# taz.de -- SPD-Basis stimmt über Groko-Vertrag ab: Das Prinzip Hoffnung | |
> Für die SPD-Spitze geht es beim Basisvotum um viel. Eine Reise in eine | |
> Partei, in der die da oben die da unten nicht verstehen. | |
Bild: Seit an Seit: NRW-SPD-Chef Michael Groschek, Andrea Nahles und Norbert R�… | |
BERLIN/WITTEN/SCHWERTE taz | Im kleinen Theatersaal des Kulturzentrums | |
Werkstadt leuchten Scheinwerfer die Bühne hell aus, davor sitzen rund 100 | |
GenossInnen im Dunklen. Oben wirbt der Bundestagsabgeordnete Michael Groß, | |
Brille, Mehr-Tage-Bart, am vergangenen Samstag für die Große Koalition. Ein | |
zweiter, öffentlich geförderter Arbeitsmarkt sei jetzt beschlossene Sache, | |
um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen, sagt er. 8.000 neue Stellen in | |
der Pflege seien nicht ausreichend, aber ein „erster Schritt“. Außerdem sei | |
geplant, die Städte bei den „Kosten für die Ganztagsbetreuung“ von Kindern | |
zu entlasten. Das sei gerade für die armen, überschuldeten Revierstädte | |
viel wert. | |
Die Szene sagt viel über die SPD. Vorne führen, wie früher, die | |
Abgeordneten das Wort. Die Basis soll zuhören. Eigentlich ist hier in | |
Witten, im Süden des Ruhrgebiets, die SPD-Welt noch in Ordnung. Seit 1949 | |
ist die Stadt fest in sozialdemokratischer Hand. Eigentlich. | |
Doch die Zeiten haben sich geändert. Auf den Plätzen im Dunkeln kommt die | |
Pro-Groko-Werbung nicht so gut an. „Die verarschen uns“, brüllt ein | |
Genosse. Ein anderer ruft: „Die Basis sind die, die ihr nicht sehen könnt.“ | |
Groß wirkt angefressen. So harsche Kritik scheint er nicht gewohnt zu sein. | |
Der lokale SPD-Chef versucht zu beschwichtigen. Wer unbedingt etwas sagen | |
wolle, der könne schnell auf die Bühne kommen. Es klingt generös.Etwas | |
hilflos wirkt auch der Auftritt des örtlichen Bundestagsabgeordneten Ralf | |
Kapschack. Er führt das Königsargument der Unterstützer der Groko ins Feld | |
– nämlich, dass bei einem Nein zum Koalitionsvertrag ein Desaster drohe. | |
Bei Neuwahlen bekomme die SPD womöglich noch nicht mal mehr 15 Prozent. Und | |
überhaupt: „In der Opposition werden wir nur streiten“, warnt Kapschack. | |
„Müssen wir doch auch“, ruft einer aus dem Dunkel. Kapschack flüchtet sich | |
in Sarkasmus. Der ganze Widerstand gegen die Große Koalition sei nichts als | |
„Karneval“. Als ein Juso von Groß fordert, die Fraktion solle für bessere | |
Löhne sorgen, statt bloß die Entlastung der Städte bei der Kinderbetreuung | |
zu loben, schießt der genervt zurück. Das sei „Populismus“. | |
Die einen verstehen die anderen nicht mehr, die Nerven liegen blank, die | |
SPD steht vor einem Abgrund. In Umfragen ist sie auf 16 Prozent abgestürzt, | |
gefährlich nahe bei der AfD. Über das Schicksal der Partei entscheiden in | |
diesen Tagen 463.723 Parteimitglieder. Sie stimmen darüber ab, ob die SPD | |
in eine Große Koalition mit der Union eintritt. Das Ergebnis wird am | |
Sonntagmorgen in einer Woche vorliegen. Es wird knapp, fürchten viele | |
Spitzenleute in Berlin, viel knapper als 2013, als 76 Prozent der | |
Mitglieder mit Ja votierten. Und wenn die Basis die Groko platzen ließe, | |
