# taz.de -- Kosten für Atommülllagerung: Siemens will Geld für den Abfall | |
> Der Bund prüft, ob das Technologieunternehmen den Staat an den Kosten für | |
> seinen Atommüll beteiligen kann – so wie die Energiekonzerne. | |
Bild: Ehemalige Brennelementefabrik in Hanau (Archivbild von 1994) | |
FREIBURG taz | Auch Siemens will die Kostenrisiken seines Atommülls auf die | |
Steuerzahler übertragen und damit den deutschen AKW-Betreibern folgen. Die | |
Bundesregierung steht dem offen gegenüber. Sie prüft bereits, jene | |
Regelung, mit der die Stromkonzerne ihre Verantwortung für ihre strahlenden | |
Hinterlassenschaften auf den Staat abwälzen konnten, auf weitere | |
„Ablieferungspflichtige“ zu erweitern. | |
Das Ansinnen des Münchner Konzerns liegt nahe, schließlich sitzt auch er | |
auf teuren Atom-Altlasten. Im Hanauer Stadtteil Wolfgang war von den | |
sechziger Jahren an ein Firmengeflecht von Degussa, Siemens und RWE | |
entstanden, das dort bis 1995 Brennelemente fertigte. Neben Uran wurde auch | |
Plutonium zu Mischoxidelementen verarbeitet. Die Branche nannte Hanau | |
damals das „Herz der deutschen Atomindustrie“. | |
Der Rückbau der Anlagen dauerte bis 2006. Nur der Atommüll ist noch immer | |
da. Gleiches gilt für die strahlenden Reste eines nuklearen Forschungs- und | |
Dienstleistungszentrums in Karlstein am Main – an jenem Ort, wo 1961 das | |
Versuchsatomkraftwerk Kahl die ersten Kilowattstunden Atomstrom ins | |
deutsche Netz speiste. | |
Rund 1,55 Milliarden Euro hat Siemens zuletzt an Rückstellungen bilanziert. | |
Laut dem jüngsten Geschäftsbericht ergebe sich diese Summe „auf Basis der | |
geschätzten Dekontaminations- und Umweltschutzverpflichtungen“ an den | |
beiden Standorten. Siemens hofft, die strahlenden Überreste seiner | |
einstigen Geschäfte – als schwach- und mittelradioaktiver Abfall eingestuft | |
– Anfang des kommenden Jahrzehnts im niedersächsischen Endlager Schacht | |
Konrad versenken zu können. | |
Die Menge soll etwa drei Prozent der dort geplanten Kapazitäten in Anspruch | |
nehmen. Neben ökologischen Gefahren dürften auch erhebliche wirtschaftliche | |
Risiken lauern, Ewigkeitskosten genannt. Derer würde sich der | |
Technologiekonzern natürlich gerne entledigen. | |
Die AKW-Betreiber haben diese staatlich betriebene „Enthaftung“ bereits | |
erfolgreich abgeschlossen. Anfang Juli hatten sie 24,1 Milliarden Euro auf | |
Konten des „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“ bei der | |
Deutschen Bundesbank eingezahlt und sich so von den Kosten der Zwischen- | |
und Endlagerung freigekauft. | |
So brütet das Bundeswirtschaftsministerium darüber, wie mit weiteren | |
Interessenten umgegangen werden soll. „Die Bundesregierung prüft derzeit | |
das Ob und Wie einer Erweiterung des Anwendungsbereichs des | |
Entsorgungsfondsgesetzes auf andere Inhaber radioaktiver Abfälle“, teilt | |
ein Ministeriumssprecher mit. | |
Allerdings will man das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten. Eine schnelle | |
Entscheidung wird es nicht geben; erst Ende 2018 soll die Prüfung durch die | |
Bundesregierung abgeschlossen sein. | |
5 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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