| # taz.de -- Kommentar Frauen im Bundestag: Vorne machen es die Männer | |
| > Im nächsten Bundestag werden noch weniger Frauen sitzen. Woran liegt das? | |
| > An den Männern, die immer nach vorne wollen, oder an Strukturen? | |
| Bild: Demnächst werden hier noch weniger Frauen mitreden dürfen | |
| Zum Beispiel Katarina Barley. Mitten im Wahlkampf wird die SPD-Frau als | |
| Generalsekretärin ihrer Partei durch Hubertus Heil ausgetauscht und muss | |
| ins Familienministerium wechseln. Nun ist das Amt der Frauenministerin | |
| keineswegs gering zu schätzen, Familien- und Genderpolitik sind heiß | |
| umkämpfte Felder. | |
| Aber die Personalie hatte etwas von Boshaftigkeit: Wir in der SPD finden, | |
| dass die Frau den Job im Willy-Brandt-Haus nicht gut genug gemacht hat, | |
| deshalb muss da jetzt mal (wieder) ein Mann ran. | |
| Heil ist den Beweis, dass er die SPD und ihren Kanzlerkandidaten Martin | |
| Schulz bis ganz nach oben puschen kann, bislang schuldig geblieben. Aber | |
| was soll’s, dem Mann wurden mehr Kompetenz und Talent zugeschrieben. | |
| Nun könnte man die Sache auch ganz anders sehen, als eine | |
| Aufstiegsgeschichte von Frauen nämlich, in der Barley eine wichtige Rolle | |
| spielt. Die andere Sicht auf die Personalrochade geht so: | |
| ## Mehr Auswahl war drin | |
| In Mecklenburg-Vorpommern ist ein Ministerpräsident aus persönlichen | |
| Gründen zurückgetreten, ihm folgte eine Frau ins Amt, die frühere | |
| Familienministerin Manuela Schwesig und noch frühere Sozialministerin des | |
| Nordlandes. Der Wechsel von Berlin nach Schwerin ist der nächste | |
| Karriereschritt dieser engagierten, im Familienministerium gewachsenen | |
| SPD-Politikerin. | |
| Wer aber wird nun Familienministerin? Eine Frau, klar, da gibt es bei den | |
| Sozialdemokraten keine Frage. Schließlich will die SPD eine moderne, | |
| gegenderte Partei sein. Aber welche Frau passt? Als Partei mit einem | |
| vergleichsweise hohen Frauenanteil hätte die SPD nicht nur Katarina Barley | |
| gehabt. Natürlich kann nicht jede Familienministerin, das hat die CDU | |
| beispielsweise mit Kristina Schröder bis 2013 prima vorgemacht. Aber da | |
| gibt es auch noch Elke Ferner, seit Jahrzehnten aktiv in der | |
| SPD-Frauenpolitik und seit 2013 Parlamentarische Staatssekretärin im | |
| Familienministerin. Sie will zwar nicht mehr für den Bundestag kandidieren, | |
| aber sie kennt das Haus bis in den letzten Winkel und hätte es bis zum 24. | |
| September gut führen können. | |
| Mit einem ähnlichen Wechsel hat die SPD bereits gute Erfahrungen gemacht: | |
| Als Sigmar Gabriel im Januar vom Wirtschafts- ins Außenministerium | |
| wechselte, folgte ihm die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte | |
| Zypries. | |
| Lange Rede, kurzer Sinn: Barley war Verschiebemasse zugunsten eines Mannes. | |
| ## Ernüchterndes Bild | |
| Eine Frau muss dreimal so gut sein wie ein Mann, um dieselbe Anerkennung zu | |
| bekommen, beklagten Feministinnen mantraartig in den 1990er Jahren. Heute – | |
| in Zeiten von Quoten und Spitzenfrauen in Politik, Wirtschaft, | |
| Wissenschaft, Medien – sollte diese Frauenverachtung überwunden sein. | |
| Doch weit gefehlt. Der Blick auf den nächsten Bundestag ist ernüchternd. | |
| Die FDP dürfte erneut ins Parlament einziehen, vermutlich zum ersten Mal | |
| die AfD. Beides Parteien mit einem überaus hohen Männeranteil und männlich | |
| dominierten KandidatInnenlisten. | |
| Das Geschlechterverhältnis dürfte sich verändern. Demoskopen gehen davon | |
| aus, dass der Frauenanteil im Parlament von derzeit 37 auf nur noch 32 | |
| Prozent sinken wird. | |
| Liegt es an den Frauen, die sich nicht so gern in den Vordergrund drängen? | |
| An den Männern, die sich gern in den Vordergrund drängen? An den Strukturen | |
| und einem stressigen Politikalltag, der oft familienfeindlich ist? | |
| Sicher von allem etwas. Ein nicht zu vernachlässigender Grund jedoch ist | |
| die nach wie vor existierende Misogynie: Frauen? Ja gern. Aber vorn bitte | |
| Männer. Darüber kann Katarina Barley sicher einiges erzählen. | |
| 15 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
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