glauben sie, stürzt die SPD vollends ins Chaos. | |
Aber hat die SPD-Spitze nicht längst die Kontrolle verloren? | |
## Schäfer-Gümbel im Dauereinsatz in der Republik | |
Thorsten Schäfer-Gümbel hängt das Wochenende noch in den Knochen. Der | |
SPD-Vizevorsitzende hetzt derzeit durch die Republik, um für die Große | |
Koalition zu werben. Freitag: Berlin, Recklinghausen, Wegberg. Samstag: | |
Pfungstadt, Aßlar, Lich. Sonntag: Heidenheim, Oberursel, Darmstadt. 2.000 | |
Kilometer, wenig Schlaf, viel Kaffee. Bei mehreren Veranstaltungen hat sich | |
Schäfer-Gümbel mit Juso-Chef Kevin Kühnert gestritten, dem Anführer der | |
No-Groko-Revolte. Beide finden sich sympathisch, aber politisch sind sie | |
gerade erbitterte Gegner. | |
Jetzt, am Montagvormittag, sitzt Schäfer-Gümbel mit müden Augen im Café | |
Einstein an der Berliner Kurfürstenstraße. Parkett, gestärkte Tischdecken, | |
Schwarzweißfotos, die Gediegenheit des alten Westberlin. Schäfer-Gümbel, | |
48, Spitzname: TSG, praktischer Kurzhaarschnitt, schwarze Brille mit dicken | |
Gläsern, ist ein SPD-Linker, aber einer von der pragmatischen Sorte. Sie | |
schätzen ihn in der SPD wegen seiner Besonnenheit. Wie der Rest der Spitze | |
wirbt er für den Koalitionsvertrag, er hat selbst das Kapitel zu Verkehr | |
und Infrastruktur mit verhandelt. | |
Normalerweise vermeidet Schäfer-Gümbel harsche Zuspitzungen. Doch wenn es | |
um die Chaostage in der SPD geht, wird er deutlich. Unmittelbar nach den | |
Koalitionsverhandlungen tat die SPD ja alles, um die eigenen Erfolge | |
vergessen zu machen: Schulz kündigte an, den Parteivorsitz an Nahles | |
abzugeben – und ins Auswärtige Amt zu wechseln. Noch-Außenminister Gabriel | |
schickte seine Tochter vor, um den „Mann mit den Haaren im Gesicht“ zu | |
beleidigen. Auf Schulz’ Ankündigung folgte ein innerparteiliche Aufstand. | |
Das Willy-Brandt-Haus wurde mit wütenden E-Mails bombardiert, fassungslose | |
Genossen stritten in Sitzungen in Landes- und Bezirksverbänden. Wenig | |
später schmiss Schulz hin. | |
Dass der SPD-Vorstand dachte, Schulz könne neben einer Parteichefin Nahles | |
Außenminister werden, sei eine „kollektive Fehleinschätzung“ gewesen, sagt | |
Schäfer-Gümbel. Das stimmt, aber wie konnte es dazu kommen? Versteht die | |
Parteielite nicht mehr, was die unten denken? | |
Schäfer-Gümbel antwortet schnell, den Vorwurf hat er schon oft gehört: „Die | |
Probleme der SPD lassen sich nicht auf ‚oben und unten‘ reduzieren.“ | |
Unterschiedliche Ansichten gebe es nämlich auch im Vorstand, aber | |
Ergebnisse würden gemeinsam nach außen getragen. Das stimmt, einerseits. | |
Einige in der SPD-Spitze hatten eindringlich gewarnt, dass Schulz’ Ticket | |
ins Außenamt schlecht ankommen würde. | |
Andererseits häufen sich Belege, dass die SPD-Spitze nicht mehr weiß, wie | |
die Basis tickt. Nach der Schulz-Causa scheiterte Andrea Nahles mit ihrem | |
Plan, den Parteivorsitz sofort kommissarisch zu übernehmen. Wieder regte | |
sich Widerstand in der Partei. Und die SPD hat kein Oben-unten-Problem? | |
## Wie stimmen die Karteileichen ab? | |
Wenn Spitzengenossen wie Schäfer-Gümbel begründen, warum die SPD Ja zur | |
