# taz.de -- LGBTQ in Georgien: Abpfiff für Guram Kashia | |
> Der georgische Kicker demonstriert öffentlich seine Unterstützung für | |
> LGBTQ-Rechte. Fans fordern nun seinen Ausschluss aus dem Nationalteam. | |
Bild: Für viele in Georgien ein Hassobjekt: die Regenbogenfahne | |
BERLIN taz | Soviel Shitstorm war nie – zumindest nicht für Guram Kashia. | |
Der 30-jährige Georgier ist Kapitän der georgischen Nationalmannschaft und | |
kickt seit 2010 beim niederländischen Klub Vitesse Arnhem. Zweimal, 2012 | |
und 2013, wurde er in seiner Heimat zum Fußballer des Jahres gewählt. | |
Doch jetzt ist Kashia bei vielen georgischen Fans in Ungnade gefallen. | |
Grund für den Liebesentzug: Er hatte bei einem Spiel seines Vereins Arnhem | |
am 15. Oktober als Zeichen der Unterstützung für die Rechte sexueller | |
Minderheiten ein Armband in Regenbogenfarben getragen. | |
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. „LBGT-Kashia muss aus | |
der Nationalmannschaft ausgeschlossen werden. Die Väter des georgischen | |
Fußballs sollen wissen, dass georgische Fans das Team boykottieren werden, | |
sollte LGBT-Kashia es noch einmal wagen, im Nationaltrikot zu spielen“, | |
schrieb der Journalist Giorgi Gigauri in der Zeitung Asaval-Dasavali. | |
Ähnliches war auch auf der Facebook-Seite der „Bewegung für Gleichheit“ zu | |
lesen – einer Nichtregierungsorganisation, die sich in Georgien für | |
LGBT-Menschen einsetzt. „Guram Kaisha, du kannst nicht länger in der | |
georgischen Nationalmannschaft spielen“, schrieb ein männlicher User aus | |
Tiflis. | |
## Trans-Frau getötet | |
Dererlei krude Einlassungen sind noch harmlos im Vergleich zu dem, was | |
LGBT-Menschen sonst in der Kaukasusrepublik zu erdulden haben. Allein im | |
vergangenen Jahr gab es 30 gewaltsame Überfälle auf Schwule und Lesben. Im | |
Oktober erlag eine Trans-Frau ihren schweren Verletzungen. | |
Im vergangenen August wurden zwei Mitglieder der „Bewegung für Gleichheit“ | |
in Batumi angegriffen. Die Polizei sah tatenlos zu und beschimpfte die | |
Opfer als „Päderasten“. „Im Lande unseres Patriarchen, warum sollten wir | |
solchen Abschaum wie euch auch noch schützen“, soll ein Polizist gesagt | |
haben. | |
Befeuert wird dieses Klima von Hass und Intoleranz nach Kräften von der | |
georgischen orthodoxen Kirche. Dabei schrecken die Popen auch nicht davor | |
zurück, selbst handgreiflich zu werden – so geschehen bei Protesten während | |
einer Homo-Parade in Tiflis 2013. | |
Aber nicht alle lassen sich einschüchtern. So trat bei den Kommunalwahlen | |
am 21. Oktober 2017 in Tiflis mit Nino Bolkvadze für die oppositionelle | |
Republikanische Partei erstmals eine bekennende Lesbe an. Sie sei sehr froh | |
gewesen, sagte die LGBT-Aktivistin unlängst in einem Interview, habe sie | |
doch im Wahlkampf viel Unterstützung erfahren. Endlich fühle sie sich wie | |
eine Person mit eigenen Rechten. | |
Der Kicker Guram Kashia hat sich bislang nicht zu der Diskussion um seine | |
Person geäußert. Dafür aber der ehemalige Präsident des georgischen | |
Fußballverbandes Domenti Sichinawa. „Guram, für mich bist und wirst du | |
immer Teil des georgischen Fußballs sein“, schrieb er auf Facebook. | |
„Mehrmals hast Du gesagt, dass es für Dich eine Ehre war, unter der | |
georgischen Flagge zu spielen. Ich bin stolz, so viele Jahre mit Dir | |
zusammengearbeitet zu haben.“ | |
23 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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