# taz.de -- Aussperrung von Journalisten von G20: Sogar die CSU regt sich auf | |
> CSU-Innenexperte Mayer sieht „Handlungsbedarf“, Justizminister Maas | |
> fordert Aufklärung über den Datenmissbrauch beim BKA vor dem G20-Gipfel. | |
Bild: Justizminister Heiko Maas (SPD) spricht von „schwerwiegenden Vorwürfen… | |
Köln/Berlin afp/dpa | Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im | |
Bundestag, Stephan Mayer (CSU), sieht angesichts der Datenaffäre beim | |
Bundeskriminalamt (BKA) „dringenden Handlungsbedarf“. Es seien in den | |
Fällen der zu Unrecht vom Hamburger G20-Gipfel ausgeschlossenen | |
Journalisten „ganz unterschiedliche Fehlerquellen“ ausgemacht worden, denen | |
nun „sehr intensiv nachgegangen werden“ müsse, sagte Mayer am Donnerstag im | |
Deutschlandfunk. Tätig werden müssten „das BKA, aber auch alle Länder und | |
die Landessicherheitsbehörden“. | |
Das Bundesinnenministerium hatte am Mittwoch eingestanden, [1][dass | |
mindestens vier Journalisten Anfang Juli die Akkreditierungen für den | |
G20-Gipfel in Hamburg zu Unrecht entzogen worden waren]. In keinem der | |
Fälle soll der Fehler allerdings beim BKA selbst gelegen haben. Vielmehr | |
sollen andere Behörden auf Bundes- und Länderebene verantwortlich sein. | |
Insgesamt waren in Hamburg 32 Journalisten die Akkreditierungen entzogen | |
worden. Eine ARD-Recherche ergab nun, dass allein in der BKA-Fallgruppe zur | |
inneren Sicherheit derzeit 109.625 Menschen und mehr als eine Million | |
Datensätze zu Delikten gespeichert sein sollen, was eine Debatte über | |
womöglich massenhafte illegale Datenspeicherung auslöste. | |
Mayer sagte am Donnerstag, den aufgedeckten Fehlern müsse nun „sehr | |
akribisch und sehr sorgfältig“ nachgegangen werden. Niemand solle sich aber | |
„in irgendwelchen Spekulationen ergehen, dass es hunderttausendfachen oder | |
millionenfachen Missbrauch gibt von Daten durch das BKA oder durch andere | |
Sicherheitsbehörden“, warnte der CSU-Politiker. | |
## Bundesregierung kündigt Entschuldigung an | |
In vier der insgesamt 32 Fälle stehe der Fehler fest, ein fünfter Fall | |
dürfte hinzukommen, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. | |
Bei allen anderen Fällen sei „nach derzeitigem Stand“ aber ordnungsgemäß | |
verfahren worden. Das Ministerium bedauere die inakzeptablen | |
Fehlentscheidungen. Für die Bundesregierung kündigte Vize-Sprecherin Ulrike | |
Demmer eine Entschuldigung bei den Betroffenen an. | |
Während des von schweren Gewalttaten begleiteten G20-Gipfels Anfang Juli in | |
Hamburg war den Journalisten nachträglich die bereits erteilte | |
Akkreditierung entzogen worden. [2][Neun Journalisten klagen vor dem | |
Berliner Verwaltungsgericht] und wollen feststellen lassen, dass die | |
Maßnahme rechtswidrig war. Vor allem sollen Daten unzulässig gespeichert | |
worden sein, obwohl sie hätten gelöscht werden müssen. | |
Das Bundesinnenministerium betonte, es habe kein „einheitliches | |
Fehlermuster“ gegeben. In einem Fall liege eine Personenverwechslung vor, | |
in anderen Fällen seien Daten zu Unrecht nicht gelöscht oder etwa ein | |
Freispruch nicht vermerkt worden, sagte der Sprecher. In keinem der Fälle | |
seien die Fehler beim Bundeskriminalamt (BKA) selbst, sondern bei | |
zuliefernden Behörden geschehen. | |
## Neues IT-System in Arbeit | |
Eine BKA-Sprecherin erklärte, zu einzelnen Fällen könne sie sich nicht | |
äußern. Grundsätzlich seien die Daten in einer Verbunddatei verschiedener | |
Behörden gespeichert, für die Qualität sei der jeweilige Ersteller des | |
Datensatzes zuständig. Natürlich gebe es aber immer wieder Überprüfungen | |
durch Datenschützer. Zudem arbeite man an einem neuen IT-System, bei dem | |
man auch die Datenqualität weiter erhöhen wolle. | |
Auch das Bundesinnenministerium sieht hier Handlungsbedarf. Als Konsequenz | |
aus den Fehlern müsse der Umgang mit Daten bei Polizei und BKA verbessert | |
und stärker vereinheitlicht werden, sagte der Sprecher. Das sei ein | |
längerfristiger Prozess, der bereits begonnen habe. | |
Nach einem Bericht des ARD-Hauptstadtstudios könnte das BKA millionenfach | |
falsche oder rechtswidrige Daten gespeichert haben. Justizminister Heiko | |
Maas (SPD) sprach von „schwerwiegenden Vorwürfen“ und forderte eine | |
sorgfältige Aufklärung. „Ganz klar: Unnötig gespeicherte Daten schaffen | |
nicht mehr, sondern weniger Sicherheit“, sagte er der ARD. Das BKA | |
erklärte, die von der ARD gezogenen Schlüsse über das Ausmaß stimmten so | |
nicht. | |
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) sprach von einem „Abgrund an | |
Datenmissbrauch“ und forderte Aufklärung. Journalisten seien | |
Berichterstatter und nicht kriminelle Straftäter. Für deren Erfassung gebe | |
es keine Grundlage, sagte der Bundesvorsitzende Frank Überall. | |
31 Aug 2017 | |
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