# taz.de -- Atomkraft in Deutschland: Konzerne kommen wohl davon | |
> Umweltverbände wollen die Konzerne über den Atommüll-Deal zahlen lassen. | |
> Die SPD will eine neue Brennelementesteuer. | |
Bild: Die genauen Beträge aus dem Atommüll-Deal seien noch nicht verabschiede… | |
BERLIN taz Die Bundesregierung hat erstaunt und enttäuscht auf das | |
[1][Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Brennelementesteuer] reagiert. | |
Man habe mit einer anderen Entscheidung gerechnet, werde das Urteil jetzt | |
aber schnell umsetzen, sagte ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang | |
Schäuble (CDU) am Mittwoch. SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks | |
bezeichnete die Entscheidung als „schallende Ohrfeige für die schwarz-gelbe | |
Vorgängerregierung“, die die Steuer eingeführt hatte. | |
Pläne, sich das Geld auf anderen Wegen von den Konzernen zu holen, gibt es | |
in der Regierung derzeit aber nicht. Grüne und Linke erhoben schwere | |
Vorwürfe gegen die Regierung. Umweltverbände kritisierten vor allem, dass | |
sich die PolitikerInnen in Berlin trotz der laufenden Klage im Dezember | |
2016 mit den AKW-Betreibern auf einen Deal geeinigt hatten, diesen – gegen | |
eine Einmalzahlung – die Verantwortung für die Atommüll-Endlagerung | |
abzunehmen. „Jetzt bekommen Eon, RWE und Co von den 24 Milliarden, die sie | |
an den Staat übertragen, auf einen Schlag 6 Milliarden zurück“, sagte | |
Jochen Stay von der Initiative Ausgestrahlt. | |
Der BUND forderte nun, die rückerstatteten Gelder zusätzlich von den | |
Konzernen zu verlangen. Zwar sei das Gesetz zu dem Atommüll-Deal schon | |
verabschiedet, nicht aber die Verordnung, in der die genauen Beträge | |
festgelegt werden, sagte Energieexperte Thorben Becker. „Dort kann die | |
einzuzahlende Summe noch erhöht werden.“ | |
Davon will das zuständige Bundeswirtschaftsministerium aber nichts wissen. | |
Für den Fonds und die Verordnung „ergeben sich aus der Entscheidung keine | |
Änderungen“, teilte das von Brigitte Zypries (SPD) geführte Haus mit. Die | |
Brennelementesteuer sei „nicht Gegenstand des Entsorgungsfonds“ gewesen. | |
Auch das Umweltministerium geht davon aus, dass das Urteil „keinerlei | |
Auswirkungen“ auf die Vereinbarung mit den Konzernen hat. Eine andere | |
Möglichkeit, das Geld von den Konzernen doch noch zu bekommen, wäre eine | |
Neuauflage der Brennelementesteuer, die zum Jahresende 2016 ausgelaufen | |
war. Das forderte am Donnerstag SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider. „Die | |
Atomwirtschaft muss auch ihren finanziellen Beitrag leisten“, sagte er. | |
„Ich erwarte vom Finanzminister nun einen regulären Gesetzentwurf, der den | |
Bedenken des Verfassungsgerichts Rechnung trägt.“ | |
## Notfalls Verfassung ändern | |
Im Umweltministerium stößt das auf Zustimmung: „Wir brauchen jetzt eine | |
neue Brennelementesteuer“, sagte Staatssekretär Jochen Flasbarth der taz. | |
„Notfalls muss dazu die Verfassung geändert werden.“ Im Finanzministerium | |
seien aber keine entsprechenden Pläne bekannt, sagte Schäubles Sprecher. | |
Erstattet werden soll die gezahlte Brennelementesteuer noch 2017 aus | |
normalen Haushaltsmitteln. Das sei wegen der aktuellen Überschüsse ohne | |
neue Schulden und ohne Nachtragshaushalt möglich, so das Finanzministerium. | |
Zusätzlich zu den 6,3 Milliarden Euro Steuern haben die Konzerne Anspruch | |
auf 6 Prozent Zinsen pro Jahr, sodass die Gesamtsumme bei rund 7 Milliarden | |
Euro liegt. Gegengerechnet wird möglicherweise die Unternehmensteuer, die | |
aufgrund der Brennelementesteuer niedriger ausgefallen ist. Dies wird | |
derzeit geprüft. | |
7 Jun 2017 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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