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# taz.de -- Mehr US-Truppen in Afghanistan: Der Krieg wird verlängert
> Washingtons Ankündigung, die Zahl der US-Soldaten am Hindukusch um 4.000
> zu erhöhen, stößt auf Skepsis. Andere sehen dazu keine Alternative.
Bild: US-Trppen auf dem Stützpunkt Bagram in Afghanistan
Kabul taz | „Mehr als 100.000 US-Soldaten konnten hier keinen Frieden
bringen. Warum soll sich das nun ändern?“, fragt Saleh, der nahe der Ruine
des Darul-Aman-Palasts in Kabul Obst verkauft. Wegen der hohen Dichte von
Regierungsgebäuden ist die Gegend ein beliebtes Ziel von Anschlägen. „Ich
denke, die Truppenerhöhung wird dazu führen, dass hier noch mehr Anschläge
stattfinden“, meint der Obsthändler.
Kürzlich verkündete die US-Regierung, 4.000 weitere Soldaten nach
Afghanistan zu schicken. Damit wären fast 14.000 US-Soldaten am Hindukusch
stationiert. Doch während das Weiße Haus meint, so die Sicherheitslage im
Land verbessern zu können, sehen viele Afghanen dies skeptisch.
„Mehr Soldaten bedeuten vor allem mehr Krieg, und das will niemand hier
nach all den Jahren. Wir sind kriegsmüde“, meint Sameh, ein junger
Buchhändler, der einen Stand nahe des Kabuler Basars führt. „Vielleicht
sollte Washington aus Afghanistans Geschichte lernen. Sie hat gezeigt, dass
westliche Soldaten hier einfach keine Chance haben“, sagt er.
Auch Salahuddin, der sich als Taxifahrer durchschlägt, geht davon aus, dass
mehr US- Truppen den Krieg im Land verlängern werden. „Wir brauchen eine
friedliche Lösung, die alle innerafghanischen Parteien mit einbezieht, und
nicht noch mehr Soldaten“, meint er. „Ein gutes Beispiel hierfür war der
Friedensvertrag mit Gulbuddin Hekmatjar“, so der Taxifahrer. Hekmatjar, ein
bekannter Kriegsfürst, den Washington jahrelang als „Terroristen“
betrachtete, residiert seit einigen Wochen wieder in Kabul. Zuvor hatte er
ein Friedensabkommen mit der afghanischen Regierung unterzeichnet.
## Taliban weiter auf dem Vormarsch
Andere hingegen meinen, dass mehr Nato-Soldaten dringend notwendig seien.
„Die gegenwärtige Lage macht sehr klar deutlich, dass unsere eigenen
Sicherheitskräfte nicht Herr der Lage sind. Sie brauchen diese
Unterstützung“, meint der Polizist Bader. „Was bleibt uns denn anderes
übrig?“, fragt er in hoffnungslosem Ton.
Die letzten Wochen und Monate waren die aufständischen Taliban weiter auf
dem Vormarsch. Nach Angaben der US-Regierung befinden sich 40 Prozent des
Landes entweder bereits unter Taliban-Kontrolle oder sind in Gefahr, in
deren Hände zu fallen. In fast allen Provinzen Afghanistans wird gerade
gekämpft. Hinzu kommen größere Anschläge in Städten wie Herat, Kabul oder
Dschalalabad, deren Urheber nicht immer bekannt sind. Denn auch die
Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist in Afghanistan aktiv, wobei sie nur
eine kleine Rolle unter den Aufständischen spielt.
„Diese Soldaten bringen nur Unheil. Sie töten immer wieder unschuldige
Menschen und kommen ungeschoren davon. Ich will sie hier nicht sehen“,
beklagt sich Hajji Aref, ein Schneider. Vorletzte Woche wurden in der
östlichen Provinz Nangarhar drei Zivilisten – ein Vater und seine zwei
Söhne – von US-Soldaten erschossen. Das US-Militär sprach von
„Selbstverteidigung“.
Die Angehörigen der Opfer wurden von der Provinzregierung mit umgerechnet
4.500 US-Dollar entschädigt. Wenige Tage später wurden fünf weitere
Zivilisten in derselben Region von US-Soldaten getötet. Der Vorfall
ereignete sich während einer nächtlichen Razzia der Amerikaner. Derartige
Durchsuchungen, bei denen vor allem in den ländlichen Regionen Häuser
gestürmt werden, sind berühmt-berüchtigt und in weiten Teilen der
Bevölkerung besonders verpönt.
28 Jun 2017
## AUTOREN
Emran Feroz
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
USA
„Islamischer Staat“ (IS)
Taliban
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Asyl
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