Groko sagen wird, erzählen sie gern über ihre Gespräche mit der Basis. Dass | |
ihre Argumente ziehen. Auch die Skeptiker würden anerkennen, dass die SPD | |
im Koalitionsvertrag viel erreicht hat. Doch es bleibt Unsicherheit. Denn | |
entscheiden wird die schweigende Mehrheit, die sich nie im Ortsverein | |
blicken lässt, deren Mailadresse das Willy-Brandt-Haus nicht hat, deren | |
tägliches Leben wenig mit dem Parteibuch zu tun hat, das irgendwo in einer | |
Schublade liegt. Auch die desaströsen 16 Prozent in den Umfragen können ja | |
beides sein. Frust über die neue Große Koalition – oder Frust über ihren | |
holperigen Start. Wahrscheinlich, das ist das Schlimme, stimmt beides. | |
Ulrike Andreas aus Waltrop im nördlichen Ruhrgebiet ist entsetzt über die | |
Nachrichten aus Berlin. „Chaotisch und unwürdig“ findet die 61-Jährige den | |
Personalpoker. Ihr Mann Jürgen, der unter seiner Funktionsjacke ein rotes | |
SPD-Shirt trägt, hält das Ganze für „eine Katastrophe“. Das Paar ist am | |
Aschermittwoch nach Schwerte gekommen, um den neuen Star der SPD zu sehen: | |
Andrea Nahles, die SPD-Fraktionsvorsitzende, die auch Parteivorsitzende | |
werden will. Nahles soll in der Gaststätte Freischütz in einem hohen Saal, | |
der von Kronleuchtern mit Leuchtkugeln aus Milchglas in ein warmes Licht | |
getaucht wird, die Depression vertreiben. Hier, in der viel beschworenen | |
Herzkammer der Sozialdemokratie, in Nordrhein-Westfalen, wo knapp ein | |
Viertel aller GenossInnen zu Hause sind. | |
Immerhin 400 Sozialdemokraten sind gekommen. Der Applaus für Nahles, die | |
erste Frau an der Fraktionsspitze, ist verhalten. Viele ältere Herren | |
tragen weiße Hemden zum dunklen Jackett, viele Damen Blazer. Schwarz, | |
Dunkelgrau, Dunkelblau sind die vorherrschenden Farben – dazwischen manche | |
mit dem SPD-Rot. Auf den Tischen stehen Halbliter-Bierkrüge oder | |
Weinschorlen. Die Atmosphäre changiert zwischen Bierzelt und Bankett. | |
## Betretenes Schweigen bei Groschek in Schwerte | |
Michael Groschek, 61, der Chef der SPD in Nordrhein-Westfalen, den hier | |
alle „Mike“ nennen, versucht die gedämpfte Stimmung aufzuhellen. Die SPD | |
könne bei Kommunal-, Europa-, Bundes- und Landtagswahlen siegen, wenn die | |
Partei nur zusammenstehe und sich nicht im Streit um die Groko zerlege. | |
Einheit, Geschlossenheit, das Übliche. Als Groschek sich dann ausmalt, wie | |
er im Jahr 2022 vor der Düsseldorfer Staatskanzlei stehe und „Ihr könnt | |
nach Hause gehen“ in Richtung CDU singe, schauen viele betreten zu Boden. | |
Denn Groschek singt wirklich. | |
Auch Nahles hat keinen guten Tag. Sie ist schwer erkältet, krächzt, will | |
aber nicht leise reden. Die 47-jährige, von der das Schicksal der SPD | |
abhängt wie von niemand sonst, schaltet in ihren gewohnten Angriffssound. | |
„Die Göttinnen-Dämmerung hat bei der CDU doch längst begonnen“, ruft Nah… | |
heiser. Fast pflichtschuldig wirbt sie für den Koalitionsvertrag mit der | |
Union. Die Einschränkung der prekären Jobs, die zusätzlichen Pflegekräfte, | |
