# taz.de -- Teske-Schule in Schöneberg: Eine „Sonderschule“ für Geflücht… | |
> Die Bildungsverwaltung will ab kommendem Schuljahr jugendliche | |
> Flüchtlinge separat in „Profilklassen“ beschulen. Grüne und Initiativen | |
> kritisieren das. | |
Bild: Auch Star-Köchen Sarah Wiener war 2015 in der Teske-Schule, damals noch … | |
Berlin braucht angesichts steigender Schülerzahlen dringend neue Schulen; | |
ob die Stadt diese neue Schule braucht, ist allerdings fraglich: An der | |
ehemaligen Teske-Schule am Tempelhofer Weg in Schöneberg plant die | |
Verwaltung von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) zum neuen Schuljahr | |
Lerngruppen einzurichten, in denen ausschließlich jugendliche Flüchtlinge | |
lernen sollen – und zwar solche, die zuvor an regulären Schulen nicht den | |
Sprung heraus aus den Deutschlerngruppen (vulgo „Willkommensklassen“) | |
geschafft haben. Vier bis fünf Lerngruppen mit je 17 Jugendlichen sind laut | |
Bildungsverwaltung derzeit geplant. | |
Die Kritik an dem Vorhaben fiel heftig aus. „Wir halten das für pädagogisch | |
falsch und integrationsfeindlich“, schrieb die Initiative „Schöneberg | |
hilft“ am Dienstagabend in einer Mitteilung. Von „Ausgrenzung“ und | |
„Segregation statt Inklusion“ sprach der Berliner Flüchtlingsrat. | |
Dass Flüchtlingsklassen in der stillgelegten ehemaligen Sekundarschule | |
unweit des Tempelhofer Felds eingerichtet werden sollen, ist zwar nicht | |
neu. Bereits im Februar 2016 wurden entsprechende Pläne der | |
Bildungsverwaltung öffentlich. | |
Neu ist aber, wie diese Klassen nach einem ersten Entwurf aus der | |
Bildungsverwaltung konkret aussehen sollen. Denn 2016 bestand die Notlage | |
darin, dass die umliegenden Schulen schlicht keinen Platz mehr für weitere | |
Willkommensklassen, insbesondere für die Kinder der Massenunterkunft auf | |
dem Tempelhofer Feld, hatten. Auch in Lichtenberg wurde damals in der Nähe | |
der Notunterkunft in der Ruschestraße eine solche „Flüchtlingsschule“ | |
eingerichtet. | |
Ein Jahr später ist das Problem ein anderes: Immer mehr geflüchtete Kinder | |
und Jugendliche wechseln nun in die Regelklassen – und nun werden, | |
eigentlich nicht überraschend, dort die Plätze knapp. Das geht zumindest | |
aus einem internen Rundschreiben der Senatsbildungsverwaltung an „Schulen | |
mit Willkommensklassen berlinweit“ hervor, das der Berliner Flüchtlingsrat | |
auf seiner Facebookseite veröffentlichte. Die Schulen werden aufgerufen, | |
der Bildungsverwaltung potenzielle Schüler für die Teske-Schule zu melden, | |
die in das Profil passen: 15 bis maximal 17 Jahre, „nicht oder wenig | |
alphabetisiert und/ oder keine bzw. geringe schulische Vorkenntnisse“. | |
## „Gezielte Angebote“ | |
Ein Versuch, Platz zu schaffen, indem man die schwer Vermittelbaren in eine | |
Art Sonderschule für Flüchtlinge ausgliedert? Wohl eher nicht: Der | |
Entlastungseffekt dürfte sich bei maximal 85 SchülerInnen in Grenzen | |
halten. | |
Quatsch, heißt es denn auch aus der Bildungsverwaltung. Vielmehr gehe es | |
darum, „Profilklassen“ einzurichten, in denen man den Jugendlichen | |
„gezielte Angebote“ machen kann, sodass sie doch noch den Sprung in die | |
reguläre 10. Klasse oder in die Berufsqualifizierung an den | |
Oberstufenzentren schaffen. | |
Insbesondere Deutsch, Mathematik und Englisch sollen in den Profilklassen | |
unterrichtet werden, gesucht werden dafür „erfahrene Willkommenslehrkräfte | |
mit besonderem Profil, zum Beispiel Alphabetisierung sowie Mathe und | |
Englisch“. Das regionale Jobcenter und die umliegenden beruflichen Schulen | |
sollen bei der Berufsorientierung helfen. Es gehe darum, den Jugendlichen | |
„mehr Zeit zu geben auf ihrem Weg in Ausbildung und Beruf“, teilt eine | |
Sprecherin der Bildungssenatorin mit. Auch Extrastunden für Sozialarbeiter | |
am Standort sollen „geprüft“ werden. Bis zu zwei Jahre sollen die | |
Jugendlichen in den Profilklassen bleiben dürfen. | |
Dennoch war das Konzept der Bildungsverwaltung in puncto Flüchtlinge bisher | |
ein anderes: möglichst viel Integration in einen normalen Schulalltag mit | |
anderen Gleichaltrigen, möglichst wenig Separation. In der Teske-Schule | |
sind die Jugendlichen dagegen weitgehend unter sich. | |
## Initiative: „Das geht schief“ | |
Nun kann man der Bildungsverwaltung zugutehalten: Wenn man merkt, es klappt | |
nicht in den Willkommensklassen, muss man halt neu denken. | |
„Ich glaube der Bildungsverwaltung, dass sie es gut meint. Aber es wird | |
schiefgehen“, sagt indes Hans-Jürgen Kuhn von „Schöneberg hilft“. Die | |
Klassen seien angesichts der herausfordernden Schülerschaft zu groß. Zudem | |
sei die „Konzentration“ der Geflüchteten in der Teske-Schule Unsinn: Für | |
einen Schüler aus Spandau sei die tägliche Pendelei kaum zumutbar. | |
Grünen-Abgeordnete Stefanie Remlinger arbeitet derzeit an einem Konzept, | |
das den Schulen mit jugendlichen Flüchtlingen helfen will, die es nicht aus | |
den Willkommensklassen heraus schaffen. Die Schulen sollen mit Trägern der | |
Jugendhilfe zusammenarbeiten und den Geflüchteten so parallel zum normalen | |
Unterricht in den Willkommensklassen schon motivierende Kontakte und | |
Praktika in Betriebe vermitteln. „Das ist quasi der dezentrale Gegenentwurf | |
zur jetzt geplanten Teske-Schule, wo die Schüler an einem Ort separiert | |
werden.“ | |
Momentan „überdenke“ man das Konzept nochmal, teilte die Bildungsverwaltung | |
am Mittwoch mit. Es gebe Überlegungen, die alte Teske-Schule wieder | |
umfassender zu reaktivieren und dort normale Klassen einzurichten. | |
Bezirksschulstadtrat Oliver Schworck (SPD) wusste davon auf Nachfrage noch | |
nicht. | |
13 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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