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# taz.de -- Entzogene Akkreditierungen beim G20: Schwarze Liste mit falschen In…
> Das BKA entschuldigt sich bei JournalistInnen, denen in Hamburg die
> Akkreditierung entzogen worden war. Nicht alle haben bisher eine Aufkunft
> erhalten.
Bild: Kuddelmuddel in Hamburg, auch außerhalb des Tagungsortes
Knapp drei Dutzend JournalistInnen war unmittelbar vor Beginn des Hamburger
G20-Gipfels Anfang Juli die Akkreditierung entzogen worden. Schon damals
war die Begründung der Bundesregierung für die Aktion verblüffend. Unter
den Betroffenen hätten sich „etliche Personen mit Straftaten und
Verurteilungen“ befunden, verkündete seinerzeit ein Sprecher des
Innenministeriums. Dabei seien auch welche gewesen, „über die es
Erkenntnisse gab, dass sie Leiter von Schwarzen Blöcken auf Versammlungen
gewesen sind, die sich dort vor Ort extrem gewalttätig verhalten haben“.
Außerdem hätte es über eine Person „verdichtete Erkenntnisse“ gegeben,
„dass sie dem Reichsbürger-Spektrum zuzuordnen ist“. Sechs Wochen später
haben nun die ersten JournalistInnen schriftlich vom Bundeskriminalamt
(BKA) Auskunft bekommen, wie sie auf der Schwarze Liste gelandet sind – und
sind, freundlich formuliert, verwundert.
So erfuhr der Polizeireporter Frank Bründel aus einem dreiseitigen
Einschreiben, dass das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz dem BKA im
Rahmen des Akkreditierungsverfahren mitgeteilt hatte, er sei bei der
„Revolutionären 1. Mai-Demonstration“ in diesem Jahr in Hamburg
festgenommen worden. Eine Falschauskunft, wie die Behörde jetzt einräumt.
Leider habe sich erst „im Nachgang zum G20-Gipfel“ herausgestellt, „dass
Sie entgegen der zunächst übermittelten Erkenntnislage doch nicht
Teilnehmer an der ‚Revolutionären 1. Mai-Demonstration‘ waren“, schreibt
das BKA. Bründels Aufnahme in die Schwarze Liste habe also „auf einer
unrichtigen Erkenntnislage“ beruht.
Ähnlich absurd verhält es sich im Fall des Berliner Fotografen Florian
Boillot. Aufgrund eines Verfahrens wegen Widerstands gegen
Polizeivollzugsbeamte findet sich sein Name unter verschiedenen
Aktenzeichen sowohl in der Datei „politisch motivierte Kriminalität“ als
auch in der Datei „Gewalttäter Links“.
Der Hintergrund: Während einer Demonstration im März 2016 in Berlin war der
freiberufliche Fotojournalist von einer Polizeikommissarin angerempelt
worden. Als ihr Boillot ankündigt, sich über sie zu beschweren,
„revanchiert“ sich die Polizistin mit einer Anzeige wegen Widerstands. Das
Verfahren endete im Mai 2017 mit einem Freispruch Boillots. Trotzdem blieb
sein Name in den BKA-Computern gespeichert – obwohl das nach BKA-Gesetz
rechtswidrig ist. Er ist empört: „Es darf doch kein Verbrechen sein, meinen
Job zu machen“, sagte Boillot dem ARD-Hauptstadtstudio.
## Plötzlich ein „Reichsbürger“
Mittlerweile haben mindestens drei weitere JournalistInnen
Entschuldigungsschreiben erhalten, darunter auch der vermeintliche
„Reichsbürger“: Der NDR-Reporter Christian Wolf war Opfer einer
Verwechslung geworden, wie die Bundesregierung bereits in der Woche nach
dem Gipfel hatte einräumen müssen. „Dem bedauerlichen Irrtum liegt eine
Namensverwechslung zugrunde, die auf ein falsches Geburtsdatum
zurückzuführen ist“, teilte der Einsatzleiter des BKA beim G20-Gipfel in
Hamburg, Steffen Russ, dem Journalisten in einem persönlichen Brief mit. Er
bedauere die „entstandenen Unannehmlichkeiten“.
Trotz gegenteiliger Versprechungen wartet die Mehrzahl der 32 Betroffenen
bis heute auf eine Auskunft darüber, was ihnen vorgeworfen wird. Die
JournalistInnengewerkschaften sind empört. „Es ist ein Skandal, dass mit
dem Ruf und der beruflichen Existenzgrundlage von Journalisten so
umgegangen wird“, sagte der stellvertretende Verdi-Vorsitzende Frank
Werneke im Namen der Deutschen JournalistInnen-Union.
„Ich gehe davon aus, dass bald noch mehr Fälle bekannt werden, in denen
sich Behördenchaos als der wahre Grund für den illegitimen Entzug von
Akkreditierungen herausstellt“, sagte der Vorsitzende des Deutschen
Journalisten-Verbands, Frank Überall. „Wenn derart gedankenlos in
Grundrechte wie die Pressefreiheit eingriffen wird, bekomme ich langsam
Angst“, sagte er der taz. Deshalb sei es „so wichtig, dass endlich
lückenlos aufgeklärt wird und dass Konsequenzen folgen, um das beschädigte
Vertrauen in BKAund Co wiederherzustellen“.
20 Aug 2017
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Schwerpunkt G20 in Hamburg
Akkreditierung
Journalismus
BKA
Schwerpunkt Pressefreiheit
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G20-Gipfel
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