# taz.de -- Afghanischer Aktivist über G-20-Protest: „Die verarschen uns“ | |
> Die G 20 seien dafür verantwortlich, dass anderswo Krieg herrscht, sagt | |
> der afghanische Aktivist Jawed Dostan. Am Samstag demonstrieren | |
> Geflüchtete gegen den Gipfel. | |
Bild: Nicht sicher: Bombenkrater nach Anschlag nahe der deutschen Botschaft in … | |
taz: Herr Dostan, was haben Sie gegen das G-20-Treffen? | |
Jawed Dostan: Wir sind Opfer des Kriegs, den die Weltmächte in Ländern wie | |
Afghanistan, Irak, Iran, Libyen und im Jemen spielen. Wir sind deswegen | |
geflohen und hergekommen. Die G 20 entscheiden irgendwas über uns, ohne mit | |
uns zu sprechen. Das können wir nicht akzeptieren. Deswegen wollen wir | |
protestieren. | |
Sie kritisieren hauptsächlich die Zusammensetzung des Gremiums? | |
Wir kritisieren auch, dass die G 20 ihre Politik durchsetzen und die Länder | |
kaputt machen. In Afghanistan herrscht seit 40 Jahren Krieg. Deutschland | |
ist jetzt seit 16 Jahren vor Ort. Und was ist passiert? Die Taliban | |
herrschen fast überall, der „Islamische Staat“ ist dazugekommen. | |
Lehnen Sie den Gipfel generell ab oder treffen die G20 nur die falschen | |
Entscheidungen? | |
Die treffen die falschen Entscheidungen. Wir wollen Frieden in unseren | |
Ländern. Wir wollen keine Demokratie, von der die westlichen Länder sagen: | |
Die schenken wir euch. Wir wollen selber entscheiden und das selber machen. | |
Die sollen unsere Länder verlassen und uns in Ruhe lassen. Der sogenannte | |
Kampf gegen den Terrorismus ist verloren. | |
Ein Programmpunkt der G 20 ist doch Flucht und Migration. | |
Es geht aber nicht darum, Fluchtursachen zu bekämpfen, sonst würden sie | |
keine Waffen nach Afghanistan, Katar und in andere Länder liefern. | |
Was müssten die G 20 beschließen, damit man von einer sinnvollen | |
Migrationspolitik sprechen könnte? | |
Wir Flüchtlinge wollen Bleiberecht überall in Europa, auch in Deutschland. | |
Wir wollen eine faire Asylpolitik. Diejenigen, die über das Mittelmeer | |
kommen und überleben, sollen in Europa bleiben dürfen und unter | |
menschlichen Bedingungen leben. Die Lager etwa in Griechenland müssen | |
aufgelöst werden. | |
Geraten solche Themen über die ganzen G-20-Proteste aktuell aus dem Fokus? | |
Ja natürlich, manche sind sehr beschäftigt. Das ist auch verständlich. Aber | |
wir bitten alle Aktivisten, die für unsere Rechte gekämpft haben und immer | |
an uns denken, auch zu unserer Demo am Samstag zu kommen und weiter für | |
unsere Rechte zu kämpfen. Ohne ihre Unterstützung kommen wir nicht weiter. | |
Wie sicher ist denn die Situation für afghanische Geflüchtete in | |
Deutschland aktuell? | |
Die ist gar nicht sicher. Am 28. Juni soll es eine Sammelabschiebung nach | |
Afghanistan geben. Sie sagen, dass die, die abgeschoben werden, Straftäter | |
sind. Aber das stimmt nicht. Die Bundesregierung versucht nur, einen Grund | |
zu finden. Dann schicken sie die Menschen in den Tod. | |
Wie ist die Stimmung in der afghanischen Community? | |
Alle haben schreckliche Angst. Viele bekommen negative Bescheide. Auch | |
Flüchtlinge, die hier zum Christentum konvertiert sind. Sie haben auch | |
jemanden abgeschoben, der getauft war. | |
Was hat Religion damit zu tun? | |
Wenn jemand hier in Deutschland zum Christentum konvertiert, kann es sein, | |
dass die Regierung in Afghanistan ihn lebenslang inhaftiert. Das steht auch | |
so in der afghanischen Verfassung. Es kann auch sein, dass seine Familie | |
gesteinigt oder umgebracht wird. | |
Obwohl die Schutzquote von Afghan*innen sinkt, haben sie im Vergleich zu | |
Geflüchteten anderer Ländern noch relativ gute Chancen auf Bleiberecht. | |
Wir stehen sehr unter Druck. Afghanische Flüchtlinge, die noch nicht beim | |
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angehört wurden, bekommen einen | |
Brief. Darin steht: Sie haben keine Bleibeperspektive. Kommen Sie zu uns, | |
wir reden über freiwillige Rückkehr. Dann bieten sie dir 700 Euro an. Die | |
verarschen uns. Was sollen wir mit diesen 700 Euro? Unsere Leben sind in | |
Gefahr, wenn wir nach Afghanistan zurückgehen. Deswegen sind wir ja hier. | |
Demonstration „We are here!“: Samstag, 24. Juni, 14 Uhr, Hachmannplatz | |
23 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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