der soziale Arbeitsmarkt: all das seien doch sozialdemokratische Erfolge. | |
Nahles versucht, den Glauben an Glück durch Arbeit, den viele der über | |
sechzigjährigen GenossInnen verinnerlicht haben, zu bedienen: „Die Leute | |
bekommen Arbeit, nicht irgendeine Maßnahme“, ruft sie. „Arbeit, Arbeit, | |
Arbeit – das ist Würde.“ Der Applaus ist dünn. Viele gehen danach eilig z… | |
Ausgang. Andere starren auf die Bierkrüge vor sich. Nichts ist leicht in | |
der SPD derzeit. | |
Viele Genossen hassen die Große Koalition, finden aber die Alternative, | |
Neuwahlen, noch fürchterlicher. Regieren aus Verzweiflung, schlimmer geht | |
es kaum. Am Samstag in einer Woche werden 120 Freiwillige, ausgerüstet mit | |
zwei Hochleistungsschlitzmaschinen im Willy-Brandt-Haus rund 400.000 Briefe | |
auszählen. Ein teures Unterfangen, eineinhalb Millionen Euro. | |
## Nancy Böhning organisiert die Abstimmung | |
Nancy Böhning, 38, die seit ein paar Wochen Bundesgeschäftsführerin der | |
Partei ist, organisiert die Wahl und die Auszählung, verschickt Mails an | |
die Basis. Schwarzer Rolli, hochgesteckte blonde Haare, energische Stimme. | |
„Ich glaube, dass die Mehrheit Ja zum Koalitionsvertrag sagen wird“, sagt | |
sie. Was, wenn nicht – daran will in der SPD-Spitze derzeit niemand auch | |
nur denken. Das Problem: Das Willy-Brandt-Haus hat nur von gut der Hälfte | |
der Parteimitglieder Mail-Adressen. Rund 240.000 GenossInnen haben von der | |
SPD-Parteizentrale eine Mail mit einem Text des SPD-Verhandungsteams | |
bekommen. „Wir empfehlen Dir aus Überzeugung, mit JA zu stimmen“, steht | |
darin. Unterzeichnet hat noch Martin Schulz. | |
Der Rest ist auch für die Kampagnenmacher, die die SPD von der Groko | |
überzeugen wollen, nicht leicht erreichbar. „Die Unterstützung für die | |
Groko durch das Willy-Brandt-Haus wurde 2013 als zu offensiv empfunden“, | |
sagt Nancy Böhning in ihrem Büro hoch über Berlin-Kreuzberg. 2013 schaltete | |
die SPD-Führung sogar in der Bild-Zeitung eine Anzeige für die Groko. Jetzt | |
hat sich in der SPD die Erkenntnis durchgesetzt, dass man von einer Debatte | |
nicht reden kann, wenn es nur Pro-Stimmen gibt. | |
So kommt im Parteiblatt Vorwärts auch Juso-Chef Kevin Kühnert zu Wort – in | |
einem Streitgespräch mit SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Daneben wird | |
allerdings wie gehabt mit Nahles-Interview und Anzeigen der | |
SPD-Bundestagsfraktion ordentlich die Trommel für die Linie des | |
Parteivorstands gerührt. Und: Es wäre ja auch befremdlich, wenn Kühnert, | |
der in allen Fernsehkanälen und den Zeitungen präsent ist, nur im | |
SPD-Parteiblatt persona non grata wäre. | |
In der SPD herrscht eine seltsame Mixtur aus Alternativbewegungs-Moral und | |
kernigen Top-down-Ansagen. Zur Parteikultur gehört das Basta, und ein | |
eiserner Paternalismus, der noch aus der Ära der Auseinandersetzung mit | |
Nazis und Stalinisten stammt. Die Mischung aus autoritärem | |
Arbeiterbewegungszentralismus und Basisdemokratie wirkt oft schwergängig. | |
Und widersprüchlich. Die Basis darf über die Regierungsbeteiligung | |
abstimmen. Aber die Führung versendet mit den Wahlzetteln sicherheitshalber | |
