# taz.de -- Abstimmung über Rundfunkgebühren: Angriff auf die Schweizer ARD | |
> Marktradikale und Rechtspopulisten fordern ein Verbot von | |
> „Zwangsgebühren“ zur Finanzierung von öffentlich-rechtlichen Medien. | |
Bild: Die umstrittene No-Billag-Initiative war auch beim Schweizer Straßenfasn… | |
In der Schweiz sollen Empfangsgebühren oder Steuern zur Finanzierung und | |
Subventionierung von Radio- und Fernsehsendern durch einen neuen Artikel in | |
der eidgenössischen Verfassung vollständig und dauerhaft verboten werden. | |
Stattdessen soll der Staat künftig Konzessionen zum Betrieb von Radio-oder | |
TV-Sendern auf dem freien Markt versteigern. | |
Die bisherige Verfassungsbestimmung, laut der Radio und Fernsehen „die | |
Ereignisse sachgerecht darstellen“ und „die Vielfalt der Ansichten | |
angemessen zum Ausdruck bringen muss“, soll ersatzlos gestrichen werden. | |
Das fordert eine von libertären und marktradikalen Kräften lancierte und | |
inzwischen auch von der rechtspopulistischen „Schweizer Volkspartei“ (SVP) | |
unterstützte Initiative namens „No Billag!“. | |
Über das Thema sollen die Eidgenossen am 4. März in einer Volksabstimmung | |
entscheiden. Billag ist der Name des Unternehmens, das bislang im Auftrag | |
der Regierung in Bern die Empfangsgebühren für Radio und TV von jährlich | |
450 Franken (etwa 380 Euro) pro Haushalt eintreibt. Ein Erfolg der | |
Initiative würde das Ende der Schweizerischen Radio-und Fernsehgesellschaft | |
(SRG) bedeuten, die zu rund 75 Prozent von den Billag-Gebühren finanziert | |
wird. | |
Neben ihrem Programmauftrag zur medialen Grundversorgung erfüllt die SRG | |
mit drei TV-Vollprogrammen auf Deutsch, Französisch und Italienisch sowie | |
mit bis zu vier Radiowellen in jeder dieser drei Sprachen einen wichtige | |
Integrationsfunktion in der mehrsprachigen Schweiz. Auch von den 21 | |
regionalen Radio- und 13 Fernsehsendern, die bislang Geld aus dem die | |
Billag-Topf erhalten,würde kaum einer überleben. | |
## Neoliberale gründeten Volksinitiative | |
Die „No Billag!“-Initiative wurde 2014 auf den Weg gebracht von einer | |
Gruppe erzkonservativer Wirtschaftsstudenten und Professoren, die | |
staatliche Regeln und öffentliche Daseinsfürsorge nicht nur im | |
Mediensektor, sondern in fast sämtlichen Bereichen strikt ablehnen und | |
diese Aufgaben stattdessen den „Gesetzen des freien Marktes“ und der | |
„Eigenverantwortung des freien Individuums“ überlassen wollen. | |
Sie berufen sich dabei unter anderem auf den österreichischen | |
Nationalökonomen Friedrich August von Hajek, einer der wichtigsten | |
Vordenker des Marktradikalismus. Hajek plädierte für einen Minimalstaat,der | |
sich beschränkt auf die Außenpolitik und die Aufrechterhaltung der | |
öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Chefideologe der | |
„NoBillag!“-Initiative ist der 31-jährige Christian Zulliger. Im Januar | |
2013 legte der damalige Student der Betriebswirtschaft an der Hochschule | |
Sankt Gallen mit einer flammenden Rede gegen den angeblich „übermächtigen“ | |
Staat den ideologischen Grundstein für die Initiative. | |
Die erforderlichen 100.000 Unterschriften, damit die Initiative dem Volk | |
zur Abstimmung vorgelegt werden kann, kamen dank der Unterstützung durch | |
die rechtspopulistische SVP zusammen. Sie stellt die größte Fraktion im | |
Berner Parlament sowie zwei der sieben Minister in der Regierung. Die SVP | |
sieht in der „No Billag!“-Initiative die Chance, endlich die von ihr schon | |
lange als „linken Staatsfunk“ diffamierte SRG zu zerschlagen. | |
Das liegt auch im Interesse des SVP-Chefstrategen und milliardenschweren | |
Unternehmers Christoph Blocher, der bereits die rechtspopulistische | |
„Weltwoche“ und andere ähnlich ausgerichtete Medien besitzt oder | |
finanziert. Bei den SVP-Anhängern liegt die Zustimmung zu „No Billag!“ nach | |
jüngsten Umfragen mit über 70 Prozent doppelt so hoch wie bei den anderen | |
Parteien. Landesweit stößt die Initiative nach diesen Umfragen derzeit | |
mehrheitlich auf Ablehnung, im italienisch-sprachigen Tessin, wo auch die | |
Lega Nord aus Italien massiv für „No Billag!“ wirbt, gibt es ein knappe | |
Mehrheit für ein Ja. | |
28 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
## TAGS | |
Medien | |
Schweiß | |
SVP | |
Rundfunk | |
"No Billag"-Initiative | |
Maischberger | |
Schweiß | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar „NoBillag“-Abstimmung: Schweizer Fingerzeig für ARD und ZDF | |
Die Schweizer haben zwar deutlich für die Öffentlich-Rechtlichen gestimmt. | |
Aber „NoBillag“ hat Probleme aufgezeigt, die auch in Deutschland | |
existieren. | |
Abstimmung in der Schweiz: Mehrheit für die Rundfunkgebühr | |
Laut einer Hochrechnung will eine Mehrheit der Schweizer die Rundfunkgebühr | |
behalten. Befürworter und Gegner hatten monatelang erbittert gestritten. | |
Talkshow über ARD und ZDF: Monologe bei Maischberger | |
Die Maischberger-Debatte über ARD und ZDF bildet gut ab, wie | |
widersprüchlich die Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk oft ist. | |
Rundfunkgebühren in der Schweiz: Schalten die Schweizer ab? | |
Die Schweiz stimmt bald über die „Billag-Gebühr“ ab. Erstmals könnte ein | |
europäisches Land seinen öffentlichen Rundfunk abschaffen. | |
Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
Über Waffen in den USA, bei der Bundeswehr und in der Union. Und wer kann | |
im Bundestag am besten Patriotismus? Pssst: Es ist nicht die AfD. | |
SPD-Basis stimmt über Groko-Vertrag ab: Das Prinzip Hoffnung | |
Für die SPD-Spitze geht es beim Basisvotum um viel. Eine Reise in eine | |
Partei, in der die da oben die da unten nicht verstehen. |