab, weil sie | |
für Stau sorgen werde, fordert stattdessen, die U-Bahn zu verlängern: nach | |
Schönefeld, ins Märkische Viertel, zum Ostkreuz. „Es ist ein Angst | |
machendes Gesetz“, sagt Friederici, „ein Grundgesetz für die | |
Stigmatisierung des Autoverkehrs“. | |
Das klingt so dramatisch, dass sich SPD-Mann Tino Schopf offenbar zu einer | |
Beruhigung genötigt sieht: „Keine Angst: Das autofreie Zeitalter steht | |
nicht bevor“, sagt er, als er den CDUler am Rednerpult abgelöst hat. Harald | |
Wolf, der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, zitiert lobende | |
Worte der nicht gerade als linksalternativ einzuordnenden Industrie- und | |
Handelskammer. „Offenbar ist die Schwarmintelligenz der Berliner | |
Unternehmen deutlich weiter als die der CDU, von der AfD erst gar nicht zu | |
reden“, so Wolf. | |
Die AfD, von der Wolf ja nicht reden mag, hat zuvor „rot-rot-grüne | |
Autohasserpolitik“ diagnostiziert und „Mobilitätsgesetz“ als den falschen | |
Begriff kritisiert: weil dessen Inhalt aus ihrer Sicht den Verkehr nicht | |
mobil macht, sondern stoppen wird. „Alle haben irgendwie Vorrang – außer | |
den Autos“, meint auch der FDP-Abgeordnete Henner Schmidt. Unverständlich, | |
dass Rot-Rot-Grün so stolz darauf sei, das bundesweit erste | |
Mobilitätsgesetz vorzulegen – „das könnte auch daran liegen, dass kein | |
anderes Bundesland meint, so etwas zu zu brauchen.“ | |
Zum Abschluss verspricht auch die parteilose grünennahe Verkehrssenatorin | |
Regine Günther, die 2017 offenbarte, per Dienstwagen von Köpenick | |
einzupendeln: „Wir machen Politik für alle Berlinerinnen und Berliner.“ Und | |
eben auch für anverwandte Holländerinnen, wie ja an diesem Morgen zu lernen | |
war. | |
8 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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