eine Handreichung, wie man abstimmen soll. | |
## „Keine einseitige Kampagne gefahren“ | |
„Mit der SPD in der Regierungsverantwortung können wir in den nächsten | |
Jahren viel bewegen“, heißt es in einem Schreiben der | |
Verhandlungskommission, der mit dem Wahlzettel an die Parteimitglieder | |
versandt wurde. Die Jusos finden das unfair, bevormundend, zumindest | |
überflüssig. | |
„Der Parteivorstand wirbt für die Inhalte des Koalitionsvertrages, aber wir | |
fahren keine einseitige Kampagne“, sagt Böhning. Ihr Zauberwort lautet | |
Kulturwandel. Der soll die Kluft zwischen dem Anspruch, dass die Basis das | |
Sagen haben darf, und jenem, dass die Führung am Ende bestimmt, irgendwie | |
überbrücken. Kulturwandel, so wie Böhning es sich vorstellt, bedeutet, dass | |
die Groko-Gegner bei Regionalkonferenzen präsent sein dürfen und die | |
Juso-Landesvorsitzenden auf dem Podium sitzen. Ein bisschen mehr Demokratie | |
wagen. | |
Dass es mit dem Kulturwandel nicht so ganz einfach ist, zeigte indes die | |
Informationspolitik des Willy-Brandt-Hauses nach den Sondierungen. Kaum | |
hatte Martin Schulz das Sondierungspapier als „hervorragend“ gelobt, mailte | |
die Parteizentrale 60 Punkte an die GenossInnen, bei denen sich die SPD | |
durchgesetzt hatte. „Diesen Duktus“, sagt Böhning selbstkritisch, „haben | |
manche für zu euphorisch gehalten.“ Infos, die auch zeigten, wo die SPD | |
schwierige „Kompromisse hat machen müssen“, kämen bei der Basis sowieso | |
besser an. | |
Böhning kommt aus Ostdeutschland und hat eine typische Parteikarriere | |
gemacht. Studium, Referentin bei Abgeordneten, dann Büroleiterin bei | |
Manuela Schwesig und Katarina Barley. Dass sie den Job der | |
Bundesgeschäftsführerin bekam, verdankt sie dem Ungeschick von Martin | |
Schulz. Der wollte die Ex-Jusochefin Johanna Uekermann für den Posten. Als | |
die amtierende Bundesgeschäftsführerin Juliane Seifert das mitbekam, | |
kündigte sie, Uekermann wollte sowieso nicht. Es ist viel schiefgegangen | |
bei der SPD. | |
Böhning hat sich für Gleichstellung engagiert. Vielleicht sind Frauen wie | |
sie die Zukunft der SPD, wenn die noch eine hat. Denn nicht nur die | |
holprigen Lockerungsübungen der Parteizentrale in Sachen innerparteilicher | |
Demokratie sind anders als 2013. Vor fünf Jahren hatte die SPD bei der Wahl | |
ein paar Prozent gewonnen und die Hoffnung, sie würde in der Regierung | |
Punkte machen. Damals waren sogar die Jusos gespalten, ob Regieren richtig | |
sei. Jetzt ist die Müdigkeit, noch mal vier Jahre mit der Union regieren zu | |
müssen, viel größer als 2013. | |
Wie die Basis tickt, ist, anders als vor gut vier Jahren, wirklich offen. | |
Entscheiden werden nicht die Aktiven, die zu den Regionalkonferenzen | |
gehen, sondern die rund 400.000 SPD-Karteileichen. Eigentlich gelten die | |
Inaktiven als konservativer und staatstragender als die oft linksliberal | |
denkenden Delegierten auf Parteitagen. Doch diesmal ist deren Stimmung, vor | |
allem seit dem Abgang von Martin Schulz, allen Beteiligten ein Rätsel. Wie | |
das Hin und Her um die Groko, wie das komplette Versagen der SPD-Spitze, | |
die Schulz gewähren ließ, bei den Parteileichen ankommt, weiß auch in der | |
Parteispitze niemand so genau. An der Basis, so ein Mitarbeiter des | |
Willy-Brandt-Hauses, „herrscht Kopfschütteln“. | |
Am Sonntagmorgen, den 4. März, wird feststehen, ob die Republik eine solide | |
Regierung bekommt hat – oder ob erst einmal eine | |
Merkel-Minderheitsregierung und dann Neuwahlen anstehen. Die SPD-Spitze | |
glaubt fest an ihren Erfolg. Wegen Europa, wegen des guten | |
Koalitionsvertrages. Aber auch beim Brexit, bei Trump, bei den | |
Jamaika-Verhandlungen waren sich viele sicher, wie es ausgeht. Als Jamaika | |
vor zwei Monaten implodierte, war die SPD-Spitze ratlos, überrascht, | |
überfordert. Sie hatte keinen Plan B und wirkte tagelang orientierungslos. | |
Was passiert, wenn die Basis gegen die Groko stimmt? „Dann ist die SPD, | |
dann ist das ganze Land in einer schwierigen Situation“, sagt | |
Schäfer-Gümbel knapp. Mehr nicht. Die SPD-Spitze hat keinen Plan B. Schon | |
wieder nicht. | |
24 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
Ulrich Schulte | |
Andreas Wyputta | |
## TAGS | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
SPD-Basis | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
SPD | |
Große Koalition | |
GroKo | |
SPD-Mitgliederentscheid | |
Bundestag | |
Sozialdemokratie | |
SPD | |
Kevin Kühnert | |
Medien | |
Lesestück Interview | |
SPD | |
taz.leicht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Crashkurs Grundgesetz: Das passiert, wenn die SPD Nein sagt | |
Lehnen die SPD-Mitglieder die Groko ab, beginnt am Sonntag ein | |
komplizierter Prozess. Neuwahlen sind dann möglich – aber nicht zwingend | |
vorgeschrieben. | |
Debatte SPD-Abstimmung zur Groko: Auf dem Weg zum Kollaps | |
Die Groko-Gegner Kühnert & Co wollen nicht zu viel, sie wollen zu wenig. | |
Warum die SPD trotz aller Skepsis Ja zur Großen Koalition sagen sollte. | |
Mitgliederentscheid der SPD: Kopf über Herz | |
Als Generalsekretärin der SPD Baden-Württemberg kämpfte Luisa Boos in den | |
letzten Wochen für die Groko – an die sie gar nicht glaubt. Was treibt sie | |
an? | |
Politikstil von Kevin Kühnert: Die neue Sachlichkeit | |
Der Juso-Chef liefert den Gegenbeweis dafür, dass man heutzutage nur mit | |
Populismus erfolgreich sein kann. Er war drei Wochen auf NoGroko-Tour. | |
Abstimmung über Rundfunkgebühren: Angriff auf die Schweizer ARD | |
Marktradikale und Rechtspopulisten fordern ein Verbot von „Zwangsgebühren“ | |
zur Finanzierung von öffentlich-rechtlichen Medien. | |
Vizechef über seine Partei: „Sonst stirbt die SPD“ | |
Die SPD muss sich erneuern, um zu überleben, sagt Thorsten Schäfer-Gümbel. | |
Ein Gespräch über sozialdemokratische Chaostage. | |
Mitgliederentscheid der SPD: Fakten, Fakten, Fakten | |
Die SPD-Mitglieder stimmen über die Koalition mit der Union ab und | |
entscheiden damit über die Zukunft der Partei. Wie funktioniert die | |
Abstimmung? | |
Leichte Sprache: Vertrag von CDU, CSU und SPD | |
Die Parteien CDU, CSU und SPD wollen zusammen in Deutschland regieren. | |
Deshalb haben die Parteien einen Vertrag gemacht. |